Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen
Autoren: Karl Hohenthal
Vom Netzwerk:
ganzen Tag über herabbrennen würde.
    Das Gebet war zu Ende, aber die Stimme noch keineswegs verstummt. Indes war sie jetzt keine betende, beschwörende mehr, sondern eine laute, zurechtweisende, zankende:
    »Beim Barte des Propheten, die Kanne und der Topf sind noch heiß! Effendi oder auch Sir Edward – wie oft habe ich dich geheißen, sie niemals in diesem Zustande in die Satteltaschen zu geben. Außen mußt du sie aufhängen, siehst du, an diesen Schnüren. An ebendiese Stelle gehören sie, genau wie ich es meinen Sihdi gelehrt habe und wie ich an jedem Tage versuche, es auch dich zu lehren. Bei Allah, dem Allmächtigen, dem Erbarmer! Einem Engländer Nützlichkeiten beibringen zu wollen ist wie der Versuch, mit einem Ungläubigen, der du doch nur bist, die Schönheit des Heiligen
Buches zu teilen. Eintausendmal strauchelst du, eintausendmal gehst du an deinem Glücke vorbei!«
    »Eintausendundeinmal«, widersprach gleichmütig eine andere, in einem noch höheren und doch sanfteren Register angesiedelte Stimme. Diese sprach einwandfreies, englisch eingefärbtes Arabisch:
    »Nehmt es mir nicht übel, verehrter kleiner Sir, daß mir die Wunder Scheherazades näher liegen als Eure dauernden Versuche, mich bald zu belehren, bald zu bekehren. Soll diesen Versuchen Erfolg beschieden sein, müßten es schon die Verlockungen schönster Weiblichkeit sein, die mich empfänglich machen könnten, oder ein gutes Glas Bier. Aber hier draußen ist nichts. Keine Weiblichkeit, kein einziger Tropfen Ale 1 . Vor allem findet sich bislang nicht die Spur jener Höhlenzeichnungen, von denen Ihr seit Beginn unserer Reise in den schönsten Worten sprecht. Genug also der Kanne und des Topfes. Brechen wir auf! Noch steht die Tageshitze aus, es läßt sich marschieren. Für heute habt Ihr mir endlich einen Fund versprochen.«
    »Das ist auch so, Effendi, Sir Edward. Doch weiß einzig Allah, der Erbarmer und Barmherzige, was geschehen wird. Steht bei ihm geschrieben, daß wir heute Zeichnungen und Ritzungen finden sollen, wie du sie zu deiner Wissenschaft erklärt hast, so geschieht es. Finden wir nichts, so ist es ebenfalls sein Wille, und du mußt weiter warten. Wir sind zu zweien unterwegs, da muß der eine schieben und der andere ziehen. Wie könnte aber der eine mehr wert sein als der andere; warum solltest du an dein Ziel eher gelangen als ich an das meine?«
    » Well, verehrter kleiner Sir, ich versuche, nicht an die Piaster zu denken, welche Ihr mich in Agadir 2 für Eure Führung bezahlen ließet – im voraus, wenn ich daran erinnern darf, weil Ihr es so gefordert habt. Daß Ihr es nur wißt, die Zeit wird mir knapp.
Meine Jacht wird längst weitergesegelt sein und dieser Tage Algier anlaufen. Der Kapitän, Mister Sunderland, ist eine treue Seele. Er hat Anweisung, dort zu warten, doch wird er sich sorgen, wenn er mich weder antrifft noch Kunde über meinen Verbleib erhält. Daß wir immer noch nicht fündig geworden sind, kann er nicht wissen, also muß mein Ausbleiben ihn beunruhigen. Kommt er gar auf den Gedanken, auf eigene Faust loszuziehen und mich zu suchen, laufen wir unbedingt aneinander vorbei. Goodness me, ein Kapitän in der Sahara, mit einem Beiboot Matrosen im Schlepp? Das gibt ein Durcheinander!«
    Wieder klapperte es vernehmlich, was nur von der Kanne und dem Topfe herrühren konnte. Vorwurfsvoll sagte die erste Stimme:
    »Effendi, du bist unverbesserlich. Seit wir losgezogen sind, eilt es dir. Narretei um Narretei würdest du begehen, hielte ich dich nicht zurück. Sieh, ich war noch nie in deinem England, aber ich frage mich, wie die Menschen dort den Sand durchqueren wollen, wenn sie sich ebensowenig in Geduld zu fassen verstehen wie du. Wie kann man in England gegen Hitze, Hunger und Durst bestehen, wenn dort niemand die Menschen Duldsamkeit lehrt?«
    Nachtkühler Sand zischte über das Kochgeschirr. »Verehrter kleiner Sir, sollte ich etwa zu erwähnen versäumt haben, daß meine Heimat sich gründlich von der euren unterscheidet? Unsere Farben sind nicht Umbra und Ocker wie die euren. Wir kennen nur Grau und Grün, kennen dafür Stadt und Land. Solchen Sand wie bei euch gibt es in England nur am Meer, wohin ein Lord höchstens in die Sommerfrische reist. Ihr sprecht von Hunger und Durst, doch wenn ich Euch so ansehe, klein und ein wenig rundlich, wie Ihr es seid, obwohl wir schon länger unsere Vorräte nicht mehr ergänzen konnten und deshalb – – – «
    »Beim Barte des Propheten! Nenne mich nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher