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Handyman Jack 02 - Der Spezialist

Titel: Handyman Jack 02 - Der Spezialist
Autoren: F. Paul Wilson
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habe.«
    »Seien Sie nicht albern, Schätzchen. Niemand raunzt mich an. Das würde niemand wagen.«
    Raymond – niemals »Ray«, stets »Raymond« – Denson, NP, war einer der Betreuer der ersten Stunde im Center für aidskranke Kinder. Das Center hatte Ärzte, die den Titel »Direktor« oder »Stellvertretender Direktor« trugen, aber es war einzig und allein dieser Krankenpfleger, der den Laden in Gang hielt. Alicia bezweifelte, daß das Center überleben würde, wenn er eines Tages weggehen sollte. Raymond kannte alle Details des Alltagsbetriebs, wußte, wo er schnell und unbürokratisch Material beschaffen konnte, kannte sämtliche Leichen im Keller, wie man so schön sagt. Er war um die fünfzig, soweit sie es beurteilen konnte – wehe, man erkundigte sich nach seinem richtigen Alter –, aber er achtete darauf, möglichst jung auszusehen. Sein Haar war immer kurzgeschnitten, sein Schnurrbart makellos getrimmt, und seine Figur war durchtrainiert.
    »Und was meinen Pieper betrifft«, erklärte Alicia, »den hatte ich abgeschaltet. Dr. Collins hat mich vertreten. Das wußten Sie doch.«
    Er ging mit ihr durch den engen Flur bis zu ihrem Büro. Sämtliche Trennwände im Center waren in größter Eile errichtet worden, und das zeigte sich jetzt überall. Die Fugen waren unsauber verschmiert worden, und der hellgelbe Anstrich blätterte schon an zahlreichen Stellen ab. Nun, die Innendekoration war an diesem Ort das Unwichtigste.
    »Ich weiß«, sagte Raymond, »aber es ging um nichts Medizinisches. Es hatte noch nicht einmal mit der Verwaltung zu tun. Es ging um etwas Kriminelles!«
    Irgend etwas lag in Raymonds Stimme … in seinen Augen. Er war zornig. Aber nicht auf sie. Weshalb dann?
    Eine böse Vorahnung ließ sie frösteln. Wirkten sich ihre persönlichen Probleme etwa schon auf das Center und seinen Betrieb aus?
    Während sie ihren Weg fortsetzte, bemerkte sie Gruppen von Personal – Krankenschwestern, Sekretärinnen, freiwillige Helfer –, die die Köpfe zusammensteckten und sich erregt unterhielten.
    Alle waren offenbar wütend. Alicia hatte das Gefühl, von einem eisigen Windhauch erfaßt zu werden.
    »Na schön, Raymond. Dann lassen Sie mal hören.«
    »Die Spielsachen«, sagte er. »Irgend so ein mieses Schwein hat die Spielsachen gestohlen.« Verblüfft und ungläubig blieb Alicia abrupt stehen und starrte ihn an. Unmöglich. Das konnte nur ein grausamer, schlechter Witz sein. Aber Raymond hatte für solche Witze grundsätzlich nichts übrig.
    Waren das etwa Tränen, die in seinen Augenwinkeln glitzerten.
    »Die Spenden? Erzählen Sie mir bloß nicht…«
    Aber er nickte und biß sich auf die Oberlippe.
    »Oh, nein.«
    »Jedes noch so kleine Teil.«
    Alicia spürte einen Kloß im Hals. Seltsamerweise – und sie verfluchte sich selbst dafür – traf sie das härter als der Tod Leo Weinsteins.
    Ein Mann, den sie kannte, ein Mann mit einer Ehefrau und Kindern war gestorben, und dennoch … und dennoch … dies hier war so unendlich viel schlimmer.
    Sie hatte sich nur ein paarmal mit Weinstein getroffen. Aber diese Spielsachen … sie und Raymond – vor allem Raymond – hatten sie seit Monaten gesammelt, hatten Angestellte und Freiwillige losgeschickt, um überall in der City Spender aufzutreiben – Firmen, Kaufhäuser, einzelne Bürger, wen auch immer. Das Echo war anfangs nur bescheiden gewesen – wer dachte im Oktober schon an Weihnachtsgeschenke? Aber kaum war Thanksgiving vorüber, wurden die Spenden reichlicher. Und gestern dann hatten sie einen ganzen Lagerraum zusammengehabt: Puppen, Spielzeugautos, Raketen, Malbücher, Actionfiguren … eben alles, was ein Kinderherz begehrte.
    Und jetzt, an diesem Morgen …
    »Wie?«
    »Die äußere Tür wurde aufgebrochen, und die Beute wurde durch die Gasse abtransportiert. Die müssen einen geschlossenen Lastwagen oder so etwas gehabt haben.«
    Das Erdgeschoß des Gebäudes hatte einen Laden für Büroartikel beherbergt, ehe es umgebaut worden war, um das Center for Children with Aids zu beherbergen. Die Diebe hatten ihre Beute wahrscheinlich genauso auf Lieferwagen verladen, wie es die früheren Besitzer mit ihren Waren getan hatten.
    »Ist diese Tür denn nicht durch eine Alarmanlage gesichert? Sind nicht alle Türen so geschützt?«
    Raymond nickte. »So sollte es sein. Aber der Alarm wurde nicht aufgelöst.«
    Der arme Raymond. Er hatte sein Herz an diese Aktion gehängt.
    Alicia betrat ihr Büro, warf ihre Schultertasche auf den Schreibtisch und
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