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Handyman Jack 02 - Der Spezialist

Titel: Handyman Jack 02 - Der Spezialist
Autoren: F. Paul Wilson
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konnte nicht atmen. Wo war die Luft geblieben? Sie mußte so schnell wie möglich von hier wegkommen.
    Sie zwang ihren zitternden Körper, kehrtzumachen und über den Bürgersteig zurückzurennen, weg von dem Rauch, den Flammen, den Trümmern. Sie hielt inne, als sie die Madison Avenue erreichte. Sie lehnte sich gegen einen Ampelmast und rang nach Luft. Als sie wieder ein wenig zu Atem gekommen war, blickte sie zurück.
    Die Aasgeier versammelten sich bereits, liefen zu den Flammen hin und fragten sich erregt, was wohl geschehen sein mochte. Und nicht weit entfernt erklangen die ersten Sirenen.
    Hier konnte sie nicht bleiben. Sie konnte Weinstein nicht mehr helfen, und sie wollte nicht als Zeugin registriert und vernommen werden. Die Polizei käme vielleicht auf die Idee, daß sie irgend etwas zu verbergen hatte, und sie würden sich vielleicht für ihre Herkunft, ihre Familie interessieren. Das durfte sie nicht zulassen. Auf gar keinen Fall.
    Alicia hielt nach keinem Taxi Ausschau – die Vorstellung, in einem Auto eingesperrt zu sein, war unerträglich. Sie brauchte Raum, Licht, Luft. Sie lenkte ihre Schritte in Richtung City.
    Armer Leo!
    Sie schluchzte, während sie sich vorwärtsbewegte und dabei so schnell ausschritt, wie ihre Schuhe mit den niedrigen Absätzen es erlaubten. Aber selbst wenn sie ihre Turnschuhe getragen hätte, wäre sie nicht in der Lage gewesen, vor der Schuld davonzulaufen, vor dem schrecklichen Verdacht, daß sie irgendwie für Leo Weinsteins Tod verantwortlich war.

2

    »Gott sei Dank, daß Sie endlich da sind!« sagte Raymond, während Alicia durch den Personaleingang des Centers eintrat. »Ich piepe Sie seit acht Uhr ständig an. Warum haben Sie nicht …?« Er beendete den Satz nicht, sondern musterte sie. »Mein Gott, Alicia, Sie sehen ja absolut gräßlich aus!« erklärte er dann.
    So wie sie sich im Moment fühlte, war das eine ausgesprochen wohlwollende Einschätzung, aber sie wollte sich nicht dazu äußern.
    »Vielen Dank, Raymond, aber Sie wissen nicht einmal die Hälfte.«
    Sie ging nicht in ihr Büro, sondern statt dessen in den vorderen Empfangsbereich. Raymond folgte ihr.
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Nur eine Minute, okay, Raymond?« schnappte sie. »Ich bin gleich zurück.«
    Sie bedauerte, ihm gegenüber so kurz angebunden zu sein, aber sie hatte das Gefühl, jeden Moment die Kontrolle über sich zu verlieren. Ein winziger Impuls in die falsche Richtung, und schon wäre es passiert…
    Sie bekam nur am Rande mit, daß Tiffany hallo sagte, während sie am Empfangspult vorbei zum Eingang eilte. Während sie zur Seite trat, um eine Frau mittleren Alters und ihre beiden Enkelkinder eintreten zu lassen, schaute Alicia durch die Glasscheibe nach draußen und hielt Ausschau nach dem grauen Wagen.
    Sie war sicher, daß er ihr von der Forty-eighth Street gefolgt war. Zumindest glaubte sie es. Ein graues Auto – wie könnte man es nennen? Eine Limousine? Sie kannte sich mit Autos überhaupt nicht aus, konnte einen Ford nicht von einem Chevy unterscheiden. Aber was immer das Fabrikat war, sie hatte diesen grauen Wagen bemerkt, als er an ihr vorbeifuhr, während sie durch die Straßen eilte. Ein oder zwei Straßen weiter bog er ab, war dann für ein paar Minuten verschwunden und tauchte dann wieder neben ihr auf. Er kam ihr niemals zu nahe, fuhr niemals zu langsam. Verriet durch nichts, daß sie das Objekt seines Interesses war. Aber er war ständig da.
    Sie suchte die Seventh Avenue ab und erwartete beinahe, ihn irgendwann vorbeirollen zu sehen. Auf der anderen Straßenseite und ein Stück weiter in Richtung City überprüfte sie den Bürgersteig in Höhe des von ihr ungeliebtesten Teils des St.-Vincent-Komplexes. Das O’Toole Building stand an der Ecke Twelfth Avenue. Seine weiß gekachelte, fensterlose eintönige Fassade paßte irgendwie nicht ins Village. Es sah aus, als hätte dort ein tollpatschiger Riese diese modernistische Monstrosität auf seinem Weg nach, zum Beispiel, Minneapolis versehentlich fallen gelassen.
    Aber es war kein grauer Wagen zu sehen. Aber wie konnte sie sich da ganz sicher sein – angesichts der unzähligen grauen Autos auf den Straßen Manhattans?
    Ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Sie reagierte allmählich paranoid.
    Doch wer konnte ihr das nach diesem Morgen verdenken?
    Sie machte sich auf den Weg zurück zu ihrem Büro. Raymond erwartete sie auf dem Flur.
    »Können wir jetzt reden?«
    »Entschuldigen Sie, daß ich Sie angeraunzt
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