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Göttin der Rosen

Göttin der Rosen

Titel: Göttin der Rosen
Autoren: P.C. Cast
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auf deinen Instinkt, Mikado«, sagte die alte Frau und benutzte plötzlich das freundschaftliche Du. »Hör auf das, was er dir sagt.«
    »Er sagt mir, dass ich nicht hierhergehöre.«
    »Dann solltest du vielleicht tatsächlich nach Hause zurückkehren«, meinte Sevillana.
    »Weißt du denn, wie ich hinkomme?«, fragte Mikki, und auch sie akzeptierte die ältere Frau als Freundin.
    »Ich kann dir das Salböl geben, aber den Rest hast du bereits in dir. Du hast dich für das Reich der Rose geopfert, und du warst selbstlos genug, den Wächter zu lieben. Du warst das genaue Gegenteil der letzten Empousa, meine Liebe. Ich glaube, Hekate wird deinen Ruf hören und ihn honorieren.«
    »Aber wie …« Mikki hielt inne. Sie wusste, was sie tun musste. Sie musste ihrer Intuition gehorchen und ihrem Instinkt folgen. Rasch warf sie Sevillana einen Blick zu, die zustimmend nickte. Ich muss mich beruhigen und nachdenken. Ich bin Hekates Empousa. Es muss eine Möglichkeit für mich geben zurückzukehren. Auf einmal erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht. »Das ist es! Ich bin immer noch Empousa. Hekate hat gesagt, dass ich ihre Macht in mir trage – sie kann nicht völlig weg sein, nicht einmal hier. Ich meine, schau dich an! Du hast zweihundert Jahre gelebt, dabei bist du vor der Göttin weggelaufen!«
    »Du kannst bestimmt noch über ihre Macht verfügen«, erwiderte Sevillana. »Selbst in der Menschenwelt.« Damit griff die alte Frau in ihre Lederhandtasche und zog einen gläsernen Rosenstiel heraus, der genauso aussah wie der erste, den sie Mikki damals gegeben hatte. »Hier ist das Salböl von Hekates Empousa. Das ist der einzige Schritt des Beschwörungsrituals, bei dem ich dir helfen kann.«
    »Danke, Sevillana.« Mikki nahm den Glasbehälter und wickelte ihn vorsichtig in ein Taschentuch, ehe sie ihn in ihre Handtasche steckte.
    »Ich habe nur einen Wunsch, Empousa«, sagte die alte Frau. »Bitte bei Hekate um Vergebung für mich. Ich weiß, dass ich nicht ins Reich der Rose zurückkehren kann, aber ich bin müde und sehne mich nach der Erlaubnis, dieses Leben abzuschütteln und in den Elysischen Gefilden die Ewigkeit zu verbringen. Aber ohne Hekates Vergebung kann ich das nicht.«
    »Ich werde sie darum bitten. Warum tust du es eigentlich nicht selbst?«
    »Ich wollte, ich könnte, aber ich kann nicht zurück. In den langen, stillen Jahren hab ich es schon oft versucht. Die Göttin erhört mich nicht. Sie hat sich von mir abgewandt.«
    »Aber von mir hat Hekate sich nicht abgewandt!«, sagte Mikki, und plötzlich überflutete sie die Erkenntnis. »Warum bin ich wohl nicht in den Elysischen Gefilden? Ich bin doch gestorben. Ich hätte nicht in Tulsa aufwachen dürfen – es sei denn, es gibt einen verdammt guten Grund, weshalb Hekate mich hierher zurückkehren lassen wollte.« Auf einmal erinnerte sie sich und richtete sich kerzengerade auf. »Natürlich! Sie wusste, dass du hier bist. Ich habe ihr deinen Namen gesagt, als sie mich gefragt hat, wie mir ›zufällig‹ das Salböl der Empousa in die Hände gefallen ist. Jetzt erinnere ich mich wieder genau an ihren Gesichtsausdruck – sie wusste es schon damals.«
    »Und die Statue des Wächters – die Göttin hat sie hier aufbauen lassen, damit ich sie finde und damit ich dich finde«, sagte Sevillana mit tränenerstickter Stimme.
    »Hekate wollte, dass ich zurückkomme, um dich zu treffen.« Mikki nahm die zitternden Hände der alten Frau in ihre. »Hekate hat dir längst vergeben, Sevillana.«
    »Oh, Liebes, wenn das doch nur wahr wäre …«
    »Lass es uns herausfinden. Heute haben wir Neumond. Komm mit mir in die Rosengärten, stell dich mit mir in den heiligen Kreis. Lass uns versuchen, nach Hause zu gehen, Sevillana.«

    Mikki war froh, dass es regnete. Es war kalt und unangenehm, aber auch so dunkel, dass selbst die Lampen in Woodward Park nur winzige schimmernde Lichtflecken verbreiteten. Für jemanden, der sich auskannte, war es einfach, sie zu umgehen. Und Mikki kannte den Park sehr gut.
    Mit der einen Hand umklammerte sie ihre Tasche, mit der anderen Sevillanas Hand, und so führte sie die alte Frau durch die Dunkelheit. Sie redeten nicht, aber das war auch nicht nötig. Allerdings sprach Mikki im Kopf eine Art Live-Kommentar, in dem sie immer wieder betete, dass sich niemand im Park oder in den Gärten aufhielt. Als sie die Grenze zwischen dem Park und den Gärten erreichten, hatte sie sich ein wenig entspannt. Offenbar war niemand so verrückt, sich in
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