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Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Titel: Blutsverwandte: Thriller (German Edition)
Autoren: Jan Burke
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1. KAPITEL
     
    DIENSTAG, 9. MAI, 08:07 UHR FLETCHER GRAFIKDESIGN, LAS PIERNAS
     
    Cleo Smith schwor auf Gründlichkeit, besonders dann, wenn sie ungestraft mit Mord davonkommen wollte. Und deshalb stand sie jetzt – von Plastiküberschuhen und dünnen Gummihandschuhen abgesehen – splitternackt im Büro des Mannes, den sie soeben umgebracht hatte.
    Gelassen sammelte sie die Kleidung auf, die sie bei der Tat getragen hatte, und steckte sie zusammen mit der Trophäe, die ihr als Waffe gedient hatte, in eine Plastiktüte. Die Trophäe war ein schweres, etwa fünfundzwanzig Zentimeter hohes gekrümmtes Metallobjekt – eine Auszeichnung, die Cleos Opfer Richard Fletcher für seine erstklassigen Leistungen als Grafiker erhalten hatte.
    Eine zweite Tüte enthielt die Spritze, die sie ganz zu Anfang der Prozedur benutzt hatte. Dort hinein steckte sie die Handschuhe.
    Dann legte sie beide Tüten in eine große Reisetasche aus Segeltuch, kehrte mit der Tasche in den Atelierbereich zurück und bewunderte die in dem großen, offenen Raum gerade im Entstehen begriffenen Arbeiten, jedoch ohne sie zu berühren. Rasch ging sie an den Fenstern vorbei (an denen zu dieser Stunde noch die Jalousien geschlossen waren) zum Badezimmer im hinteren Teil des Ateliers.
    Richard hatte alles in diesen Büro- und Atelierräumen selbst entworfen, das komplett ausgestattete Badezimmer mit dem Umkleidebereich eingeschlossen. Er hatte einen Raum gebraucht, in dem er sich waschen und umziehen konnte, bevor er Kunden traf oder abends den Nachhauseweg antrat. Dies kam auch Cleos Bedürfnissen sehr entgegen. Sie nahm Seife, Shampoo und Handtücher, die sie selbst mitgebracht hatte, aus der Reisetasche und trat in die Dusche. Dort streifte sie die Überschuhe ab und steckte sie in die Plastiktüte zu den Handschuhen und der Spritze. Sie stellte das Wasser an, ohne sich von dessen anfänglicher Kälte erschrecken zu lassen, und begann die unvermeidlichen biologischen Ablagerungen wegzuwaschen, die die von ihr gewählte Mordmethode mit sich brachte. Bald wurde das Wasser warm, und sie lehnte sich gegen den harten Strahl.
    Sie hatte keine Angst vor Störungen. Richard war ein in vieler Hinsicht freier Geist gewesen, doch seine Tage folgten einer festen, selbst bestimmten Routine. Für die ersten drei Stunden eines Arbeitstags machte er nie irgendwelche Termine aus, und jeder wusste, dass er in dieser Zeit auch nicht ans Telefon ging. Für alle Fälle hatte Cleo ein tragbares Schließ-und-Alarm-System an der Eingangstür installiert. Allerdings hatte sie es leicht verändert – falls jemand einzudringen versuchte, würde es nicht jenen schrillen Alarmton von sich geben, der unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zog. Stattdessen würde ein wesentlich leiserer, aber doch hörbarer Alarm in der Tasche neben ihr ertönen.
    Cleo schrubbte ihren langen, schlanken und muskulösen Körper. Ihre perfekte Fitness machte sie stolz. Die hellbraunen Haare auf ihrem Kopf maßen nirgends mehr als einen guten Zentimeter, und den Rest ihres Körpers hatte sie komplett enthaart. Ihre Brüste waren klein – hätte jemand gewagt, es ihr ins Gesicht zu sagen, hätte sie ohne Weiteres zugegeben, flachbrüstig zu sein. Die Nägel hatte sie ganz kurz geschnitten.
    Sie war stolz darauf, dass sie mit Leichtigkeit Gang oder Haltung eines Mannes imitieren und mit einem Minimum an Verkleidung jedem nicht wirklich geübten und aufmerksamen Beobachter vorgaukeln konnte, dass sie ein Mann war. Mit ebensolcher Leichtigkeit vermochte sie Weiblichkeit auszustrahlen. Doch dies waren nur zwei ihrer Talente.
    Sie ließ den Mord Revue passieren, um etwaige Fehler ausfindig zu machen. Eine der obersten Prioritäten war es gewesen, das Opfer nicht leiden zu lassen.
    Mit Sicherheit hatte er die Schläge nicht gespürt, die ihn getötet hatten. Das Letzte, was er bei Bewusstsein empfunden hatte, war höchstwahrscheinlich Verwirrung gewesen. Vielleicht einen kleinen Stich in dem Moment, als ihn die Spritze traf, doch Richard war so wenig Reaktionszeit geblieben, ehe das Mittel wirkte, dass er wohl kaum mehr empfand als Erstaunen. Und vielleicht einen kleinen Schreck.
    Cleo Smith runzelte die Stirn und gestand sich im Stillen ein, dass es Momente der Angst gegeben haben musste – er hatte so schwer darum gerungen, zur Tür zu gelangen, und es noch geschafft, den Namen »Jenny« hervorzustoßen. Cleo hatte versucht, ihn zu beruhigen, doch natürlich hatte er ihr da schon misstraut. Zu spät
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