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Hard Rock Vampir

Hard Rock Vampir

Titel: Hard Rock Vampir
Autoren: Volker Ferkau
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man mir das antut? Warum verschont man dich?«
    Das alles war unlogisch, merkwürdig. Sie wirkte wie ein Racheengel, und gleichzeitig bedauerte sie, was mit mir geschah. Sie war sanft, doch in ihr lauerte die Bestie. Sie war genauso gut oder so schlecht wie ich und als Objekt der Begierde geeignet. Dennoch stand sie neben Major Lockheed, als könne sie kein Wässerchen trüben und der Mann ließ es zu, derselbe Mann, der soeben seinen wunderbaren Hass auf mich versprüht hatte.
    Ich setzte zu einer Frage an, als Lockheed und Eva den Käfig verließen. Sie drehten sich stumm um und gingen hinaus, während die beiden Soldaten zurückkehrten und mir einen Gast präsentierten, damit ich nicht vor Langeweile sterben musste. Es war offensichtlich wichtig, einen wertvollen Gast wie mich bei Laune zu halten.
    Ein zischender Mechanismus verschloss den Kubus aus Polykarbonat und ich war alleine. Nicht ganz allein. Vor dem Tisch kauerte ein junger Mann.
    Tom, Schlagzeuger der Black Morgus .
    Bevor ich etwas denken oder sagen konnte, öffnete sich surrend meine Kopfhalterung, die Schnallen sprangen auf und ich war frei.
    Relativ frei zumindest.
    Frei genug, um meinen plötzlich einsetzenden Hunger zu stillen.

5

    Ich reckte mich und setzte mich auf die Kante des massiven Tisches.
    »Hey, Alter«, sagte ich.
    Tom starrte mich an. Tränen liefen über sein Gesicht. Er hatte einen Dreitagebart und sah aus, wie man sich einen Rockstar vorstellt, außerdem – sagte ich das schon? – war er ähnlich verrückt wie sein Vorbild Keith Moon. Davon war jetzt allerdings nichts zu spüren. Nun erschien er mir eher wie ein kleiner Junge, den man aus dem Schlafzimmer gestohlen und in einen dunklen Wisperwald gebracht hatte.
    »Hey, Alter, alles klar?« Eine dümmere Frage konnte ich nicht stellen.
    Ich half Tom auf die Beine und war erstaunt, wie warm er war und wie sehr er zitterte. Er wischte sich mit einer trotzigen Geste die Tränen weg, schob die Unterlippe vor und sagte: »Was’n das für ein Scheiß?«
    »Schlechtes Dope«, versuchte ich, ihn aufzulockern.
    »Mann, die haben mich von meinen beiden Leuten weggeholt. Fingen grad an, mir einen vorzuficken und ich wollte eingreifen, da sprang die Tür auf. Und dann war alles dunkel. Sie haben mich ins Auto gezerrt und hierher gebracht. Sie haben mir die Augen verbunden, damit ich nicht sehe, wo es hingeht. Sind wir im Folterkeller von Metallica?«
    Ich grinste. So gefiel er mir schon besser. »Ich schätze, man hat dich zu mir gebracht, damit wir uns miteinander vergnügen.«
    »Also war’s die Plattenfirma, damit wir in aller Abgeschiedenheit ein paar neue Songs schreiben?«
    »Falsch, mein Lieber.«
    Ich konnte ihm schließlich schlecht die Wahrheit sagen, oder? Andererseits würde er es spätestens in ein paar Stunden, bestenfalls in ein paar Tagen merken, wenn er mich am Hals hatte.
    Ich schnüffelte. Etwas stimmte nicht. Ein schwerer, bleierner Geruch lag über uns. Oh nein, diese Unmenschen. Ich hatte erst gestern ... und doch war ich hungrig, verdammt hungrig. Wie konnte das sein? Kein Appetit, sondern echter Hunger und Gier, gefräßige Gier!
    »Was haben sie dir angetan?«, wollte ich wissen, und versuchte, mich zusammenzureißen.
    Tom hob, noch immer schnüffelnd, wobei ihm etwas Rotz aus der Nase lief, den rechten Arm. Blut lief über seine Haut. Ein kleiner, aber feiner Schnitt mit einem Skalpell, vermutete ich. Genug, damit ich die Beherrschung verlor. Das war grausam. Sie wollten mich auf einen meiner besten Freunde hetzen, auf Tom Toole, der mich seit 3 Jahren auf dem Weg in den Rockolymp begleitet hatte, mit dem ich durch dick und dünn gegangen war, ein richtig feiner Typ, der keiner Fliege etwas zuleide tat.
    Ich wirbelte herum, nahm aber außer unzähligen Kameras nichts wahr. Sie beobachteten uns auf Monitoren. Vermutlich liefen Hochgeschwindigkeitskameras mit. Die Szenerie wirkte wie in einem Film Noir. Ich stellte mir die Einstellung von oben vor: rundherum alles Dunkel, in der Mitte ein durchsichtiger, von oben beleuchteter Kasten mit einer Fläche von vielleicht 14 Quadratmetern, in diesem Kasten ein blutsaugender Gott und seine menschliche Hauptspeise.
    Tom lehnte sich an die durchsichtige Wand und starrte mich an. Seine Augen waren groß und rund. »Was bist du?«
    Nun erst merkte ich, dass meine Rückverwandlung noch nicht endgültig beendet war. Noch immer trug ich den Zorn auf Major Lockheed in mir und bot vermutlich alles andere als einen attraktiven
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