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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen
Autoren: Karl Hohenthal
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Einleitung
    Afrika – Savanne und Wüste.
    Asien – Urwald und Steppe.
    Nordamerika – der Wilde Westen!
    Wer spricht dieser Tage nicht alles über diese Kontinente und ihre Landschaften, wer schreibt nicht alles darüber. Als wäre über Nacht die Weltkugel geschrumpft, als handelte es sich bei ihr nur noch um ein dem Dorfe vorgelagertes Hügelchen und bei jedem ihrer Meere nur um ein dem Stadtmenschen zum Baden angenehmes Bächlein, so leichthin quäkt und trompetet es aus jedem Winkel: Hört und staunt, ich habe den Erdball abgeschritten!
    Aber ist es denn verwunderlich? Seit ein gewisser kleiner Beduine und ein gewisser großer Apache jung und alt für sich einnehmen, seit ihre Abenteuer den Weg aus der Wildnis in die Zivilisation, an die Tische der Arbeiterküchen genauso wie auf die Samtpolster der Aristokraten gefunden haben, seither stürmt es auf das geneigte Publikum ein: »Ich, ich, ich – ich war ebenfalls schon dort!« Kastanie und Nußbaum sind plötzlich nicht mehr genug, nein, Palme und Bambus müssen es sein. Reh und Rabe glaubt man schon zur Genüge zu kennen, Affe und Papagei als noch kaum je gesehene Geschöpfe sind um so aufregender und willkommener. Ein jeder, der schon einmal ein Billet für eine Eisenbahnfahrt erschwingen konnte oder hoch droben, auf dem Kutschbock, sitzen durfte, fühlt sich nun berufen, den »Daheimgebliebenen« von sagenhaften Ländern und noch sagenhafteren Ereignissen zu berichten. Indes, wieviel davon ist nur phantasiert,
und wie wenig, ach der geringste Teil, entspricht der Realität. Da muß der wahrhaft durch Gefahren gestählte Mann sich hinsichtlich seiner wirklich stattgefundenen Reisen eher verschlossen zeigen, muß vorsichtig tun mit der Offenbarung seiner tatsächlichen Erlebnisse. Was nämlich einer in fernen Landen durchlebt, durchlitten und – mit Gottes Hilfe! – durchgestanden hat, das ist zu kostbar für Angeberei; zumal wenn solchen Berichten höhere Einsichten zugrunde liegen, erst recht die schicklichsten Absichten. Die Achtung vor wahrem Heldentum gebietet, die Einbildungskraft zu bezähmen, so schwer dies angesichts der weitverbreiteten Ruhmessucht auch fallen mag. Wer immer kann, der schweige.
    Schweigen freilich – angelegentlich dieses Buches darf ich mir nichts weniger erlauben. Im Gegenteil, reden und sprechen muß ich, erzählen und berichten, was man mir bitte nicht als einen Ausfluß von Eitelkeit ankreide; dergleichen ist mir fremd. Nein, einzig dem Zwecke der Belehrung mag es dienen, wenn ich im folgenden anhebe, dem geschätzten Leser Kunde zu bringen von Vorgängen, welche seine Kenntnisse über die nordafrikanische Wüste wie auch über den amerikanischen Westen erweitern helfen, seine Empfindsamkeit heben und ihn vor den Abgründen der menschlichen Existenz gleichermaßen staunen wie schaudern machen werden. Was mir nämlich vor Jahr und Tag in der Fremde widerfahren ist, welche Schicksalsschläge mich getroffen, welche Martern an Leib und Seele ich zu erdulden hatte und wie ich zu guter Letzt doch in die geliebte Heimat zurückkehren konnte, das rufe mir kein Quasselfex, erst recht keiner dieser Halbgeister und Viertelköpfe von der Presse als jugendverderbend nach. So wie ich meine Rapphengste Rih und Hatatitla immer nur selbst gesattelt, Bärentöter und Henrystutzen immer nur eigenhändig geladen und auch meinen berühmten Jagdhieb höchstselbst an Feindesschläfen gesetzt habe, so rüste ich mich nun, ein weiteres Mal von schier unglaublichen Erlebnissen meines Hadschi Halef Omars, des Scheiks der Haddedihn, zu erzählen, welche ausnahmsweise, wie
sich zeigen wird, auch Erlebnisse sind von Old Shatterhand und meinem Winnetou.
    Sagte ich eben »mein Hadschi Halef Omar«, schrieb ich »mein Winnetou«?
    Es muß natürlich heißen: »unser Halef«, »unser Winnetou«. Seit so vielen Jahren schon gehören diese beiden ja nicht mehr mir allein. Längst gehören sie uns allen, der kleine große Beduine und der Häuptling der Apachen, uns gehören sie, uns allen, die wir uns ein treues Herz bewahrt haben und Verstandes genug, Dichtung und Wahrheit auseinanderzuhalten. Wenn ich darum sage, ich rüste mich, so ist dies ein mit Bedacht gewähltes Wort; weiß ich doch, wie sehr die Strahlkraft gerade Winnetous geeignet ist, Häme und Eifersucht bei jenen herauszufordern, welche sich von jeher als zu kurz gekommen betrachten und sich gern an mir, dem einzigen Blutsbruder dieses größten aller roten Männer, reiben. Mit der
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