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Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Titel: Das Tal Bd. 7 - Die Jagd
Autoren: Krystyna Kuhn
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Dream On
    M ein Kopf ist seltsam klar. Meine Sinne gespannt. Ich habe nicht das Gefühl, betäubt zu sein oder in einem Flash, wie es oft der Fall gewesen ist, wenn ich mir mit Ronnie einen Joint nach dem anderen reingezogen habe.
    Nein, ich kann klar denken. Zumindest so weit, dass ich meine Umgebung bewusst wahrnehme. Aber ich bin total irritiert. Etwas hat sich verändert, als sei mein Körper in eine andere Dimension gerutscht. Meine Klamotten sind nass und dreckig, Putzlumpen, mit denen ich gut und gern das ganze Foyer des Grace geputzt haben könnte.
    Hey, Ben, was hast du gemacht?
    Licht dringt in den Raum. Grell, als blickte ich direkt in den Strahl einer Taschenlampe. Ich blinzele mehrfach, doch der Lichtstrahl dringt weiter in meine verklebten Augen. Offenbar liege ich mit dem Gesicht auf einer Matratze, die einen muffigen Geruch verbreitet und sich klamm anfühlt. Mein erster Gedanke ist: Ich befinde mich im Bootshaus und lausche auf die Wellen des Sees. Aber ich irre mich, das Geräusch klingt eher wie ein Rauschen. Wind, der über Felsen streicht.
    Vom Gefühl her muss es irgendwann am Nachmittag sein. Langsam beginne ich, meine Umgebung genauer zu scannen.
    Eine Matratze reiht sich an die andere. Links liegen zerwühlte Schlafsäcke, die merkwürdig altmodisch aussehen. Olivgrün und aus einem Material, das nicht so wirkt, als könnte man es sich damit gemütlich machen. Und noch etwas anderes. Ein durchdringender Gestank nach irgendetwas, das mir vertraut vorkommt, aber gleichzeitig Übelkeit verursacht. Es riecht nach Tod und Verwesung, kurz, es stinkt wie die Hölle. Und bald habe ich die Ursache gefunden. Rechts von mir türmt sich ein Kleiderhaufen. Ein schwarz-weiß gepunkteter Slip ganz oben, der von einem Stringtanga so weit entfernt scheint wie eine Schlange von einem Nilpferd. Und ein langer Rock, der mit orangefarbenen Blüten bedruckt ist, lässt meine Übelkeit auch nicht besser werden. Ganz abgesehen von der weißen Fransenjacke aus Lederimitat. So etwas trug man in den 70er-Jahren. Wie auch alle anderen Kleidungsstücke und die Schlafsäcke. Offenbar bin ich in irgendein historisches Machwerk geraten.
    Ich habe immer noch keinen blassen Schimmer, was passiert ist und wo ich mich befinde. Ich taste nach meiner Kamera, finde sie im ersten Moment nicht, was mich total panisch macht. Ich versuche, mich zu erinnern, wo ich sie zuletzt benutzt habe, aber auch da ist alles schwarz.
    Ich richte mich auf und sehe direkt auf meinen Rucksack. Offenbar habe ich darauf geschlafen. Leicht panisch taste ich nach der Kamera. Sie ist da, wo sie hingehört. Hektisch ziehe ich sie hervor, prüfe, ob alles in Ordnung ist. Alles scheint okay. Ich schalte sie an und beginne, den Raum zu filmen. Als ob ich mich so besser orientieren könnte.
    Hinter mir entdecke ich ein schmales Fenster in einer Wand aus Holzbrettern. Es ist das eine, in einem völlig fremden Raum aufzuwachen. So etwas kann ja passieren. Ist mir sogar schon passiert. Aber als ich in diesem Moment einen Blick durch das Fenster werfe, ehrlich, das ist der totale Schock.
    Nein, das kann nicht die Realität sein. Sondern vermutlich einer dieser Flashs, in die ich von Zeit zu Zeit gerate. Eine Folge der Pilze. Diese magic mushrooms, ich hatte sie genommen, ohne zu wissen, dass es der Trip meines Lebens werden sollte.
    Offensichtlich befinde ich mich irgendwo zwischen Himmel und Erde. Unter mir Felsen, über mir ein strahlend blauer Himmel. Und rechts erhebt sich ein Gipfel, der immer näher zu kommen scheint, je länger ich ihn anstarre. Was mich wirklich irritiert, ist, wie klar meine Wahrnehmung ist. Ich spüre nichts von Taubheit in meinem Kopf, ich fühle mich nicht schwindelig, sondern seltsam erholt. Das Einzige ist diese Übelkeit, aber die kommt daher, dass ich mich einfach nicht auskenne. Und von dem Geruch, der im Zimmer hängt.
    Ich drehe den Fensterhebel zur Seite und die hereinströmende frische Luft wirkt wie ein Gefrierschock. Obwohl die Sonne scheint, ist es kalt. Die weiße Schneefläche unter dem Fenster blendet mich.
    Stück für Stück versuche ich zu rekonstruieren, wo ich mich befinde. Andererseits ist es nicht schwer, es zu erraten. Bei dem Bergmassiv, das rechts von mir in den Himmel reicht, kann es sich nur um den Ghost handeln. Nur bin ich ihm ziemlich nahe. Ich habe fast das Gefühl, dass ich ihn berühren kann. Und seine Höhe hat merklich abgenommen. Ich sehe direkt auf das Gletscherfeld, das sich bis zum Einstieg in den
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