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Hacken

Hacken

Titel: Hacken
Autoren: Christoph Braun
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000 Kilometern Höhe, durchleuchten die Satelliten dieFelder des Wolfenbütteler Landes. Das Scannen nimmt dem Menschen viel Arbeit ab. Es lenkt Traktoren und Mähdrescher zentimetergenau in die richtige Spur, sodass kaum Anbaufläche durch die Prozesse auf dem Feld verloren geht. Außerdem werden einzelne Parameter des Bodens analysiert, der Feuchtigkeitsgrad etwa: Beim Bewässern errechnet ein Bordcomputer aufgrund der Satellitendaten exakt die H2O-Dosierung für jede Position auf dem Feld. In einer Mulde etwa wird weniger Wasser benötigt als an einem abfallenden Hang.
     
    Neuere Generationen von Landmaschinen prunken deshalb mit futuristischen Fahrerkabinen. In seinem Roman
Generation A
erzählt der kanadische Schriftsteller Douglas Coupland unter anderem die Geschichte des Adoleszenten Zack. Die schillernde Figur wird wie die vier weiteren Protagonisten dieses Buches von einer Biene gestochen, in einer nahen Zukunft, in der es eigentlich keine Bienen mehr gibt. Ich hielt es lange Zeit für das Ergebnis uferloser Fantasie, wie Coupland die Situation beschreibt, in der Zack gestochen wird: während der Maisernte, verschiedene TV-Kanäle konsumierend. Außerdem noch nackt, da eine Kamera ihn beim Nackternten filmt und die Bilder nach Asien schickt ins Wohnzimmer eines reichen Mannes, der auf junge Männer bei der Nackternte steht. Die Maschine fährt bei alldem ganz von alleine.
     
    Etwas Recherche im Reich des Computer Aided Farming später weiß ich: All das ist längst möglich. Es wird längst in der Breite derLandwirtschaft praktiziert. Vor allem die konventionelle Landwirtschaft arbeitet in zunehmendem Maße mit Automationsprozessen, mit millimetergenauen Bodenanalysen, mit dem Funken der Satelliten.
     
    Ganz allmählich ist die Landwirtschaft informatisiert worden, sodass der hohe Grad von Hochtechnologien wohl nicht nur von mir so lange ignoriert worden ist. Das Wissen, das die Landwirte dank der Satellitendaten von ihrem Boden haben, ermöglicht ihnen auch, Spritz- und Düngemittel effizient einzusetzen.
     
    Großunternehmen wie Nordzucker brauchen diese Satellitendaten für ihre Just-in-time-Prozesse: während der Rübenernte zum Beispiel, wenn die LKWs die Rüben auf den Feldern abholen und sie zu den Zuckerraffinerien transportieren. Datenfuturismus. Wahrgewordener Datenfuturismus ist das. Er kann sehr verführerisch wirken. Ich verfalle, wie ich bemerke, dem Marketing-Slang. Denn so erfreulich die verminderten Chemikalienmengen im Kulturboden auch sein mögen, ich brauche sie überhaupt nicht. Niemand braucht sie.
     
    Die großindustrielle Landwirtschaft verschärft diese Sachlage: Sie sorgt in Europa für Überproduktion und entfremdet die Menschen durch die Warenförmigkeit ihrer Produkte von den Lebensmitteln. Hinzu kommt die Verunreinigung des Bodens und der Luft durch Chemiedünger und Pestizidgifte.
     
    Einer weiteren Volte gilt es Vorschub zu leisten, der sogenannten Grünen Gentechnik. Hier geht es nicht nur um das Nichtwissen über die Auswirkungen genveränderten Essens auf lange Sicht. Von ebenso großer Bedeutung wie die gesundheitlichen Aspekte sind die Verunreinigung des Saatguts, sei es aus konventioneller, nicht genveränderter Zucht oder aus ökologischem Anbau. »Wir könnten dann einpacken«, sagt Alex, eine Gärtnerin. Sie ist ab und zu noch auf dem Lindenhof, vor einiger Zeit aber in einen Saatgutbetrieb in der Nähe Kassels gewechselt. Bei Saatgut geht es um Vertrauen: Würden auch nur in der Nähe des Betriebs genveränderte Pflanzen angebaut, dann würde dies das Ende des weithin bekannten Kollektivs bedeuten. Automatisch breiten sich die genveränderten Saaten über die Luft aus, teils gar über mehrere hundert Kilometer, ohne dass die Aussaat kontrolliert werden könnte.
     
    Zudem verkaufen die großen Gentechnikkonzerne das Saatgut nicht. Sie lizenzieren es bloß an die Bauern, und halten sie unter strenger Kontrolle: Das Gut gehört weiterhin den Züchtern. Hier wird die schiere Warenförmigkeit der industriellen Landwirtschaft erneut sichtbar.
     
    Sinnvoller also: Eine Landwirtschaft anzustreben, in der das angebaut wird, was die Menschen wirklich brauchen. Und wo Pflanzen und Tiere so umsorgt werden, dass das Land auf Dauer bewohnbar bleibt. Eine Form der Landwirtschaft also, wie ich sie in Eilum kennen lernen durfte. Daher kommt er, der Wunsch nacheiner Parzelle. Auch wenn es anfangs vielleicht nur ein paar Beete mit Kartoffeln und Karotten und einige Kübel mit
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