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Hacken

Hacken

Titel: Hacken
Autoren: Christoph Braun
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reduzierten Rhythmus-Programmierung. Ihre hypnotischen Qualitäten ergeben sich durch das Aufeinanderprallen von Ihrer Majestät Vierviertel-Bassdrum auf Weite.
     
    Diese Weite ist weiß und nicht, wie es im etwa im Dubtechno üblich ist, schwarz und sternenübersät wie das Weltall. Perkussive Loops, Echos und Delays schreiten in
The Depths
konkrete Orte ab. Es gibt hier keine Funksignal-Synthesizer und auch keine Harmonien, die Statthalter spielen dürften für die beliebten Geschichten vom Leben »da draußen im Universum«. Nein, diese Vorstellung eines Raumes bleibt einer Landschaft als weißem Würfel verhaftet. Ein Farbton, drei Dimensionen, Weite und Eintönigkeit. Bald ist es Zeit. Ganz von selbst stürzt der weiße Würfel ein.
     
    Denn das Lebendige macht einfach weiter, wie Pando. So lautet der Name des wohl ältesten Organismus der Erde. Hinter dem Namen verbirgt sich die Klon-Kolonie einer Zitterpappel im Fishlake National Forest. Dort in Utah, USA, hat sich eine Ansammlung genetisch identischer Bäume auf über 2500 Metern Höhe über dem Meeresspiegel vor etwa 80   000 Jahren auszubreiten begonnen. Mittlerweile erstreckt sich Pando über eine Fläche von 43 Hektar, ist also 43 mal so groß wie ein Fußballfeld, das so breit wäre wie lang; 43 mal der Garten von Athene Bio. Ein männlicher Baum von Pando bildet immer wieder neue Stämme aus Wurzelbrut, Pando belebt sich also immer wieder von Neuem aus einem Wurzelgeflecht heraus, aus einem Rhizom. Zudem nutzt der Baum Waldbrände aus, um sich fortzupflanzen.
     
    Immer weiter. So zeigen sich im Februar auch hier am Elm Flecken aus Pastell in der Wüste aus Weiß. Khaki, rosa, straßenweiß, mitten in den unablässigen Schneestürmen des Winters treiben Hecken und Bäume aus. Kakaobraun tollpatschen die Lämmchen über die Wiese am Vilgensee, schon Mitte Januar geht das los, wenn es noch eisig ist. Sie werden hier aufwachsen, Norbert wird sie übersiedeln, auf seine Weiden oben in Ampleben oder in der Barnstorfer Salzwiese. Am Vilgensee beginnt wieder die Zeit für die Rinder vom Lindenhof, wenn das Frühjahr kommt.
     
    Der Schnee schmilzt allmählich. In der Feldmark zwischen Evessen und Eilum gibt er Stück für Stück seine Hinterlassenschaften frei.
Ein Wildschwein mit langem, vorgeschobenem Gebiss kommt am Wegesrand zum Vorschein. Die Ameisen können noch davon zehren, Pilze und Bakterien. Totenschädel, knochenweiß.

Informationen zum Autor
    © Martin Salzer
    CHRISTOPH BRAUN, geboren 1970 im Saarland, zog nach Stationen in Saarbrücken, Glasgow und Berlin 2005 in das Dorf Evessen. Er schreibt für Musik- und Kunstmagazine. Im August 2009 eröffnete Braun den Blog »hacken.spex.de« über Landarbeit und Popkultur.
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