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Welt der Elben (Band 2: Weltenriss, Götterwille, Herzblut) (German Edition)

Welt der Elben (Band 2: Weltenriss, Götterwille, Herzblut) (German Edition)

Titel: Welt der Elben (Band 2: Weltenriss, Götterwille, Herzblut) (German Edition)
Autoren: Sue Twin
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Prolog

 
    D ie Frau zerrte an ihren
Fesseln. »Nein, das könnt ihr nicht tun!«, schrie sie und ihre Augen funkelten
neongrün. Sie war umringt von einer Schar Frauen und Männern. Unweit davon
wartete ein zorniger Junge. Die Hände zu Fäusten geballt.
    Wind heulte über die Klippen.
    Verzweifelt sah sich die Frau nach einem Mann mit langen schwarzen
Haaren um. »Bitte, hilf mir!«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    Tränen liefen über das Gesicht der Frau. »Das kannst du
nicht zulassen«, flehte sie ihn an.
    »Schweig!«, zischte der Angesprochene und trat einen Schritt
in Richtung des schmalen Weges zurück, über den die kleine Prozession kurz
zuvor den Berg erklommen hatte. Eine Windböe erfasste seine Haare und den Saum
seines Zeremonienumhangs.
    Auf einem marmornen Sockel neben der Altarplatte erhob sich
eine schwarze Katze. Sie reckte sich mit stolz erhobenem Kopf. Elegant setzte sie
die Pfoten nebeneinander. Ihre pistaziengrünen Augen blickten aufmerksam.
    »Hohe Priesterin Maya , bitte walte deines Amtes«, sagte der Mann und verneigte sich .
    Die Priesterin raffte ihren Umhang zurück und trat neben das
Tier. »Gleich wirst du mehr als eine Katze sein«, murmelte sie und streichelte sanft
über das glänzende Fell. »Sieben Leben werden kommen und gehen, ehe du die
Schwelle in das Reich der Göttin Sefyra durchschreiten darfst. Bist du bereit?«
    Die Katze nickte.
    »Bei allen Göttern, solche alten Rituale, das ist doch
barbarisch«, schrie die gefesselte Frau und riss erneut an den Stricken.
    Die Priesterin jedoch sah mitleidlos durch sie hindurch. »Möchte
noch jemand etwas sagen?«, fragte sie in die kleine Runde.
    Eine still im Hintergrund stehende Frau mit kastanienroten
Haaren und spitzen Ohren schüttelte den Kopf. Sie senkte den Blick zu Boden und
verbarg ihr Gesicht vor den anderen.
    Die Gesichtsmuskeln des Mannes, der nicht bereit war, Gnade
walten zu lassen, verhärteten sich. An jenem Morgen krallte er seine Hände zum
ersten Mal in seinem Leben hinter dem Rücken zusammen.
    Schweigend sah er sich nach seinem Sohn um, der an der
Wegbiegung wartete. Der Junge war das letzte Stück des Weges nicht mitgegangen.
Er stand nun wütend dort, wo der Pfad eine Kurve nahm.
    »Verräterin!«, schrie der Junge mit Tränen in den Augen.
Hastig rannte er fort.
    Mühsam drehte der Mann seinen Körper zurück in Richtung des
Altars.
    Die Priesterin gab ihm ein Handzeichen, dass er nun beginnen
solle. Er trat vor. Dann schob er die gefesselte Frau zum Opferstein und
drückte ihre Schultern nieder, bis sie sich widerstrebend hinkniete. Sie
zitterte, aber sie schrie nicht mehr. Offenbar hatte sie ihr bevorstehendes
Schicksal akzeptiert.
    Eisiger Wind fegte über das Plateau.
    Irgendwo in der Ferne kreischte ein Adler.
    Die Priesterin zog eine kleine Flasche unter ihrem Gewand
hervor. Sie zupfte den Deckel ab und gab ein paar Tropfen in eine Kanne, aus
der daraufhin grüner Nebel entströmte. Damit übergoss sie den Schopf der
Knienden und die Dämpfe umfluteten den Leib. Augenblicklich versteifte sich die
Frau und ihre leuchtenden türkisfarbenen Augen nahmen einen glasigen Blick an.
    Als wäre die Frau ein Stück Brett, hob der Mann sie hoch und
legte sie auf den Opfertisch. Er drückte ihre Knie herunter, bis sie flach
dalag.
    Behutsam setzte die Priesterin nun die Katze auf den
Brustkorb der Frau. Sie verteilte weiteren Nebel über beide Körper. Die Katze machte
einen Buckel und fauchte, wobei ihr Fell struppig abstand.
    Der Brustkorb der bewusstlosen Frau wölbte sich weit vor,
bis er drohte zu zerreißen. Dann entwich mit einem leisen Pfiff die Luft und
darin gelöst der Geist der Frau. Seufzend sank sie in sich zusammen.
    Die Katze indes atmete tief den fremden Geist ein. Ihrer
Kehle entglitt ein ganz und gar befremdliches Geräusch. Weder menschlich noch
tierisch. Dann schüttelte sich das Tier und legte sich erschöpft auf den Bauch
der nun unbewohnten weiblichen Gestalt.
    Während die Katze schlief, erwachte das Bewusstsein der Frau
im Körper des Tieres – und die bestrafte Frau
in der Katze riss die Augen auf. Ein neongrünes Funkeln lag auf ihrer Iris.
Doch die Frau war zu geschockt, um reagieren oder klagen zu können. Da waren zu
viele fremde Gedanken und Instinkte, denen sie sich von nun an unterordnen
musste.
    Wortlos nahm die Priesterin das erschlaffte Tier mit den
weit aufgerissenen Augen und legte es in einen Käfig. Sie nickte dem Mann zu. Sein
Gesichtsausdruck war nicht deutbar –
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