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Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Titel: Blutsverwandte: Thriller (German Edition)
Autoren: Jan Burke
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Er sah Graydon ernst an. »Ich will noch viel mehr tun. Wie du weißt, hat uns die Fletcher Day School dabei geholfen, zu erkennen, welche Vorschulkinder besonders viel Potenzial haben. Das heißt, dass immer mehr Schüler von uns zu den besten und klügsten der Region zählen werden, und wenn andere sehen, wie gut unsere Kandidaten abschneiden, werden nicht nur die besten Schüler aus Las Piernas oder Kalifornien zu uns kommen, sondern aus dem ganzen Land.«
    »Ist das dein Ziel?«
    »Es ist eines meiner Ziele. Verstehst du denn nicht, Dad? Absolventen von uns sind bereits Politiker, Architekten, Manager, Anwälte, Ärzte, Forscher …«
    »Und Gärtner geworden«, ergänzte Edith trocken, was ihr einen giftigen Blick von Giles einbrachte.
    Graydon lächelte. »Ja, und Bauarbeiter, Bedienungen, Klempner …«
    »Ja, ja. Aber viel wichtiger ist …«
    »Mein lieber Giles, wenn du meinst, ein Klempner sei nicht wichtig, dann kann ich nur beten, dass die Rohre in dem alten Haus, das du gekauft hast, besser in Schuss sind, als es den Anschein hat. Was habe ich dir beigebracht?«
    »Dass jeder wichtig ist, dass alle Berufe wichtig sind. Und ich bin durchaus deiner Meinung. Ich will ja nur sagen, dass ich Kindern helfen will, aus denen etwas werden könnte, wenn sie die Art von Ausbildung erhalten, die unsere Schule bietet.«
    »Reiche Kinder«, warf Edith ein.
    »Überhaupt nicht!«, protestierte Giles. »Darum geht es nicht. Es geht um die Intelligenz eines Kindes, sein Potenzial.« Er hielt inne. »Und arm zu sein ist keine Tugend. Manche Eltern haben es gar nicht verdient, Kinder zu haben. Meine jedenfalls nicht. Meine leiblichen Eltern, meine ich.«
    Graydon schwieg. Giles sprach selten von der Zeit, bevor er zu Emma und Graydon gekommen war. Graydon war sich gar nicht sicher gewesen, ob sich Giles an seine frühe Kindheit erinnerte, an die Zeit, ehe er vor vierzig Jahren in dieses Haus gekommen war – ein magerer, verängstigter Sechsjähriger voller blauer Flecken.
    »Ich denke oft daran«, fuhr Giles fort, »wie mein Leben ausgesehen hätte, wenn ihr mich nicht aufgenommen hättet.« Er hielt inne und versuchte offenbar seine düstere Stimmung abzuschütteln. »Ihr habt euren Kindern ein Vermögen geopfert, damit sie bessere Mitglieder dieser Gesellschaft werden können, als sie vielleicht ohne eure Hilfe geworden wären. Doch statt bankrottzugehen, ist die Familie heute wohlhabender als damals, als Mom und du angefangen habt. Weil ihr diesen Kindern gezeigt habt, wie sie ihr Potenzial am besten ausschöpfen können, und das haben sie der Familie zurückgegeben.«
    »Was mich beschäftigt, Giles«, sagte Graydon, »ist, dass wir uns inzwischen nur noch um die Besten und Intelligentesten kümmern. Die Spätentwickler, die durchschnittlich begabten Kinder, die Kinder, die zusätzliche Unterstützung brauchen – diese Kinder scheinen auf der Fletcher Academy nicht mehr willkommen zu sein.«
    »Dad, so reichhaltig unsere Mittel auch sein mögen, sie sind nicht unbegrenzt. Wir müssen Schwerpunkte setzen.« Er sah auf die Uhr.
    »Ich will dich auf keinen Fall aufhalten«, versicherte Graydon. »Und da du offenbar die Unterstützung der anderen Mitglieder des Beirats hast – also von Dexter, Nelson, Roy und den anderen -, will ich dir nicht in deine Art, die Schule zu leiten, hineinreden. Ich wollte nur sicherstellen, dass du meinen Standpunkt kennst.«
    Giles erhob sich. »Du weißt, ich habe Respekt vor dir, Dad. Ich verspreche, ich werde versuchen, etwas auszuarbeiten, das dich zufriedenstellt.«
    »Oh, ich bin durchaus zufrieden mit dir, mein Sohn.« Nun erhob sich auch Graydon und umarmte Giles.
    Giles war schon fast an der Tür, als Graydon sagte: »Ach, eines noch …«
    Giles sah sich um. »Ja?«
    »Wegen Caleb, Richards Sohn.«
    Giles’ Rücken wurde steif, und sein Gesicht verlor jegliche Farbe. »Ja?«
    »Soweit ich weiß, hat Richard unter anderem deshalb vor ein paar Jahren den Kontakt zu uns abgebrochen, weil er sich dazu gedrängt gefühlt hat, Caleb auf die Fletcher Academy zu schicken.«
    Giles warf Edith einen kurzen, wütenden Blick zu, ehe er antwortete. »Ich habe es schon lange aufgegeben, Richard dazu überreden zu wollen. Caleb besucht jetzt eine staatliche Highschool, wo er garantiert nur eine unzureichende Ausbildung bekommt, doch das war Richards Entscheidung.«
    »Edith«, sagte Graydon. »Wie kommt Giles darauf, dass du mir davon berichtet hast?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte sie. »Ich
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