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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht
Autoren: C.E. Lawrence
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im Ferienlager sich irgendwann als so nützlich erweisen würde«, sinnierte er. »Da habe ich ein paar wirklich feine Knoten gelernt.«
    Sosehr Lee sich auch abmühte, das Seil schnitt nur tiefer in sein Fleisch. Ihm dröhnte der Kopf, und sein ganzer Körper schmerzte.
    »Schone deine Kräfte lieber«, riet Nelson knapp. »Es hat keinen Sinn, sich jetzt schon zu verausgaben.«
    Ein Schweißtropfen von Lees Stirn fiel auf Kathys Gesicht. Ihre geschlossenen Lider flatterten.
    »Wo wir gerade dabei sind – was wäre eine Christusfigur ohne ein Stigma?«, fragte Nelson sarkastisch und griff nach einem langen Prozessionskreuz. Brutal hieb er es mit dem scharfkantigen Ende in Lees Rippen und riss ihm so eine Wunde in die rechte Seite. Lee schrie auf.
    »Na bitte, schon besser.« Nelson war zufrieden mit seinem Werk. »Sieht gleich viel realistischer aus.«
    Lee stöhnte und kämpfte dagegen an, vor Schmerz das Bewusstsein zu verlieren.
    »Hat das wehgetan?«, wollte Nelson höhnisch wissen. »Na ja, keiner hat dich eingeladen herzukommen, oder?«
    »Lass – sie – einfach – gehen«, bettelte Lee mit schmerzverzerrter Stimme. »Ich verrate dich auch nicht – niemand erfährt etwas.«
    Nelson schnaubte verächtlich. »Aber sicher. Für wie blöd hältst du mich?«
    Er bekreuzigte sich und sank vor dem Altar auf die Knie.
    »Segne diesen Gnadenakt der Erlösung, himmlischer Vater. In Deine Hände befehle ich die Seele Deiner Dienerin.«
    Er sah zu Lee herauf, dem langsam die Sinne schwanden. Sein Atem ging schwer und rasselnd.
    »Ich glaube natürlich nicht an Gott, aber es klingt einfach gut.«
    Lee war am Rande der Ohnmacht.
    »Na, wer wird denn da schlappmachen?«, fragte Nelson hämisch. »Du solltest dich geehrt fühlen, bei ihrer heiligen Wandlung dabei zu sein. So hat er es jedenfalls immer genannt. Der arme Samuel – was für ein Spinner. Dachte wirklich, er würde sie vor der Sünde bewahren, indem er sie ins Jenseits befördert. ›Zu Gott schickt‹. So ein verblendeter Schwachkopf.«
    »Warum hast du es getan?«, keuchte Lee.
    »Warum ich unschuldige katholische Mädchen erwürgt habe?«
    Lee nickte schwach.
    »Warum nicht? Du wärst überrascht, wie einfach das ist. Nachdem ich es einmal ausprobiert hatte, bin ich auf den Geschmack gekommen. Und das mit den Bibelzitaten war doch großartig – natürlich meine Idee. Samuel hat sie begeistert übernommen und ausgeführt. Hat seine Sache ganz ordentlich gemacht, findest du nicht auch?«
    Nelson hatte den Blick eines Wahnsinnigen. Er sah durch Lee hindurch wie in Trance. Seine Ruhe war Furcht einflößender als jeder Wutausbruch.
    »Aber – du ?«
    »Ach, jetzt tu doch nicht so naiv, verdammt noch mal!«
    »Aber – wieso ?«
    Endlich verlor Nelson die Beherrschung, und all sein aufgestauter Zorn brach aus ihm heraus.
    »Weil sie es nicht verdient haben, zu leben und ihrem Gott zu dienen, nachdem Er mir Karen weggenommen hat!«
    »Jetzt begreife ich!«, entfuhr es Lee. »Dann war also Karens Tod –«
    Nelson lachte auf – ein freudloses kaltes Lachen.
    »Du hast es erfasst – das war mein auslösender Stressfaktor … Alles genau wie im Lehrbuch, was?«
    Nelson wandte sich wieder Kathys regungslosem Körper zu. Sein kastanienbraunes Haar reflektierte das schwache Licht der Kerze über dem Altar.
    »Um sie tut es mir wirklich leid«, murmelte Nelson mehr zu sich selbst. »Natürlich werden alle denken, dass Samuel sie umgebracht hat. Zum Teil hat ja auch tatsächlich er die Mädchen erledigt – nachdem ich ihn überzeugt hatte, dass es seine heilige Aufgabe ist.«
    »Du hast ihn benutzt«, brachte Lee mühsam heraus.
    »Mir war schon früh klar, dass ich einen Sündenbock brauchte. Samuel bot sich dafür geradezu an. Er war ein gelehriger Schüler – einer meiner besten Studenten. Ich habe selten einen besseren unterrichtet«, erklärte Nelson beiläufig, während er sich hauchdünne Gummihandschuhe über die Finger zog.
    »Samuel ist tot«, stöhnte Lee. »Du hast ihn umgebracht.«
    »Ich wusste, dass du ihn früher oder später aufspüren würdest. Was sollte ich denn da tun?«
    »Verdammt, Nelson, du hast sogar noch in aller Seelenruhe dabei geraucht!«
    »Du meinst die Nelkenzigarette? Die hinterlassen einen ziemlich einprägsamen Geruch, schätze ich. Aber du verstehst doch sicherlich, dass ich ihn nicht am Leben lassen konnte, oder? Genauso wenig wie dich – oder sie, wo wir gerade dabei sind.«
    Nelson beugte sich wieder über Kathy. Lee sah
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