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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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Sergio
Marios Boot zerschlagen. Und dann war Krieg. Sergio
hat Mario die Braut ausgespannt … Und nun hat er
ihn umgebracht.«
Cecilia merkte, dass jemand die Haustür öffnete. »Ist er das?«, fragte Francesca.
»Ich denke.«
Rossi musste die Stimme der Besucherin gehört haben, denn er kam ins Speisezimmer, ohne den Mantel
auszuziehen. Seine Stiefel hinterließen matschige Rillen auf dem Dielenboden, die mit dem Ruß zu
schwarzwässrigen Pfützen zusammenliefen. »Du?«,
fragte er. Es klang weder erfreut noch verärgert. Eher
begriffsstutzig.
Du?
Francesca wich dem Blick des Richters so wenig aus
wie er dem ihren. Cecilia sah, wie sie die blassen,
bläulichen Lippen aufeinanderpresste. Die Narbe in
ihrem Gesicht spannte sich, und ihre Augen wurden
lebendig. Sogar die Starre des Körpers ließ nach, als gäbe es plötzlich etwas Stärkeres als ihre Trauer. Und
das war … Leidenschaft?
Warum Du?
Herausfordernd lehnte die Besucherin sich zurück.
Eine stolze Geste von Frau zu Mann.
Du also. Cecilia blickte peinlich berührt zur Seite.
Sie hatte nie darüber nachgedacht, dass es in Rossis
Leben irgendwelche Liebschaften gegeben haben
könnte. Aber die Blicke, die die beiden miteinander
tauschten, waren von solcher Intimität, dass man sie
kaum anders deuten konnte.
»Was ist denn los?«, fragte Rossi und zog sich einen
Stuhl heran. Er warf seinen Mantel über die Lehne
und setzte sich. Es war auffällig, dass er seinen Platz
möglichst weit entfernt von der Besucherin gewählt
hatte.
»Sergio Feretti hat meinen Bruder umgebracht.« Das war das Letzte, was Cecilia hörte, bevor sie den
Raum verließ. Enzo Rossi war mit ihrer Cousine Grazia verheiratet gewesen. Und selbst wenn er die Affäre
mit Francesca erst nach deren Tod begonnen haben
sollte – mit diesem liederlichen Kapitel in seinem Leben wollte sie nichts zu tun haben!

2. Kapitel
    S ehr viel zu tun verschaffte ihr allerdings die Rußkatastrophe. Sofia mit den gichtigen Gliedern und dem maiskorngroßen Verstand war für eine umfassende Reinigungsaktion nicht zu gebrauchen. Also schickte Cecilia gleich am nächsten Morgen die Köchin Anita in die Via Fiesolana, um fragen zu lassen, ob ihre Tante und ihre Cousine bereit wären, das Haus zu putzen. Anschließend machte sie einen Rundgang durch den Palazzo, um den Umfang des Schadens zu begutachten.
    Im Keller, der wegen der Hanglage Fenster zu den Olivenhainen besaß, befand sich die Küche. Cecilia fuhr mit den Fingern über die gescheuerten Töpfe, die an den Eisenhaken von der Decke hingen, und blickte auf schwarze Fingerkuppen. Hier würde in jedem Fall sauber gemacht werden müssen.
    Anschließend begutachtete sie Dinas Zimmer, das noch hinter der Küche lag.
Rossis Tochter war ein Wildfang, und sie hatte das übliche Durcheinander hinterlassen. Kleider lagen auf dem Boden verstreut, neben dem Bett hing ein aus buntem Papier und Lumpen zusammengeschusterter chinesischer Drachen, und in einer Vase auf der Kommode standen selbst geschnitzte Pfeile, die eine Horde Kastaniensoldaten das Fürchten lehren sollten. Auf dem Bett thronte ihre Lieblingspuppe mit den blonden Haaren. Von dem Mädchen selbst war allerdings keine Spur zu entdecken, was Cecilia nicht wunderte, denn Dina besaß einen enormen Freiheitsdrang.
Kopfschüttelnd hob sie ein Buch mit französischen Gedichten auf, das das Kind wohl absichtlich zwischen Kommode und Bett geschoben hatte. Nein, mein Engel, dachte sie. Auf die kurze Kinderzeit folgt ein langes Frauenleben. Und das hat viel mit französischen Reimen zu tun. Dieser Kampf wird also ausgefochten werden. Obwohl – oder gerade weil – es deinen Papà nicht kümmert, was du hier treibst.
Cecilia strich über eine Stuhllehne und schaute wieder auf ihre Fingerspitzen. Der Ruß schien diesen Raum glücklicherweise verschont zu haben.
Die Zimmer im Obergeschoss hatten ebenfalls kaum etwas abbekommen, wohl weil sie nicht an den Schlot angeschlossen waren. Speisezimmer und Bibliothek würde man allerdings mit viel Wasser und Lauge reinigen müssen, und die schöne, grüne Samttapete im Speisezimmer war unwiederbringlich ruiniert.
Leider hatte Cecilia keine genaue Vorstellung davon, wie es im Geldbeutel des Hausherrn aussah. Sie führte ein Haushaltsbuch, das sie ihm regelmäßig vorlegte, aber er überflog es so gelangweilt, als wären die Zahlen das Ergebnis einer kindlichen Rechenübung, und gab nie einen Kommentar dazu ab. Er hatte schlicht keine Lust, sich mit Geldangelegenheiten zu
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