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Hard Rock Vampir

Hard Rock Vampir

Titel: Hard Rock Vampir
Autoren: Volker Ferkau
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Eindruck.
    »Ich bin dein alter Kumpel«, sagte ich schwach, dennoch ahnte ich, wie wenig diese Worte wirkten.
    »Mann, du siehst aus wie einer dieser Vampire in einem Splatterfilm.«
    Spätestens jetzt war es an der Zeit, mit der Wahrheit rauszurücken. Tom würde sowieso gleich sterben. Warum also sollte er nicht wissen, was ihn tötete?
    Der Blutgeruch, den Tom ausstrahlte, brachte mich fast um den Verstand und ohne es zu wollen, verlängerten sich meine Zähne noch ein bisschen und meine Krallen sowieso. Mein Body bebte und mein nackter Oberkörper war eine hagere gespannte Sehne.
    »He, he …«, winkte Tom und ein Hauch beginnenden Wahnsinns tauchte sein Gesicht in ein düsteres Licht. »Man hat uns einen Trip eingeschmissen, oder? Wir sind auf Horror, ja? Irgendwer hat uns was in den Drink getan, stimmt’s? Oh Mann, schau dich mal an. Dein Kopf ist doppelt so lang wie sonst und deine Zähne, deine Zähne … huhuuuu.« Er fing an zu zappeln und zu heulen und versuchte seinen Rücken durch das Hartplastik nach außen zu drücken.
    Er tat mir leid, unendlich leid.
    Ab sofort gab es die Black Morgus nicht mehr. Ohne Tom lief gar nichts. Er war unersetzbar. So, wie es Moon bei The Who gewesen war.
    Ich dachte nach. Dachte, dachte – denn ich wollte den beschissenen Zuschauern kein Schauspiel bieten. Niemand hat wirklich Lust, sich beim Sex zuschauen zu lassen, na ja, die meisten jedenfalls nicht. Und ähnlich wäre es, wenn ich meiner Lust freien Lauf ließ, meiner verdammten Lust, die mich schier zerreißen wollte. Lust auf Blut, auf warmes, frisches, junges Blut!
    Woher kam dieser Hunger?
    Ich war doch nur eine kurze Zeit in der Dunkelheit gewesen!
    Ich überlegte, Tom mit mir zu nehmen, zu einem Vampir zu machen. Allerdings war dies vermutlich der übelste Ort für so etwas.
    »Sag mir, dass ich träume«, wimmerte Tom, der genau wusste, wie wach er war. »Du bist mein alter Weggefährte Darian, oder etwa nicht? Der dämliche Darian, der nie was mit Mädchen anfängt und lieber Satre oder so nen bekloppten Scheiß liest. Du bist es doch, oder? Darian, oder? Sag mir doch endlich die Wahrheit …«
    »Yepp«, sagte ich die Wahrheit. »Ich bin dein alter Weggefährte Darian.«
    Dann sprang ich ihn an und es war schrecklich einfach und grausig wohltuend. Ich schlug meine Zähne in seinen Hals. Er wehrte sich, das tun sie immer, wehrte sich wie ein Kleinkind gegen einen Erwachsenen und gab schnell auf, sein Körper wurde schlaff und meine Zähne fanden sicher und routiniert seine Halsschlagader. Er ruckte in meinen Armen, was er besser unterlassen hätte, denn dadurch lösten sich kleine Fleischfetzen, die ich auf den Boden spuckte, was unschön aussah. Ich saugte und in meinem Schädel explodierten Synapsen der Freude, der Kraft und der Macht. Ja, da ich ein Gott bin, liebe ich die Macht. Das mag gegen mich sprechen, aber wenn ich die letzten zweihundert Jahre betrachte, brachte mich meine Existenz stets dorthin, wo ich etwas zu sagen und die anderen zu spuren hatten.
    Ohne einen Tropfen zu vergießen, saugte ich Tom aus, den inzwischen die Kräfte verlassen hatten. Er war wie eine Marionette in meinen Armen, der man die Fäden durchgeschnitten hatte, zwar zuckten seine Beine noch, aus seinem Mund kamen gequälte Laute, sein Unterbewusstsein wehrte sich, der Körper produzierte impulsive Reaktionen, denn es ist nicht leicht zu sterben, der Überlebenswille ist stark, und doch wurde er ruhiger, je mehr ich mich sättigte.
    In diesem Moment war er nicht mehr Tom, der Drummer, war er nicht mehr Tom, mein Freund, sondern nur noch ein Gefäß. In meinen Ohren pochte sein Herzschlag, langsam nur noch und sehr schwach. Dies war der Augenblick, in dem ich die Wahl hatte. Würde ich jetzt loslassen, würde er sich erholen. Vielleicht. Er würde erwachen und die Welt mit anderen Augen sehen. Mit den scharfen Augen einer Katze, den Reflexen eines Panthers und dem Willen zur Macht. Er würde nach einer gewissen Zeit der Rekonvaleszenz Energien verspüren, die er nicht für möglich gehalten hätte. Er hätte die Brücke überschritten und wäre einer von meiner Rasse. Und doch ein Zwitterwesen. Er würde einsam und deprimiert enden, irgendwo auf dem Globus, in einem Loch, in einem Sarg, in einem alten Gemäuer. Er würde vornübergebeugt in eine Kerze starren und mit sich hadern. Er würde die Reste seiner Menschlichkeit verfluchen, Moral und Ethik in Frage stellen und sich wünschen, er sei tot.
    Das ersparte ich ihm.
    Ich
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