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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht
Autoren: C.E. Lawrence
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ein beliebtes Motiv darauf. Ein streberhaft aussehender junger Mann mit fettigem Haar trug eine Weste voller Anstecker, die Botschaften verkündeten wie »Ich bremse auch für Klingonen« oder »Sauron stinkt« .
    Am Empfangsschalter angekommen, erklärte Lee, dass er mit einem Gast namens Samuel Hughes sprechen wolle. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass Samuel das Zimmer tatsächlich unter seinem wirklichen Namen gebucht hatte. Die Dame an der Rezeption wollte Lee die Zimmernummer allerdings erst mitteilen, nachdem er sich ausgewiesen hatte. Er zeigte ihr seine Legitimation als ziviler Berater des NYPD . Auf den ersten Blick wirkte sie wie ein normaler Polizeiausweis, und glücklicherweise nahm die Frau sie nicht näher unter die Lupe, sonst hätte sie bemerkt, dass sie Lee keinerlei Befugnisse verlieh. Außerdem war der Dame offensichtlich nicht bewusst, dass der Zuständigkeitsbereich der New Yorker Polizei nicht Pennsylvania war. Sie gab einem Pagen den Generalschlüssel und trug ihm auf, Lee zu Samuel Hughes’ Zimmer zu begleiten.
    Als auf mehrmaliges Klopfen keine Reaktion kam, schloss der Page die Tür auf und ließ Lee ins Zimmer. Der bedankte sich und gab dem Angestellten zehn Dollar Trinkgeld. Er hatte keine Ahnung, was ihn gleich erwarten würde, wollte aber allein sein, wenn er es herausfand. Lee betrat den Raum und schloss leise die Tür.
    Sofort spürte er die Präsenz von Tod – und Furcht. Der ganze Raum schien von Angstschweiß erfüllt zu sein. Es war dunkel im Zimmer, und Lee kam es vor, als wäre es leer.
    Doch dann entdeckte er im schummrigen Licht der Straßenlaternen von draußen die Silhouette eines Körpers, der reglos von der Decke hing.
    Lee schaltete das Licht ein, um die Leiche zu identifizieren. Es war tatsächlich der schlanke junge Mann, den er auf der Beerdigung in Westchester gesehen hatte. Am Boden lag ein umgeworfener Schemel. So, wie es aussah, hatte Samuel sich an dem massiven Eichenbalken der Zimmerdecke erhängt.
    Lee wusste, dass er eigentlich sofort den Sicherheitsdienst des Hotels alarmieren musste. Sein Instinkt jedoch sagte ihm, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging. Er wusste nicht, was es war, aber etwas irritierte ihn. Er schaute sich um. Natürlich durfte er nichts berühren, damit der Tatort nicht verändert wurde.
    Tatort – die Bezeichnung war ihm ganz unvermittelt in den Kopf geschossen, obwohl es sich doch augenscheinlich um einen Selbstmord handelte.
    Lee besah sich Samuels Leiche genauer. Im Gegensatz zu dessen Opfern, die selbst noch im Tode so lebendig gewirkt hatten, sah Samuel wirklich tot aus. Alle Farbe war ihm aus dem Gesicht gewichen, und seine Haut war grau. Die Augen hatte er weit aufgerissen. Sie schienen Lee anklagend anzustarren, als sei er schuld – nur woran eigentlich?
    Der Abschiedsbrief war kurz und knapp:

    Ich habe viele böse Dinge getan und bitte alle um Verzeihung, denen ich Leid zugefügt habe. So ist es am besten, denn ich will nicht noch mehr Menschen verletzen. Ich liebe dich, Mama – Samuel

    Das Erste, was Lee irritierte, war die Tatsache, dass der Abschiedsbrief mit dem Computer geschrieben und ausgedruckt war. Wer tippte denn seine letzten Worte? Und selbst wenn das auf Samuel zutraf, hatte er den Abschiedsbrief dann ausgedruckt, bevor er zur Fan-Convention gefahren war? Warum war er extra nach Philadelphia gekommen, um sich umzubringen? Und warum hatte er den Abschiedsbrief überhaupt mit dem Computer geschrieben? Wäre es nicht einfacher gewesen, die Zeilen handschriftlich auf Hotelbriefpapier zu bringen? Und warum hatte er geschrieben, dass er seine Mutter liebte – wo er sie doch ein paar Stunden zuvor brutal ermordet hatte?
    Die unbeantworteten Fragen wirbelten in Lees Kopf durcheinander, während er den Raum weiter inspizierte und sich alles, was er sah, genau einprägte. Ein Koffer voller Kleidung lag offen auf dem Bett. Die Sachen waren ordentlich gefaltet und verpackt. Lee widerstand der Versuchung, den Koffer näher zu untersuchen, aber er konnte auch so erkennen, dass sich darin Kleidung für mehrere Tage befand. Auch das ergab keinen Sinn. Wieso hatte Samuel Hughes für mehrere Tage gepackt, wenn er sich doch am Abend seiner Ankunft umbringen wollte?
    Ein schwerer, süßlicher Geruch hing in der Luft. Er kam Lee bekannt vor, aber er konnte ihn nicht zuordnen.
    Er ging zurück zu der vom Balken hängenden Leiche, um sie noch einmal genauer zu inspizieren. Samuel war vollständig bekleidet, mit
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