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Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken

Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken

Titel: Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
Autoren: Katie Kacvinsky
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7. Mai 2060
    An meinem siebzehnten Geburtstag schenkte meine Mutter mir ein altes, in Leder gebundenes Tagebuch. Zuerst überraschten mich die leeren Seiten, als sei die Geschichte darin verloren gegangen oder habe sich davongestohlen. Mom erklärte mir, dass die Geschichte absichtlich fehlt, weil sie noch darauf wartet, geschrieben zu werden. Nur meine Mutter würde auf die Idee kommen, mir etwas aus der Vergangenheit zu schenken, um es in der Zukunft zu benutzen. Heute werden Bücher aus Papier nicht mehr hergestellt: Bäume zu fällen ist verboten. In manchen Ecken der Welt stehen noch welche, aber ich habe nie einen gesehen. Die meisten Großstädte haben sich stattdessen für Kunstpflanzen entschieden und den Leuten ist es auch lieber so. Einen Kunstbaum kann man sich in beliebiger Größe liefern lassen und man muss nicht erst fünfzehn Jahre warten, damit er wächst. Man sucht sich in einem Onlineshop das passende Modell aus, und ein paar Tage später hat man einen perfekten Baum im Garten stehen, der fest einzementiert und mit Stahlstreben verankert ist. Schnell, einfach, problemlos.
    Kunstbäume sterben nicht, sie bekommen im Herbst auch nicht dieses kränkliche Aussehen und man muss keine nervigen Blätter- und Nadelhaufen zusammenfegen. Sie sind feuerfest. Sie verursachen keinen Heuschnupfen. Sie sind immer perfekt grün (forevergreen.com hat die beste Qualität, sagt meine Mutter). Zwar können die Blätter auf Dauer ein bisschen blass werden, wenn sie zu viel Sonne abbekommen, aber dann muss man sie nur neu lackieren. Zu Halloween sprühen viele Leute ihre Bäume gelb, orange und rot an. So haben sich früher die Blätter gefärbt, bevor sie runtergefallen sind. Meine Mutter kann sich aus ihrer Kindheit noch daran erinnern, wie Herbstlaubaussah. Sie sagt, es war die schönste Zeit des Jahres. Schwer vorstellbar, dass etwas schöner werden kann, weil es stirbt. Aber ich habe sowieso Probleme, mir das meiste vorzustellen, was laut meiner Mutter früher normal war.
    Als immer mehr Bäume durch Waldbrände und Rodungen starben, waren Bücher das Erste, was verboten wurde, um die Bäume zu schützen. Heutzutage lädt man sich alles digital herunter. Man bestellt ein Buch und in Sekundenschnelle hat man es auf der Festplatte seiner Bookbag. Dann lasse ich es mit Zipfeed umwandeln, damit es mir laut vorgelesen wird. Praktischer geht es kaum. Natürlich habe ich auch gelernt, selbst zu lesen. Das gehört zum Unterrichtsstoff in der Digital School 2. Die Chatnachrichten auf meinem Handy lese ich zum Beispiel. Aber die Wissenschaft hat herausgefunden, dass Audioinformationen schneller verarbeitet und gelernt werden. Zumindest haben ein paar Professoren das bei Ratten festgestellt. Sie haben mit Nagern experimentiert und daraus abgeleitet, wie man Menschen am besten etwas beibringen kann. Weil diese Theorie so schön medienwirksam war, sind die Politiker darauf angesprungen. So kam es zu einer Gesetzesänderung, die unsere Welt verwandelte. Und das ist der Grund, warum ich meine Bücher höre, statt sie zu lesen.
    Allerdings besteht meine Mutter darauf, dass ich ab und zu meine Augen anstrenge. Sie hat all ihre alten Romane aufbewahrt und hinter Glas in hölzernen Spezialmöbeln stehen, die man Bücherschränke nennt. Jedes Jahr schenkt sie mir ein paar Bücher, die sie besonders gern mag. In meinem Schlafzimmer habe ich eine wachsende Sammlung. Irgendwie gefällt mir der Anblick. Und ich muss zugeben, dass es mir auch gefällt, in den Welten zwischen ihren bunten Einbänden zu verschwinden. Beim Lesen fühlt es sich so an, als wäre ich ganz und gar bei der Sache, statt nur meine Ohren oder Augen zu benutzen. Ich finde es zwar ein bisschen übertrieben, sie hinter Glas wegzusperren, aber Mom sagt, durch Luftkontakt vergilbt das Papier. Ähnlich wie die Blätter der Bäume, die in unserer Welt nicht überleben konnten. Tja, wenn man sich nicht anpassen kann, verliert man eben. Das habe ich schon in der Digital School 3 gelernt.
    Also könnt ihr euch wahrscheinlich vorstellen, wie überrascht ich war, als Mom mir ein leeres Buch gab. Bedrucktes Papier ist schon selten genug,aber ein Buch ohne Text … Was für eine Verschwendung. Kein Wunder, dass wir die Bäume ausgerottet haben. Und ich soll darauf schreiben. Mit der Hand. Kaum zu glauben, wie langsam das geht! Wenn ich Leute in alten Filmen mit der Hand schreiben sehen, muss ich immer lachen. So was gibt es schon seit zwanzig Jahren nicht mehr. In der Schule
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