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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht
Autoren: C.E. Lawrence
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nur ein Aufblitzen von Metall, dann erst erkannte er das Messer, das sich Kathys reglosem Körper näherte.
    In einem letzten verzweifelten Versuch kämpfte Lee gegen die drohende Bewusstlosigkeit an. Mit übermenschlicher Kraftanstrengung warf er sich gegen seine Fesseln, strampelte wie wahnsinnig, wand und schüttelte sich wie ein Besessener. Das Kreuz bewegte sich ein wenig, ein Dübel lockerte sich und rutschte aus der Wand. Mit neuem Mut holte Lee noch einmal tief Luft und legte dann all seine Kraft in den nächsten Ruck. Mit einem geräuschvollen Knirschen lösten sich die restlichen Dübel aus der Wand. Einen kurzen Moment lang schwankte das Kreuz in der Luft, dann kippte es nach vorne. Nelson glotzte für eine Schrecksekunde, als könnte er einfach nicht glauben, was da gerade geschah. Als er aus seiner Erstarrung erwachte, war es bereits zu spät, um noch auszuweichen. Das schwere Holzkreuz stürzte auf ihn herab.
    Das Letzte, was Lee noch wahrnahm, war, wie Nelson unter seinem Gewicht zusammenbrach.

KAPITEL 63

    Dunkelheit … mehr Dunkelheit … Hände, die ihn hochhoben … blendendes Licht … hastende Menschen überall … er öffnete die Augen und sah in Chuck Mortons Gesicht. Sie befanden sich in einem Krankenwagen, Lee lag auf einer Trage, und sein Freund hatte sich über ihn gebeugt.
    »Kathy …«, begann er, aber Chuck unterbrach ihn.
    »Sie lebt.«
    »Wo ist …«
    »Schon auf dem Weg ins Krankenhaus.«
    Ein Sanitäter füllte den Infusionsbeutel neben Lee. Der Krankenwagen stand hinter der Kirche, seine Türen waren noch geöffnet. Der Sanitäter machte keinen übermäßig besorgten Eindruck, woraus Lee schloss, dass es wohl nicht so schlimm um ihn stand.
    »Und Nelson? Ist er …?«
    Chuck schüttelte den Kopf. »Noch in der Kirche für tot erklärt worden. Du kannst froh sein, dass er deinen Sturz abgefangen hat. Du bist genau auf ihm drauf gelandet. Er hat sich das Genick gebrochen.«
    Statt erleichtert zu sein, empfand Lee eine tiefe Traurigkeit. So sollte ein Leben nicht enden, selbst wenn es ein schreckliches Leben gewesen war.
    »Wie habt ihr mich gefunden?«
    »Bei Dr. Azarian haben wir niemanden angetroffen, und auf dem Handy konnte ich dich nicht erreichen. Nach dem, was Detective Butts mir berichtet hat, mussten wir ja mit dem Schlimmsten rechnen. Da blieb uns nichts anderes übrig, als eins und eins zusammenzuzählen und die katholischen Kirchen der Umgebung abzuklappern. Zum Glück sind wir schnell fündig geworden«, sagte Chuck. »Ach, da fällt mir übrigens ein, ich muss dich von dem Fall abziehen. Du bist draußen.«
    Lee blickte zu seinem Freund auf, der über das ganze Gesicht grinste. »Machst du Witze?«
    »Anweisung der Dienstaufsichtsbehörde.«
    »Echt? Wann haben die das denn entschieden?«
    »Vor ungefähr drei Tagen.«
    » Was? Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
    Chuck zuckte mit den Schultern. »Hab ich wohl vergessen, aber jetzt hol ich es ja nach.«
    Lee lachte, spürte aber augenblicklich einen höllischen Schmerz in der Seite. Ihm fiel wieder ein, wie Nelson ihn mit dem Kreuz verwundet hatte.
    »War Nelson sofort tot?«
    »So gut wie.« Chuck wich Lees Blick aus.
    »Was soll das denn heißen, so gut wie ?«
    »Als wir ankamen, war er noch bei Bewusstsein.« Chuck zögerte einen Moment, stand dann auf und legte Lee eine Hand auf die Schulter. »Aber du ruhst dich jetzt besser aus.«
    »Du verschweigst mir doch etwas?«
    »Hör zu, es spielt keine Rolle«, begann Chuck. »Er hat ganz offensichtlich gelogen.«
    » Wobei denn, verdammt noch mal?«
    Chuck holte tief Luft. »Er hat behauptet, er wüsste, wer deine Schwester umgebracht hat. Aber das hat er bestimmt nur gesagt, um dir wehzutun.«
    Lees Herz begann zu rasen. »Wenn das gelogen war, wieso hat er es dann überhaupt erwähnt?«
    Chuck sah seinem Freund in die Augen. »Weil er genau wusste, dass du es von mir erfahren würdest.«
    »Hatte er denn überhaupt eine Ahnung, dass ich noch lebe?«
    »Wahrscheinlich hat er einfach gepokert. Du wurdest gerade auf die Trage geladen, als er es gesagt hat. Komm schon, Lee, denk doch mal nach. Woher sollte er das denn wissen?«
    »Du hast recht«, stimmte Lee zu, aber ein hässlicher, bohrender Zweifel blieb doch.

KAPITEL 64

    Zwei Wochen später stand Lee Campbell in seiner Wohnung am Fenster und blickte in den Tag hinaus. Draußen kämpften die ersten neuen Knospen gegen den frostigen März. Es hatte geregnet, aber nun war die Sonne durchgekommen und schien
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