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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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erschwerte ihm das Gehen. Doch er stellte sich neben den anderen auf und legte die Hände an die Hosennaht. Erst dann wagte er es, sich umzusehen und die Augen von links nach rechts wandern zu lassen.
    Der Wagen parkte vor einem lang gestreckten, niedrigen Gebäude, das sich mitten im Nirgendwo zu befinden schien und von nichts als Morast umgeben war. Nein – da war noch etwas: Ein Heer von Jeeps, mehr als Luke je gesehen hatte, stand mit laufenden Motoren direkt vor dem Gebäude. Der Mann mit den Orden begann die Jungen abzuzählen und sie zu den Jeeps zu bugsieren.
    »Ihr beide geht mit Officer Ludwick. Da rüber. Ihr beiden mit Officer Straley. Und ihr beide –« Der Mann schlug Luke auf den Rücken, dass er fast vornüberfiel. Er hatte Mühe, den Befehl des Mannes zu verstehen, so sehr setzten ihm der Wind und die Anstrengung zu, auf den Beinen zu bleiben. Hatte er gesagt, Luke solle mit Officer Hook gehen? Oder war es Officer Hawk? Hoffentlich hatte der Junge neben ihm aufgepasst – derjenige, der ihm gesagt hatte, dass er nach Pferdemist roch. Luke hastete hinter den anderen her.
    Der Morast sog immer noch an seinen Stiefeln und fast wäre einer stecken geblieben. Eine Kindheitserinnerung schoss Luke durch den Kopf: Er sah sich mit seinen Brüdern barfuß durch den Matsch rennen. Es ging viel leichter ohne Schuhe, aber ehe sie wieder ins Haus kamen, hatte ihre Mutter immer dafür gesorgt, dass sie sich die Füße abspritzten. …
    Doch dann schob Luke diese Erinnerung beiseite, als schlage er im Geiste eine Tür zu. Er konnte im Augenblick nicht an seine Familie denken. Er musste sich darauf konzentrieren, zum richtigen Jeep zu kommen, einzusteigen und die Füße hochzuziehen, ehe der Wagen davonbrauste.
    »Officer Houk meldet sich ab mit Jeep Nummer 80256«, sagte einer der Männer auf dem Vordersitz. Er sprach in einen kleinen telefonartigen Gegenstand, ein Walkie-Talkie vielleicht oder eine andere Art von Funkgerät. »Unterwegs nach Chiutza, mit einem Fahrer und« – er warf einen kurzen Blick auf Luke und den anderen Jungen auf dem Rücksitz – »zwei Helfern. Ende!«
    »Notiert. Genehmigung erteilt«, krächzte eine Stimme aus dem Gerät.
    Chiutza?, überlegte Luke. Ist das ein Ort? Er hatte nie von ihm gehört, aber es gab vieles, von dem er noch nie gehört hatte. Vor seinem zwölften Lebensjahr hatte er die Farm seiner Eltern nicht ein einziges Mal verlassen. Und seine Eltern hatten über Dinge, die über das Farmleben hinausgingen, nicht gern gesprochen.
    »Warum sollen wir über Dinge reden, die uns nur traurig machen?«, hatte seine Mutter einmal mit Tränen in den Augen erklärt.
    Luke wusste nicht mehr genau, was er sie an jenem Tag gefragt hatte. Er erinnerte sich, überhaupt nur ein einziges Mal nachgefragt zu haben, warum er sich verstecken musste, warum die Regierung es für falsch hielt, dass er am Leben war, und warum er sich nicht ebenso frei bewegen durfte wie seine Brüder. Jetzt wünschte er, damals mehr Fragen gestellt zu haben: Was habt ihr eigentlich gedacht, was so ein Leben im Versteck wert ist? Und was sollte aus mir werden? Warum habt ihr und alle eure Freunde und Nachbarn und der ganze Rest des Landes nichts unternommen, um die Regierung aufzuhalten, damals, als alles anfing? Was würdet ihr tun, wenn ihr in einem davonbrausenden Jeep sitzen würdet und alle dächten, ihr wärt auf der Seite der Bevölkerungspolizei und müsstet auch noch so tun, obwohl ihr in Wirklichkeit …
    »Hier.« Der Mann mit dem Funkgerät überraschte Luke damit, dass er etwas auf den Rücksitz warf. »Es dauert noch mindestens eine Stunde, bis wir da sind. Esst.«
    Luke wollte nach dem Päckchen greifen, das zwischen ihm und dem anderen Jungen gelandet war, doch dieser war schneller und schnappte es sich. Der Junge schälte das fettige Papier ab und enthüllte zwei große Stücke Maisbrot, die er sich auf einmal in den Mund stopfte. Er kaute mit offenem Mund und warf Luke einen hämischen Blick zu, während die Krümel auf den Sitz fielen.
    »Aber …«, der Wind trug Lukes Protest davon. Er biss die Zähne zusammen und schluckte das, was er hatte sagen wollen, herunter.
    »In Chiutza werdet ihr eure Kraft brauchen«, sagte Officer Houk vorn auf dem Beifahrersitz. Jetzt drehte er sich um, jetzt, wo von der Gier des anderen Jungen nichts mehr zu sehen war. »Ihr müsst an alle Haustüren klopfen und die Bewohner zu einer Versammlung auf den Marktplatz beordern.«
    »Warum?« Die Frage kam von dem
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