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Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Titel: Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
Autoren: St John Greene
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Muttertag auf Anfang April fiel. Nachdem die Jungs im letzten Jahr Karten für ihre Omis gebastelt hatten, schienen sie dieses Jahr keine Probleme zu haben, dies wieder zu tun, während die anderen Kinder an ihre Mütter schrieben. Beim zweiten Mal war definitiv alles leichter, und ich wusste, dass es im nächsten Jahr noch leichter sein würde.
    Das Wetter wurde mit jedem Tag besser, deshalb dachte ich, dass dies ein guter Zeitpunkt wäre, ein paar Sonnenblumensamen einzupflanzen, obwohl die Bauarbeiter inzwischen den alten Wintergarten abgebrochen und den hinteren Garten mit Maschinen und Baumaterial belegt hatten. Außer den Samen, die uns Bekannte in den Briefkasten gesteckt hatten, hatten wir per Post auch mehrere Päckchen von Fremden erhalten, die von Kate erfahren und uns irgendwie ausfindig gemacht hatten. Ich wollte sie einpflanzen, solange sie frisch waren und der Frühling bevorstand.
    »Pflanz hin und wieder eine Sonnenblume«, hatte Kate gebeten. Eine typische Kate-Bitte, bei der ich jedes Mal lächeln musste, wenn ich sie auf ihrer Liste las. Ich brachte die Jungs dazu, mir zu helfen, ein paar Sonnenblumensamen in kleine Töpfe zu stecken, die wir an die sonnigsten Plätze rund ums Haus und im Vorgarten stellten. Dann, an einem strahlenden Nachmittag, radelten wir hoch zum Friedhof und pflanzten auch ein paar um Kates Grab. Zudem verstreuten wir ein paar Samen für vierblättrige Kleeblätter, die in einem Päckchen mit der Aufschrift »Bau dein Glück an« steckten, um den Grabstein, indem wir erst den Boden mit einem Stück gebleichter Koralle auflockerten und die Samen dann wieder mit Erde bedeckten.
    »Ich hoffe, sie werden groß«, sagte Finn. »Das würde Mummy gefallen.«
    »Ich auch. Aber sei nicht traurig, falls es nicht klappt. Sie lassen sich nicht so leicht ziehen, aber wir tun unser Bestes.«
    »Okay«, erwiderte Finn. »Mehr können wir nicht tun, oder, Daddy?«
    Zu vielen Gelegenheiten, etwa wenn wir mit dem Hund am Fluss hinter dem Haus entlangspazierten, hatte ich erwähnt, dass Mummy hier vierblättrige Kleeblätter zu entdecken pflegte, aber sie suchten nie richtig ernsthaft und wir hatten nie Glück. Doch ich quälte mich deshalb nicht, denn wenigstens haben wir es versucht, und mehr kann man nicht tun, wie ich den Jungs immer wieder erklärte. Finn hatte sich diese Formulierung zu eigen gemacht, und ich war sehr froh darüber.
    Ich überflog meine Tagebucheinträge für den Rest des Aprils und dann für Mai und Juni. Über Ostern hatte ich mit den Jungs wieder einen Wohnwagenurlaub mit meinem Dad und meiner Stiefmutter gemacht, und zu Hause verbrachten wir tolle Tage draußen auf dem Boot und beim Jetskifahren mit den Jungs am Steuer. Reef erreichte auf der 4 Saints neunzig Stundenkilometer und hielt sich für den Größten. Er und Finn genossen es, ihre kleinen Freundinnen aus der Schule mit aufs Wasser zu nehmen und mit ihren Fähigkeiten zu prahlen.
    Das war so ziemlich das Aufregendste in dieser Zeit, denn trotz des Durcheinanders im Haus wegen der Umbauarbeiten erlebten wir die ruhigsten und normalsten Monate seit Kates Tod. Ich hatte viel Arbeit und verbrachte viel Zeit in der Schule, aber das war der ganz normale Alltag. Abgesehen von diesem Buch, an dem ich schrieb, verloren sich allmählich die mit Kate verbundenen Ereignisse, womit ich gut klarkam. Dass weit weg vom unvermeidlichen Zeremoniell und den Nachwirkungen des Todes wieder mehr Regelmäßigkeit in unser Leben einkehrte, konnte nur förderlich sein.
    »Wie läuft es denn?«, erkundigte sich die hübsche blonde Frau im Lebensmittelladen eines Tages und strahlte mich dabei an.
    »Wenn ich Sie sehe, bestens«, erwiderte ich keck. Mir fiel auf, dass ihre Wangen ein wenig rosiger wurden und sich in ihre grünen Augen ein schelmisches Funkeln schlich. Ich bin ein »Augen«-Mensch und achte immer zuerst auf die Augen. Ihre waren wunderschön. Das Geplänkel zwischen uns ging schon ein paar Monate, und ich freute mich jedes Mal, ihr zu begegnen, wenn ich meine Einkäufe machte.
    »Sie müssen wohl immer flirten, Singe?«, sagte sie lachend.
    »Ja, ich kann nicht anders«, erwiderte ich und ergänzte ganz spontan: »Sie bringen mich zum Flirten.«
    Jetzt war sie knallrot, und ich spürte, dass auch ich ein wenig rot wurde.
    »Wenn das so ist, dann werden wir mit Begegnungen wie diesen aufhören müssen!«, kicherte sie und packte dabei Brot und Milch in die Tragetasche.
    »Werden wir«, erwiderte ich. »Wir sollten
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