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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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muss mit Nina und Trey und Nedley und Matthias reden. Und – oh, Mark – mein Bruder – ich weiß nicht einmal, ob er hier ist! Bitte! Ich muss mit ihnen reden …
    Der Van sauste weiter und Luke hielt den Mund. Es war gefährlich, den Namen seiner Freunde auch nur auszusprechen. Es war gefährlich, zu zeigen, dass er sie kannte und dass er jemals im Leben etwas anderes getan hatte, als für die Bevölkerungspolizei Ställe auszumisten.
    »Was ist mit dir?«, fragte der Junge neben ihm und Luke begriff, dass er gestöhnt und seine Erregung nicht gänzlich unterdrückt hatte.
    »Ich, äh – mir werden die Pferde fehlen«, stammelte er.
    »Versteh ich nicht. Ihren Gestank hast du doch mitgenommen«, meinte der Junge und lachte hämisch. Er rückte ein wenig von Luke ab und setzte sich näher zu dem Jungen auf der anderen Seite, der ebenfalls lachte. Luke hörte sie etwas über »Stallratten« flüstern.
    In diesem Moment begann Luke die Pferde wirklich zu vermissen, vor allem Jenny mit ihrem tröstenden Blick.
    Was soll ich nur tun?, fragte er sich. Nina und die anderen haben keine Ahnung, was mit mir ist. Wenn sie nun glauben, ich hätte Angst bekommen und sei davongelaufen? Was ist, wenn sie mich in einen ihrer Pläne einbeziehen wollen und ich bin nicht da? Wenn der Plan deswegen fehlschlägt oder jemand verletzt oder getötet oder – erwischt wird?
    So viele ihrer Pläne waren bereits fehlgeschlagen. Luke und seine Freunde hatten entsetzliche Angst davor gehabt, auch nur einen Fuß ins Hauptquartier der Bevölkerungspolizei zu setzen. Die Bevölkerungspolizei war vor mehr als zwölf Jahren gegründet worden, als die Menschen fürchteten, das ganze Land würde nach einer Reihe von Dürreperioden und Nahrungsmittelknappheiten verhungern müssen. Die Regierung erließ ein Verbot, das es Familien untersagte, mehr als zwei Kinder zu bekommen, und die Bevölkerungspolizei übernahm die Aufgabe, dritte Kinder ausfindig zu machen und zu töten.
    Luke war ein drittes Kind. Und Nina und Trey und Matthias … – alle seine Freunde ebenfalls.
    Auch Jen war ein drittes Kind gewesen, aber sie hatte den Mut und die Tollkühnheit besessen, eine Kundgebung zu organisieren, die für die Rechte und Freiheit dritter Kinder stritt. Bei dieser Kundgebung war sie ums Leben gekommen. Das war vor zehn Monaten passiert, doch je mehr Zeit verstrich, desto schlechter ging es Luke damit.
    Und das war nur einer der Gründe, weshalb er sich zu kaum etwas anderem im Stande sah, als Pferdeställe auszumisten.
    Wenn überhaupt jemand die Bevölkerungspolizei besiegen kann, dann sind wir das. Diese Worte blitzten in Lukes Kopf immer wieder auf, wie das Licht einer Glühbirne, die im Begriff ist auszugehen. Sein Freund Trey hatte das gesagt, im letzten Herbst, als er sie alle überredet hatte, sich ins Hauptquartier der Bevölkerungspolizei einzuschleichen und zu versuchen, das System von innen zu sabotieren. Trey war der klügste Junge, den Luke kannte. Warum hatte er nicht erkannt, dass sich dieser Satz auch umdrehen ließ.
    Wenn wir die Bevölkerungspolizei nicht besiegen können, kann es überhaupt niemand.
    Luke und seine Freunde hatten versucht, bestimmte Unterlagen der Bevölkerungspolizei zu vernichten, doch es gab Kopien, von denen sie nichts wussten. Sie hatten versucht, Rebellen zu beschützen, die gefälschte Papiere für dritte Kinder herstellten, doch die Bevölkerungspolizei hatte diese Leute trotzdem getötet. Sie hatten versucht, Lebensmittelvorräte an die hungernde Bevölkerung zu verteilen, doch die Bevölkerungspolizei hatte alles zurückbekommen.
    Wenn wir die Bevölkerungspolizei nicht besiegen können … Tiefe Hoffnungslosigkeit wollte sich in Luke ausbreiten: Es hatte alles keinen Sinn mehr.
    Luke schloss die Augen und lehnte den Kopf an die kühle Fensterscheibe. Dann überließ er sich dem Schlaf.
    Als er erwachte, hatte der Wagen angehalten und der Mann mit den Orden auf der Brust brüllte die Jungen an, auszusteigen und Haltung anzunehmen.
    »Wir sind da! Keine Zeit zu verlieren! Raus! Raus, ihr faulen Säcke!«
    Im Stall hatte sich Luke daran gewöhnt, angebrüllt zu werden. Er wusste, dass dem Gebrüll schnell Nasenstüber, Ohrfeigen und Schläge folgten, wenn man nicht augenblicklich gehorchte. Er stolperte durch die Wagentür ins Freie, ohne auch nur einen Blick hinausgeworfen zu haben. Ein eisiger Wind schlug ihm entgegen, sobald er einen Fuß auf den Erdboden setzte; Morast saugte an seinen Stiefeln und
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