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Delia im Wilden Westen

Delia im Wilden Westen

Titel: Delia im Wilden Westen
Autoren: Marie Louise Fischer
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Delia und Akitu, der Sohn des Häuptlings, ritten wohlgemut über die weite Prärie, und Professor, Delias grauer Mops, rannte übermütig kreuz und quer vor den Hufen der Pferde her. Er sprang in die Luft, um einen riesigen, bunt schillernden Schmetterling zu schnappen, der über den blühenden Gräsern dahinschwebte. Aber dabei verlor er das Gleichgewicht, überschlug sich und machte geradezu einen Purzelbaum.
    Delia lachte vergnügt. „Oh, Professor“, rief sie, „du kleiner Trottel, komm her zu mir!“
    Sie warf dabei einen Blick zu Akitu hinüber, um festzustellen, ob er den komischen Zwischenfall auch beobachtet hatte. Aber der Indianerjunge hatte, wie fast immer, ein steinernes Gesicht aufgesetzt. Auch wenn er das kleine Missgeschick des Professors gesehen hatte, so schien er es doch nicht so lustig zu finden. Oder er wollte sich nichts anmerken lassen.
    Delia seufzte leicht. Sie liebte Akitu wie einen Bruder, und das war er ja auch eigentlich: ihr Blutsbruder. Aber manchmal hätte sie sich doch einen unterhaltsameren Begleiter gewünscht.
    Dazu kam, dass Akitu, ganz wie die erwachsenen Männer aus dem Stamme der Iowanokas, nicht nur mit seinem Lächeln, sondern auch mit seinen Worten sparsam war. Er hielt es für unmännlich, mehr als das unbedingt Notwendige zu sprechen. Delia aber plauderte gern, wie alle weißen Mädchen, und sie sehnte sich nach einem richtigen Gesprächspartner.
    In dem Jahr, das sie nach ihrer Gefangennahme als Tochter des Häuptlings bei den Indianern verbracht hatte, hatte sie sich allerdings das unnütze Schwatzen schon fast abgewöhnt. Aber gerade jetzt kamen sie vom Fort Chickdown, wo sie in Linda, der Tochter des Kommandanten, eine richtige Freundin gefunden hatte.
    Voller Dankbarkeit dachte Delia an Linda, ohne deren Hilfe Akitus Flucht aus dem Fort ja gar nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre. Sie hatte richtige Sehnsucht nach der Kameradin.
    Sie tröstete sich damit, dass sie Linda ja bestimmt bald wiedersehen würde. Jetzt ging es nur noch darum, dem Häuptling der Iowanokas, ihrem neuen Vater, beizubringen, dass er sie ziehen lassen musste. Delia zweifelte nicht daran, dass ihr das gelingen würde. Der Häuptling musste doch einsehen, dass sie nicht für immer bei den Indianern bleiben konnte. Dazu war sie ja nicht von zu Hause ausgerissen und als blinder Passagier und Schiffsjunge über den großen Ozean gefahren.
    Delia wollte ihren Vater suchen. Nur deshalb war sie nach Amerika gekommen, und dieses Ziel hatte sie in der ganzen langen Zeit auch nicht eine Sekunde aus den Augen verloren.
    Der Professor hatte sich müde gelaufen. Er rannte den Pferden ein Stück voraus, stellte sich auf die Hinterbeine und sah Delia erwartungsvoll aus seinen kugelrunden Glubschaugen an. Das bedeutete, in die Menschensprache übersetzt: „Bitte, liebes Frauchen, nimm mich aufs Pferd! Ich möchte mich jetzt lieber ein bisschen ausruhen!“
    Aber diesmal war Delia so in Gedanken versunken, dass sie den stummen Appell übersah. Die Erinnerung an ihr letztes Abenteuer war noch zu frisch, und sie hatte den Schrecken noch nicht ganz überstanden. Jetzt wurde alles wieder in ihr wach.
    Sie war mit Akitu ins Fort Chickdown geritten, um den Kommandanten vor einem arglistigen Überfall der Irokesen zu warnen. Zufällig hatten sie den Kriegsrat dieser grausamen und wilden Stämme belauscht. Aber der Kommandant hatte sie nur ausgelacht und, was noch viel schlimmer war, er hatte Akitu gefangen setzen lassen. Mit Mühe und Not hatte Delia den Freund und sich selber befreit.
    Dabei wäre sie ganz gern auf das Angebot des Kommandanten eingegangen, mit dem nächsten Treck weiter in den Westen zu ziehen, ihrem Onkel Johannes nach, dem sie durch die Iowanokas bei einem Feuergefecht geraubt worden war. Sie wusste ja inzwischen oder glaubte zu wissen, dass sich auch ihr Vater in den Westen gewandt hatte. Aber sie hatte Akitu nicht allein lassen und das Vertrauen des Häuptlings der Iowanokas nicht missbrauchen wollen. Sie musste ihren zweiten Vater um die Freiheit bitten, denn sie verdankte ihm viel: ihr Leben, neue Erfahrungen und sehr viel Nachsicht und Güte.
    Der Mops war inzwischen ungeduldig geworden. Er kannte sein Frauchen gar nicht so verträumt. Er rannte neben dem Pferd her, sprang es seitlich an.
    Jetzt endlich wurde Delia aufmerksam. Sie beugte sich zu dem Professor herab, schnappte ihn im Trab und hob ihn vor sich auf den Indianersattel.
    „Komm schon, Kerlchen“, sagte sie. „Du bist müde,
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