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Göttin der Rosen

Göttin der Rosen

Titel: Göttin der Rosen
Autoren: P.C. Cast
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einer solchen Nacht in den Park zu wagen, vor allem nicht ein paar Stunden nach Mitternacht. Trotzdem schwieg sie, bis sie unter dem Felstor hindurch und auf die dritte Ebene der Gärten gelangt waren.
    Die Beleuchtung des Brunnens tauchte seine direkte Umgebung in ein wässriges, traumhaftes Licht, in das sich der dichte Nebel mischte.
    »Wie passend«, stellte Mikki leise fest.
    »Ja, das Licht erinnert an Traumbilder«, stimmte Sevillana zu. »Ein gutes Omen, Empousa.«
    »Hoffen wir es«, murmelte Mikki. Dann schaute sie zu dem leeren Sockel der Wächter-Statue hinüber. Seit dem schrecklichen Morgen, als man Mikki hier gefunden hatte, war sie nicht mehr dort gewesen. Sie ertrug es einfach nicht, und sie arbeitete auch nicht mehr als Freiwillige hier, sondern hatte um Beurlaubung gebeten, die ihr sofort gewährt worden war. Ihre Kollegen konnten nur zu gut verstehen, wie schwer es für sie sein musste, in die Gärten zurückzukehren, wo sie überfallen worden war und fast verblutet wäre. Natürlich verstanden sie es nicht wirklich. Wie denn auch? Sie würden die Wahrheit nie erfahren.
    »Mikado?« Sevillana berührte sanft ihren Arm.
    Mikki wandte dem Sockel den Rücken zu. »Du hast recht. Wir müssen uns beeilen. Ich wüsste nicht, wie wir unser Vorhaben erklären sollten, wenn man uns erwischt.«
    »Dann dürfen wir uns eben nicht erwischen lassen«, sagte die alte Frau mit fester Stimme.
    »Einverstanden. Machen wir uns an die Arbeit.«
    Mikki wählte einen Platz nahe am Brunnen. Dort öffnete sie ihre Tasche, und Sevillana half ihr, an den vier Elementar-Positionen des Kreises vier Kerzen aufzustellen: eine gelbe im Osten für Luft, eine rote im Süden für Feuer, eine blaue im Westen für Wasser und eine grüne im Norden für die Erde. Zum Schluss die violette Kerze für den Geist in die Mitte des Kreises. Dann holte Mikki aus der Tasche die lange, schmale Streichholzschachtel und das kleine scharfe Messer, das für gewöhnlich in ihrer Wohnung versteckt war, und legte beides neben die Geist-Kerze.
    Nun trat Mikki wieder aus dem Kreis heraus, nahm auch noch den letzten Gegenstand aus der Tasche und legte ihn in den Schatten neben den leeren Sockel. Rasch zog sie den Korken aus dem zarten Glasbehälter und tupfte eine großzügige Menge des parfümierten Öls auf ihre Pulspunkte am Hals, an den Handgelenken und Brüsten. Der Duft von Rosen und Gewürzen lag schwer in der feuchten Luft, und Mikkis Magen zog sich im Gedenken an ihr erstes Ritual aufgeregt zusammen.
    Es musste klappen, sie musste den Weg zurück finden.
    »Bist du bereit?«, fragte sie Sevillana.
    Die alte Frau nickte und zog zwei lange Haarnadeln aus ihrem eleganten französischen Knoten, so dass ihre silbernen Haare offen bis über die Taille herabfielen. Mit einer anmutigen Bewegung, die ihr Alter Lügen strafte, warf sie ihren langen Regenmantel ab, unter dem ein wunderschöner blasslilafarbener Seiden-Chiton zum Vorschein kam.
    Auch Mikki legte ihren Mantel ab und ignorierte die Kälte, denn auch sie trug nun nur noch einen tiefvioletten Chiton. Er war eine Schattierung dunkler als der von Sevillana, und wie es sich für ein Neumond-Ritual gehörte, ließ er eine Brust unbedeckt.
    »Eines muss man den Chitons lassen«, meinte Mikki. »Sie sind wirklich einfach herzustellen.«
    »Ich habe sie furchtbar vermisst.« Lächelnd sah Sevillana an sich herunter. Dann warf sie einen Blick zu Mikki und versank in einen tiefen Knicks. »Sollen wir fortfahren, Empousa?«
    »Unbedingt.«
    Zusammen gingen die beiden Frauen zur Mitte des Kreises, stellten sich zu beiden Seiten der lila Kerze und wandten sich nach Norden. Mikki nahm die Streichhölzer und merkte wieder einmal, wie sehr sie die Elementare vermisste, ganz besonders heute Nacht. Entschlossen schüttelte sie ihre Zweifel ab, ging zu der gelben Kerze und zündete das Streichholz an.
    »Wehender Wind, stark und allgegenwärtig, selbst in der Menschenwelt, ich rufe dich, Luft, als das erste Element, die Luft, in den heiligen Kreis.« Dann hielt sie das Streichholz an die Kerze, bis diese aufloderte. Ohne zuzulassen, dass sich in ihr die Sorge breitmachte, ob das Luft-Element sie tatsächlich gehört hatte und auf ihren Ruf reagieren würde, ging sie schnell weiter zu der roten Kerze. »Lodernde Kraft des reinigenden Feuers, tanzende Flamme des Lichts, auch in der Menschenwelt ist deine Macht groß und wahrhaftig. Ich rufe dich, Feuer, in den heiligen Kreis.« Als das Streichholz den Docht der
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