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Analog 04

Analog 04

Titel: Analog 04
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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Ron Goulart
 
Barmherzigkeit
 
    Die schöne junge Frau mit dem kastanienbraunen Haar drückte eine Landeschablone auf der Kontrolltafel des Himmelswagens aus. „Du siehst ganz schrecklich aus“, bemerkte sie.
    „Soll ich auch“, sagte Dave Ireland, dessen Kopf an einem Plast-Bullauge der sich rasch senkenden Kabine ruhte. „Sonst würde man mich da unten nicht reinlassen.“
    Der Himmelswagen fiel durch Dunkelheit und wirbelnden Schnee. Die Landung im Dock-Bereich verlief holperig und schlingernd.
    „Tut mir wirklich leid wegen dieser furchtbaren Landung“, sagte Berkley Medford, als sie ihre Sicherheitsgurte löste. „Man sollte meinen, ich könnte mit diesen Dingern besser umgehen, wo ich doch die einzige Erbin der Medtex-Gesellschaft bin … Dave, bist du okay ?“
    Ireland saß weit nach vorn gebeugt in seinem Sitz, die Hände flach auf die Knie gepreßt, und er atmete langsam durch den offenen Mund. „Bißchen benommen, das ist alles“, schaffte er zu sagen.
    Sie legte eine kühle, gebräunte Hand auf seine schwitzende Stirn. „Du brennst total aus. Ich verstehe nicht, wieso man dir etwas so Furchtbares wie Fabrik-Virus 26 gegeben hat, statt …“
    „Berkley, ich muß an einer ziemlich ernsten Krankheit leiden, sonst kann ich im New England General Hospital überhaupt nicht in den Trakt für Industrielle Krankheiten hineingelangen.“
    „Aber sich dreckig fühlen zu müssen, mit einer Temperatur von 39° herumlaufen zu müssen und …“
    „Es sind 40°“, berichtigte er. „Jetzt hilf mir, mich und meine Ausrüstung in eine Aufnahmeröhre zu schaffen.“
    Sie schob eine Hand unter seinen Ellenbogen, ergriff mit der anderen Hand sein Handgelenk und zog ihn hoch. „Du riechst auch einfach fürchterlich.“
    „Eine Nebenwirkung.“
    Sie runzelte die Stirn. „Ich mache mir wirklich Sorgen, du könntest …“
    „Bisher sind nur sieben Prozent der FV26-Opfer ihrer Krankheit erlegen.“
    „Aber du könntest sehr gut einer von diesen sieben Prozent sein.“
    Berkley ließ ihn schwankend in dem schmalen Mittelgang des angedockten Himmelswagens stehen und ging zu einem Wandschrank, um seinen schwarzen Lederkoffer herauszuziehen. „Hör dir das an, wie dieses verdammte Ding klimpert. Sie werden bestimmt dahinterkommen, daß du in dem Geheimfach Werkzeuge und Ersatzteile einschmuggelst …“
    „Das, was du dort herumklappern hörst, ist mein Bart-Enthaarer, meine elektrische Zahnbürste und die Deospray-Pistole.“ Er schwankte und erwischte den Koffer, den sie ihm reichte.
    Sie legte ihm sanft die Handfläche auf die Brust und fragte: „Warum konntest du nicht einfach so tun, als wärst du krank?“
    „Dein Vater hat das erklärt, die Sicherheitsleute haben es erklärt, und selbst mein Chef bei der Tech-Defektbeseitigung hat es erklärt“, gab er zurück, wobei er mit der freien Hand über seine glühende Stirn wischte. „Jeder dort unten muß davon überzeugt sein, daß ich nichts weiter als ein rechtmäßiger Patient bin. Wir wollen nicht, daß das New England General oder irgendwelche anderen Medtex-Kunden auf den Verdacht kommen, daß unsere neuen Androidenschwestern, Modell Barmherzigkeit, möglicherweise eine Anlage zur Fehlfunktion haben.“
    „Anlage zur Fehlfunktion?“ Sie schüttelte ihren hübschen Kopf, ihr rotes Haar gleißte. „Ehrlich gesagt, so langsam hörst du dich genauso an wie all diese Schwachköpfe in der PR-Abteilung. Diese verrückten Andros haben die Anlage, Patienten umzubringen. Und Tatsache ist, daß eine oder mehrere von ihnen dies höchstwahrscheinlich exakt hier, im NE General, bereits getan hat.“
    „Jetzt aber mal langsam“, warnte er, als er sich vorsichtig auf die Ausgangsluke zutastete. „Niemand in diesem verdammten Krankenhaus vermutet auch nur im entferntesten etwas davon, Berkley. Aber als wir angefangen haben, uns darüber Sorgen zu machen, daß die neukonstruierten 2B-Mitleidsröhren in diesen neuesten Barmherzigen Schwestern defekt sein könnten, haben wir unseren Computer den Krankenhaus-Zentralcomputer anzapfen lassen, und dabei sind wir auf ein paar Todesfälle jüngeren Datums gestoßen, die eventuell …“
    „Ein paar Mordfälle jüngeren Datums. Und wirf nur mal einen Blick nach unten, in die Kuppel hinein.“ Sie zeigte auf die durchsichtige Bodenplatte unter ihrem gestiefelten Fuß. „Ein ganzer Krankenhaus-Trakt ist nur mehr Asche und unansehnlicher Schutt.“
    „Niemand hat auch nur angedeutet, daß eine Barmherzige
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