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Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Titel: Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
Autoren: St John Greene
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mich wohl in ihrer Gesellschaft und kam gut zurecht mit ihrer Art, Tacheles zu reden. Unser unerwartet tiefgehendes Gespräch hatte mir außerdem geholfen, mehr Klarheit über mich selbst zu gewinnen.
    »Sollen wir das mal wiederholen?«, fragte ich sie in der Hoffnung, sie nicht vergrault zu haben.
    »Das würde ich gern«, sagte sie mit einem aufrichtigen Lächeln. Beim Abschied versprachen wir einen Tag auszumachen, an dem wir mit dem Boot rausfahren oder bei gutem Wetter einen Spaziergang am Strand machen konnten.
    In den nächsten Wochen wurde ich förmlich von häuslichen Aufgaben überschwemmt. Während die Bauarbeiter letzte Hand an das Haus anlegten, verbrachte ich all meine freie Zeit damit, die Innengestaltung zu organisieren, Regale und Bilder aufzuhängen, Möbel aufzustellen und Teppiche auszulegen.
    Ich telefonierte an den Abenden ein paar Mal mit Ali und freute mich, von ihren Abenteuern mit ihren Kindern und von ihrem prall gefüllten Leben zu hören. Sie war auch sonst vollauf beschäftigt, daher waren wir noch nicht dazu gekommen, ein weiteres Treffen zu vereinbaren.
    »Hören Sie, warum kommen Sie nicht einfach irgendwann mal abends nach der Arbeit auf eine Tasse Tee vorbei«, schlug ich vor. »Ich könnte Ihnen das Haus zeigen, Sie lernen die Jungs kennen, und wir können uns austauschen.«
    »Das klingt großartig, danke«, sagte sie. »Ich weiß noch nicht, wann der beste Abend ist, aber ich schicke Ihnen eine SMS .«
    Das war letzte Woche. Ich blätterte eine andere Seite in meinem Tagebuch auf und las unter dem Datum des heutigen Tages die Worte »Esszimmertisch kommt!!!«. Es war das letzte große Puzzleteil, das noch ins Haus eingefügt werden musste, entsprechend freute ich mich auf seine Ankunft. Ich hatte mich für einen massiven soliden Eichentisch für sechs Personen mit passenden Stühlen entschieden, genau so einen, wie Kate ihn mir in einer Zeitschrift gezeigt hatte.
    »So einen Tisch hätte ich gern«, meinte Kate damals träumerisch. »Er soll das Herzstück unseres Hauses sein. Ich möchte, dass wir daran so oft wie möglich als Familie essen.«
    Ihre Worte hatten mich gefreut, denn sie rührten an mein Herz und erfüllten mich mit Liebe. Sie war noch immer meine Surfermieze und meine kleine Meerjungfrau, aber sie war auch die fantastische Mutter meiner Kinder. Eine gute Mum zu sein und für ein glückliches Zuhause zu sorgen bedeutete Kate unheimlich viel, in dieser Hinsicht orientierte sie sich an ganz grundlegenden altmodischen Werten. Sie bewunderte mich auch. Und ich schätzte mich überaus glücklich, mich im Zentrum ihrer Welt zu befinden, der Mann zu sein, von dem sie sich wünschte, dass er am Kopfende ihres Tisches saß.
    »Bin sehr für einen Esstisch, an dem ihr wenigstens einmal in der Woche als Familie zusammen essen könnt«, sagte Kate leise, als sie diesen Punkt ihrer Liste hinzufügte.
    Und ihre Worte rührten mich zutiefst.
    »Das lässt sich machen, kein Problem«, beruhigte ich sie.
    Es war ein so schlichter Wunsch, einer, von dem ich gehofft hatte, wir könnten ihn uns gemeinsam erfüllen. Kate lag im Bett, doch ich verrückte im Geiste bereits die Möbel im alten Wintergarten, um Platz für einen provisorischen Tisch zu schaffen, ehe wir ein richtiges Esszimmer anbauen konnten. Ich versuchte mir Kate vorzustellen, wie sie ohne Sauerstoffgerät atmete und eine hausgemachte Lasagne servierte, uns aufforderte reinzuhauen und die Jungs erinnerte, Messer und Gabeln richtig zu benutzen. Dazu kam es natürlich nicht. Kate fühlte sich nie mehr wohl genug, um eine anständige Mahlzeit essen, geschweige denn kochen und mit mir, Reef und Finn um einen Esstisch sitzen zu können.
    Als am späteren Vormittag der neue Tisch endlich von seiner Verpackung befreit an seinem Platz stand, bestaunte ich ihn geradezu ehrfürchtig. Er sah umwerfend aus. Sonnenlicht fiel durch die Fenster des Anbaus und ließ die Eiche glitzern wie warmen Sand. Eingerahmt vom blubbernden Aquarium auf der einen und dem glitzernden Kieselsteingranit auf der anderen Seite, hätte der Tisch nicht besser passen können.
    Nach der Schule kochte ich für mich und die Jungs Spaghetti bolognese und freute mich schon auf den Moment, wo wir uns alle hinsetzen und gemeinsam essen würden. Wie vorherzusehen, waren Reef und Finn von dem Tisch weitaus weniger beeindruckt als von ihrem Geheimdurchgang, dem Spielzimmer oder dem Aquarium.
    »Können wir beim Essen nicht fernsehen?«, quengelte Finn, als ich den
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