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Geheimnis des Verlangens

Geheimnis des Verlangens

Titel: Geheimnis des Verlangens
Autoren: Johanna Lindsey
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Eintönigkeit zu verbergen. Und da die tatsächliche Erschöpfung nicht ganz ausreichte, um ihr Gesicht hager und ausgezehrt erscheinen zu lassen, half sie mit etwas Theaterschminke nach.
    Sie war aus der Taverne nicht mehr wegzudenken — manchmal bediente sie, während April tanzte, weil Aggie es allein nicht schaffte, und manchmal half sie hinter dem Tresen aus, wenn Jeremiah mal wieder nicht zur Arbeit erschienen war. Sie war allgegenwärtig, bereit, überall einzuspringen, wo gerade Not am Mann war — selbst wenn es darum ging, eine Rauferei zu schlichten. Sie, ein Mädchen von nicht einmal fünfeinhalb Fuß, mit streng zurückgekämmtem und im Nacken zusammengebundenem Haar, bekleidet mit einem derben schwarzen Rock, der schmucklos und glatt an ihr herunterhing, und einem von Dobbs' altersgrauen Hemden, das ihr bis zu den Knien reichte. Seit Dobbs krank zu Bett lag, trug sie über dem Hemd einen Gürtel mit einem gefährlich wirkenden Messer um die Hüften. Seine Klinge war um einiges länger als die der anderen Waffe, die sie in ihrem rechten Stiefel trug, solange sie sich erinnern konnte.
    Beide Messer hatte sie in der vergangenen Nacht ins Spiel gebracht, und die kreisenden Klingen hatten die beiden Widersacher erfolgreich voneinander getrennt. Anschließend musste sie kein einziges Wort mehr verlieren. Der Sohn des Plantagenbesitzers war ein Stammgast und wusste nur allzugut, dass sie nur nach ihren Waffen griff, wenn sie auch bereit war, sie zu gebrauchen. Er entschuldigte sich für den Zwischenfall und setzte sich wieder. Der Seemann, der an diesem Abend zum erstenmal die Haremstaverne besuchte, war zu überrascht, um noch mehr Scherereien zu machen. Jeremiah, der zwar ein wenig spät auf dem Schauplatz erschienen, aber dennoch sehr nützlich war, eskortierte ihn zur Tür.
    Aber trotz der scheinbaren Mühelosigkeit, mit der sie der Rauferei ein Ende gemacht hatte, blieben ihre Nerven für den Rest des Abends aufs äußerste gespannt. Deshalb war sie sofort zu Bett gegangen, nachdem sie hinter dem letzten Gast die Tür geschlossen hatte.
    Sie konnte mit Gewalt viel besser fertig werden, wenn sie selbst das Opfer war und nicht diejenige, die anderen etwas antat, denn die Rolle des Opfers war ihr ein Leben lang vertraut gewesen. Es widerstrebte ihr, selbst handgreiflich zu werden; trotzdem zögerte sie nicht, zu diesem Mittel zu greifen, wenn es nötig war, und in der Vergangenheit war es eben manchmal nötig gewesen, ganz besonders im letzten halben Jahr, seit Dobbs das Bett hüten musste .
    Trotz all ihrer Bemühungen, den Kunden des Harem möglichst unattraktiv zu erscheinen, kam es ab und zu vor, dass ein Gast so betrunken war, dass er nicht mehr richtig sehen konnte. Schon der Anblick ihres Rockes genügte in solchen Fällen, um eine n Mann auf die Idee zu bringen, in ihr eine willige Bettgenossin gefunden zu haben. Sie versuchten dann unweigerlich, Tanya zu betatschen oder zu zwicken, wurden aber schnell eines besseren belehrt. Mit einem scharfen Wort oder einer wohlplazierten Ohrfeige setzte Tanya ihren Annäherungsversuchen ein rasches Ende. War ein Mann erst einmal so betrunken, dass er sie nur noch verschwommen sehen konnte, dann war er auch betrunken genug, dass sie mit ihm fertig werden konnte. Viel ernster war es, wenn die Männer nicht ganz so betrunken waren und versuchten, sie außerhalb des Schankraums zu erwischen. Manchmal lauerten sie ihr in der Vorratskammer oder in der Küche auf, oder sie versuchten, sie draußen abzufangen, wenn sie zu den Ställen hinterm Haus gehen musste ; einmal war ihr sogar jemand bis in ihr Zimmer nachgeschlichen. Aber all diese Männer kannten Tanya auch schon lange genug, um sich nicht von ihrer zur Schau gestellten Hässlichkeit hinters Licht führen zu lassen. Und seit Dobbs' Krankheit glaubten sie nun, leichtes Spiel mit ihr zu haben.
    Wenigstens in einer Hinsicht hatte sie von Dobbs profitiert, solange er gesund und kräftig gewesen war: Er war ein gewaltiges Hindernis für jeden gewesen, der Hand an sie legen wollte. Einmal hätte er fast einen seiner Freunde zu Tode geprügelt, weil dieser versucht hatte, sie zu küssen. Solche Nachrichten verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Allerdings hatte er weder damals noch bei anderen Gelegenheiten an Tanyas Tugend gedacht. Lediglich sein brennender Haß auf alles, was nach Hurerei aussah, bewirkte, dass er nichts dergleichen unter seinem Dach duldete. Wenn Aggie oder April ihre Gäste auf diese Art und Weise
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