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Ein König wird beseitigt

Ein König wird beseitigt

Titel: Ein König wird beseitigt
Autoren: Heinz Häfner
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Zusammenfassung
    Die bei wissenschaftlichen Texten übliche Zusammenfassung lässt sich hier bei der Fülle des Dargestellten nur in extremer Vereinfachung geben. Doch gerade wegen der Fülle und Vielfalt mag die Reduzierung des Ganzen auf eine vereinfachende Wiedergabe der Antworten auf die Kernfragen nach der Krankheit des Königs, nach dem Verfahren seiner Absetzung und nach seinem tragischen Ende für eine rasche Orientierung über den Inhalt des Buches hilfreich sein.
1. Zur Persönlichkeit und Krankheit des Königs
    König Ludwig II. war weder geisteskrank noch geistesschwach. Er verfügte über außergewöhnliche geistige Fähigkeiten unvermindert bis in die letzten Tage seines Lebens. Seine verfassungsgemäßen politischen und administrativen Pflichten erfüllte er ohne Nachlassen bis zum Tage (8. Juni 1886) vor seiner Entmündigung (9. Juni 1886). Die Minister, die auf Veranlassung des Prinzen Luitpold, später mit der Garantie des Verbleibens im Amt die Entmachtung des Königs auch im Eigeninteresse mit betrieben, wussten darum. Vernachlässigt hat Ludwig II. nur die von der Verfassung nicht ausdrücklich geforderten, aber aus psychologischen und symbolisch-machtpolitischen Gründen notwendigen repräsentativen Pflichten seines Amtes: ein hinreichend häufiges Erscheinen als König und Herrscher vor den Augen seiner Untertanen und einen kontinuierlichen persönlichen Kontakt mit den Mitgliedern der Regierung, den Leitfiguren des Königshauses und der führenden Schicht des Königreichs. An seiner Stelle hat der nächste Agnat, sein Nachfolger als Regent, Prinz Luitpold, die wichtigsten repräsentativen Aufgaben, von der Eröffnung des Landtags bis zum überreichen des Kaiserbriefs, übernommen. Er konnte sich damit in den Augen der Untertanen und der benachbarten Dynastien als möglicher Herrscher qualifizieren.
    Die Krankheit König Ludwigs II. bestand einmal aus einer im Alter von sieben Monaten durchgemachten eitrigen Hirnhautentzündung mit der Folge lebenslanger, mitunter schwerer Kopfschmerzen. Wahrscheinlich gehen auch die Schlafstörungen und die erhöhte Empfindsamkeit der Königs auf die über das Vorderhirn verstreuten narbigen Verdickungen der harten Hirnhaut zurück.Eine entzündlich[ 1 ] oder degenerativ[ 2 ] fortschreitende Hirnerkrankung, wie sie von Biermann (1973) oder von Hacker und Kollegen (2007) kürzlich noch angenommen wurde, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Außerdem entwickelte Ludwig einen mit häufigen Schmerzattacken verbundenen subtotalen Zahnverlust, der ihn sprachlich und ästhetisch behinderte. Für eine weitere dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen Gesundheit oder Leistungsfähigkeit (bis ins Todesjahr beachtliche Bergwanderungen) gibt es keine Hinweise.
    König Ludwig II. war im Alter von achtzehneinhalb Jahren früh, ohne akademische Bildung, politische Erfahrung und Weltkenntnis auf den Thron gekommen. Er brachte von seiner Persönlichkeit her sowohl positive als auch ungünstige Voraussetzungen für das nach gesellschaftlichem Rang und politischer Machtbefugnis höchste Amt im Königreich Bayern mit. Seine persönliche Entwicklung und sein Selbst- und Amtsverständnis waren in hohem Maße von den dynastischen Traditionen seiner Vorfahren, der bayerischen Könige, und von der höfischen Subkultur seines Elternhauses geprägt.
    Ludwig verfügte – und das war ein erstes Charakteristikum seiner Persönlichkeit – über eine außergewöhnliche Phantasiebegabung. Frühzeitig konzentrierte er seine Interessen nicht auf höfische Lustbarkeiten, sondern auf Literatur, Theater, Kunst und Architektur. Die gefühlsintensive romantischschwärmerische Verbindung mit seinem Günstling Richard Wagner prägte seine künstlerische, phantasiegetragene Vorstellungswelt in starkem Maße weiter.
    Von seiner Thronbesteigung an setzte er seine künstlerischen Ideen und seine neoabsolutistischen Fiktionen in ein majestätisches Bauprogramm um, das seine großartigste Ausgestaltung in den drei Schlössern Linderhof, Neuschwanstein und Herrenchiemsee erreichte. Er nahm persönlich gestaltenden Einfluss auf die pompös-historistischen Stilformen, auf Architektur, Ausgestaltung und Einrichtung. Jedes seiner Werke ist unter höchstem ästhetischem Anspruch errichtet, mit modernsten technischen Mitteln konstruiert und mit erlesenem Geschmack ausgestaltet und eingerichtet worden, auch wenn es modernem Stilempfinden nicht immer gerecht
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