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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald
Autoren: H Coben
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Spalt, der sich da bildete.
    Und dann, zwanzig Jahre nachdem sie im Wald verschwunden war, trat meine Schwester Camille wieder in mein Leben.

Epilog
Einen Monat später
    Lucy will nicht, dass ich da hinfliege.
    »Jetzt ist es endlich vorbei«, sagt sie zu mir, direkt bevor ich mich auf den Weg zum Flugplatz mache.
    »Das habe ich schon mehrmals gehört«, entgegne ich.
    »Du musst ihm nicht noch mal gegenübertreten, Cope.«
    »Doch, das muss ich. Ich brauche noch ein paar letzte Antworten.«
    Lucy schließt die Augen.
    »Was ist?«
    »Das ist alles noch so zerbrechlich, weißt du?«
    Ich weiß.
    »Ich hab Angst, dass ich wieder den Boden unter den Füßen verliere.«
    Das verstehe ich. Trotzdem muss es sein.
    Eine Stunde später schaue ich aus dem Flugzeugfenster. Im letzten Monat hat wieder ein gewisses Maß an Normalität in meinem Leben Einzug gehalten. Der Jenrette-Marantz-Prozess hatte noch ein paar hektische und seltsame Wendungen genommen, bis ich einen ziemlich glorreichen Sieg errungen hatte. Jenrette und Marantz hatten nicht aufgegeben. Sie hatten so viel Druck auf Richter Pierce ausgeübt, wie sie nur konnten, und er war eingebrochen. Er hatte die Porno-DVD nicht als Beweismittel zugelassen, mit der Begründung, dass wir sie zu spät vorgelegt hätten. Es sah kurz so aus, als steckten wir in Schwierigkeiten. Aber die Geschworenen durchschauten das Manöver – das tun
sie oft – und sprachen die Angeklagten schuldig. Flair und Mort sind natürlich in die Berufung gegangen.
    Ich würde gern Klage gegen Richter Pierce erheben, aber ich habe nichts gegen ihn in der Hand. Ich würde gern Klage gegen EJ Jenrette und MVD wegen Erpressung erheben, werde allerdings auch dafür kaum genug Beweise zusammenkriegen. Aber Chamiques Schadenersatzprozess läuft gut. Es heißt, dass die Angeklagten diesen Störfaktor gern aus dem Weg hätten. Man munkelt von einem Vergleich in siebenstelliger Höhe. Ich hoffe, Chamique kriegt das hin. Wenn ich jedoch in meine Kristallkugel schaue, sehe ich da trotzdem keine rosige Zukunft für Chamique. Ich weiß nicht. Sie hat ein so unruhiges Leben geführt. Ich glaube nicht, dass das Geld viel daran ändern wird.
    Mein Schwager Bob ist auf Kaution frei. In dem Punkt habe ich nachgegeben. Ich habe dem FBI gesagt, dass meine Erinnerungen zwar »etwas verschwommen« seien, Bob mir aber irgendwann gesagt hätte, dass er ein Darlehen bräuchte und ich es ihm gewährt hatte. Ich weiß nicht, ob das vor Gericht standhält. Ich weiß auch nicht, ob das, was ich tue, richtig oder falsch ist (wahrscheinlich ist es falsch), aber ich will nicht, dass Greta und ihre Familie daran kaputtgehen. Man kann mich ruhig als Scheinheiligen bezeichnen – das bin ich –, aber manchmal verschwimmt die Grenze zwischen richtig und falsch. Gerade hier im strahlenden Sonnenschein der realen Welt verschwimmt sie öfter mal.
    Aber natürlich verschwimmt sie auch in der Dunkelheit des Waldes.
    Jetzt möchte ich Sie eben noch kurz aber gründlich auf den neuesten Stand zu Loren Muse bringen: Muse bleibt Muse – und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Gouverneur Markie hat bisher noch nicht verlangt, dass ich zurücktrete, und ich habe es bisher nicht angeboten. Das werde ich wohl irgendwann tun, es lässt sich wohl nicht vermeiden, aber bis jetzt halte ich die Stellung.

    Raya Singh hat bei Most Valuable Detection gekündigt und sich mit keiner Geringeren als Cingle Shaker zusammengetan. Cingle sagt, sie suchen jetzt ein drittes »Hottie«, damit sie ihre neue Agentur »Charlies Engel« nennen können.
    Das Flugzeug landet. Ich steige aus. Ich schaue auf meinen BlackBerry. Meine Schwester Camille hat mir eine E-Mail geschickt:
    Hey, Bruderherz – Cara und ich fahren zum Essen und Shoppen in die Stadt. Wir vermissen und lieben dich, Camille.
    Meine Schwester Camille. Es ist toll, dass sie wieder da ist. Unglaublich, wie schnell sie ein eigenständiger und unverzichtbarer Teil der Familie geworden ist. Trotzdem muss ich zugeben, dass zwischen uns noch gewisse Spannungen bestehen. Das hat sich aber schon gebessert. Und es wird noch besser werden. Aber diese Spannungen sind da, und sie sind unübersehbar, und manchmal übertreiben wir ein bisschen in unseren Bemühungen, dagegen anzukämpfen, indem wir uns »Bruderherz« und »Schwesterherz« nennen und uns immer wieder versichern, dass wir uns »vermissen« und »lieben«.
    Camilles Vergangenheit kenne ich immer noch nicht vollständig. Sie lässt ein paar
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