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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf
Autoren: Adam Frank
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Einleitung
    Tagebücher haben oft ein seltsames Schicksal. Der bekannte Historiker und Soziologe C. Northcote Parkinson beschreibt, wie die Aufzeichnungen des britischen Leutnants Samuel Walters aus den Jahren 1805-1810 bei dem Abbruch alter Holzhäuser 1918 in New Orleans von einem farbigen Arbeiter gefunden wurden. Schiffszeichnungen in dem alten Heft weckten sein Interesse.
    Sein Sohn, Butler eines Managers, wußte, daß sein Arbeitgeber mit einem englischen Seeoffizier befreundet war, und so wanderte das Heft in die Hände des Engländers, der nach seiner Pensionierung schließlich 1947 in Professor Parkinson den Mann fand, der die Erinnerungen des Samuel Walters fast anderthalb Jahrhunderte nach ihrer Niederschrift herausgab. (C.N. Parkinson (Hrsg.): Samuel Walters, Lieutenant, R.N. Liverpool: University Press 1949)
    So weite und verschlungene Wege haben die Aufzeichnungen nicht zurückgelegt, die mir eines Tages angeboten wurden. Es waren Tagebücher und unregelmäßige Aufzeichnungen eines David Winter, der 1831 betagt auf seinem Landgut in der Nähe von Bremerhaven starb.
    Wie das heute so ist, wurde das Gutshaus zum Landhaus reicher Städter umgebaut, das Ackerland bis auf einen kleinen Rest verkauft: Bei dieser Renovierung war hinter einer schwer zugänglichen Ecke des Speichers eine alte Kiste im Wege, die ein Teleskop, eine verrottete Uniformjacke und – eingehüllt in Ölpapier – einige steif eingebundene Hefte enthielt.
    Daß sie an mich gelangten, mag an meinem bekannten marinehistorischen Interesse gelegen haben. Wer sie mir verkaufte, will ich lieber nicht preisgeben, denn ob die Eigentumsfrage überhaupt zu klären ist, erscheint mir fraglich, aber ich habe Zweifel, ob der Verkäufer sein Recht beweisen könnte. Wie dem auch sei: Meine Neugier siegte über Skrupel, und die Aufzeichnungen haben mich nicht enttäuscht.
    Sir David Winter, Ritter des Bath-Ordens, hat eine faszinierende Laufbahn in der großen Zeit der englischen Flotte von 1774 bis 1819 erlebt und ist erst um 1824 in seine alte Heimat zurückgekehrt. Das Schicksal hatte ihn in etwa fünfzig Jahren voller Kämpfe und Abenteuer in fast alle Meere dieser Welt verschlagen. Was er mit wachen Sinnen, gesundem Menschenverstand und mitfühlendem Herzen erlebt hatte, erschien mir mitteilenswert.
    Doch die Aufzeichnungen in der trockenen seemännischen ›Kurzsprache‹ dieser Zeit hätten nur den Marinehistoriker interessiert. So habe ich begonnen, die Erlebnisse des David Winter aus Stade auf meine Art nachzuerzählen. Viele historische Details, die Sir David nur andeutete, konnte ich aus zeitgenössischen Quellen ergänzen. Hier habe ich mich um größtmögliche Exaktheit bemüht, zum einen, weil die Erlebnisse dieses Mannes unter Wert verschleudert würden, reduzierte man sie auf Spannung und Action, zum anderen aber auch, weil der historisch interessierte Leser meinen eigenen Wünschen entspricht.
    Spannende Erlebnisse brauchte ich nicht zu erfinden, denn die Zeit bot mehr an, als in Romanen unterzubringen sind. Aber in Handlungen und Charakteren der Personen habe ich mir jene Freiheiten genommen, die dem Erzähler zustehen.
    Auf Fachausdrücke aus der Welt der Segelkriegsschiffe und dem Leben dieser Zeit konnte nicht ganz verzichtet werden. Ein Glossar am Ende des Buches kann das Verständnis erleichtern. Im Anschluß an die Einleitung findet der interessierte Leser auch Hinweise auf historische Literatur, falls er sich intensiver mit dieser Zeit beschäftigen möchte.
    Ich hoffe, daß ich dem Leser etwas von dem Staunen und der Spannung vermitteln kann, die sich bei mir einstellten, als sich meine Phantasie durch die Aufzeichnungen des David Winter fesseln und anregen ließ.
    Frank Adam

 
Hinweise für den marinehistorisch interessierten Leser
    Wer sich über die geschichtlichen Hintergründe, die Schiffe dieser Zeit, das Leben der Besatzungen, die Waffen und vieles andere mehr orientieren will, kann das am einfachsten in dem Taschenbuch
    Adam, F.: Hornblower, Bolitho und Co. – Krieg unter Segeln in Roman und Geschichte. Frankfurt: Ullstein 1992
    Ausführlicher und reichhaltiger illustriert ist das neue Standardwerk:
    Lavery, B.: Nelson's Navy. The Ships, Men and Organisation 1793-1815. London: Conway 1989
    Über die Seemannschaft dieser Zeit orientiert am besten:
    Harland, J.: Seamanship in the Age of Sail. London: Conway 1984
    Viele Informationen kann man auch alten nautischen Wörterbüchern entnehmen. Ich habe mich bei
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