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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen
Autoren: Karl Hohenthal
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Geschwindigkeit einer Drahtdepesche wird man mit Erscheinen dieses Buches abermals Lügen konstruieren; der Unflat, mit welchem man mich neuerlich bewerfen wird, mag dem Leser aus bestimmten Zeitungen bekannt sein: In die Ferne gereist, heißt es da, sei ja keineswegs ich selbst; allein mein Geist, meine Einbildungskraft seien dort herumgestrolcht, um nicht zu sagen: mit mir durchgegangen; meinen wahren Namen würde ich verbergen, desgleichen mein Gesicht hinter Masken und Alfanzereien, wie ein Dieb hinter seiner Larve.
    Doch halt, rufe ich! Wie könnte ein so herrlicher Mann wie Winnetou allein durch meine Einbildung in unser Leben getreten sein? Wie könnte einer, der unter meinen Lesern ein nie gekanntes Mitfiebern erweckt hat, von mir nur ausgedacht, ersponnen sein? Vorwärts, zeigt mir den Geistestitanen, der über das Faß Phantasie verfügt, sich einen solchen Mann wie den Häuptling der Apachen überhaupt nur vorzustellen, erst recht ihn derart auszuschmücken! Jederzeit führe ich doch Beweis für jedes meiner Worte, man stelle mich auf die Probe! Prüft immerhin eine jede Narbe meines kampferprobten Körpers, sie sind alle noch da!
Befragt mich nach jeder noch so unwichtig erscheinenden Einzelheit, ich beschreibe sie! Besser noch, man frage meine Leser. Fragt sie nur zum Aussehen Winnetous, zu seinen Eigenheiten, seiner Kleidung, seiner Bewaffnung, fragt sie nach seinem Fühlen und Denken, sie wissen besser Bescheid als ich selbst. Millionen zählen sie, die Anhänger Winnetous, und es werden immer mehr, so daß ich zuversichtlich sein darf, eine ebensolche Anzahl der genauesten Beschreibungen beizubringen. Denn Winnetou lebt! Er lebt in unserem Geiste und wohnt in unseren Herzen. Wo wäre da Platz für Zweifel?
    Die Aufwiegler der Journaille aber raunen weiter.
    Von Gefängnisaufenthalten des Autors wollen sie wissen, die Hetzer, von Gesetzesbrüchen in niemals vergangen sein dürfender Zeit. Jene oft behaupteten Taten des einstigen Schülers und Studenten, muß man sie dem gereiften Manne laufend unter die Nase reiben, sogar lebenslänglich, um ihn nur ja hübsch klein zu halten als den mittellosen Erzgebirgler, der er bei Geburt gewesen sei? Darf in diesem Lande einer groß werden, ohne sich einen Gernegroß heißen zu lassen? Immerzu rasen sie fort, die Zeiger angeblich zappzarappter Taschenuhren, bis in alle Ewigkeit klirren sie weiter, die blanken, angeblich eingesteckten Taler, bis einem vor lauter Häme der Schädel dröhnt, nicht weniger von all den Namen, Titeln und Berufen, welche man sich doch keinesfalls angemaßt, sie vielmehr schon immer besessen beziehungsweise sich unter Mühen erworben hat. Ans Herze greifen jedem aufrechten Menschen so viel Schmähung und Niederträchtigkeit. Am Ende kommt gar einer und schreit: Alles Lüge, der Autor bildet sich alles nur ein, ja er existiert nicht einmal selbst! Seine Bücher? Auf Effekte kalkuliertes Zeug! Seine Abenteuer? Zusammenspintisiert, trostlosen Stunden abgeschwindelt; ein anderer, Namenloser, schreibt für ihn; der Betrug um Shakespeare und Dumas findet Wiederholung!
    Sicher, so etwas zu sagen, erkühnen sich bloß Narren. Fast ohne Ausnahme handelt es sich ja bei meinen Kritikern um Leute, welche
selbst nie den Lasso geschwungen und sich nie mit dem Grizzly gemessen haben, welche überhaupt noch nie in der Wüste oder in den dark and bloody grounds gewesen sind, erst recht dort nie auf Leben und Tod gekämpft haben. Doch ob der eigenen Unzulänglichkeit zu schweigen, das fällt ihnen nicht ein.
    Lieber Leser! An meinem Pulte erhebe ich feierlich die Hand zum Schwure. Mit demselben heiligen Ernst, mit dem mir vor Jahren Intschu tschuna, Winnetous Vater, den Vorderarm ritzte, um daraus mein Blut fließen zu lassen, welches sich vereinigte mit dem Lebenssafte seines einzigen Sohnes, mit demselben heiligen Ernst rufe ich: Die folgende Geschichte, sie ist wahr! Sie ist so wahr wie alles, was je den Namen Karl Hohenthal getragen, und jetzt, da ich sie aufschreibe, da ich Rechenschaft ablege über jenen noch unbekannten Teil meines Lebens und Erlebens, da fliegt die Feder nur so übers Papier, fliegt mit mir hinüber in die Gefilde von einst, die zu durchstreifen mir an der Seite zweier der prächtigsten Menschen vergönnt war. Komm und fliege auch du, Freund Winnetous, Freund Hadschi Halef Omars, Freund Old Shatterhands und Kara Ben Nemsis. Wahrlich, die Abenteuer, die wir erlebt haben, verdienen es, erzählt zu werden!

ERSTES KAPITEL
Der »Vater
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