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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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zweifeln ließ: Die meisten Leute an den Tischen waren ziemlich jung; sie trugen zerlumpte Kleidung und hatten zottelige Haare. Nach einer Regierung sah das nicht gerade aus.
    Doch Mr Talbot grinste.
    »Es ist die beste Chance, die wir haben«, sagte er. »Vielleicht werfe ich mal einen Blick auf die Verfassung, an der sie gerade arbeiten …«
    Er ging davon und Nina und Trey machten sich mit Luke daran, weitere Plakate zu zerreißen. Der Kleber, den Oscars Anhänger benutzt hatten, war sehr stark; es war schwer, jedes einzelne verhasste Wort komplett zu vernichten. Aber Luke und seine Freunde waren beharrlich und arbeiteten Seite an Seite.
    »Also war ich der Einzige, der nicht zu Mr Hendricks gekommen ist?«, erkundigte sich Luke.
    »Alle unsere Freunde sind dort – außerdem noch viele andere dritte Kinder, die nicht wussten, wo sie sonst hingehen sollten. Dein Bruder ist auch da«, sagte Nina. »Seinem Bein geht es immer noch nicht besser, aber Mr Talbot hat gesagt, es sei seine Aufgabe, die kleineren Kinder zu beschützen, falls irgendwas schief geht.«
    Falls irgendwas schief geht … Luke schüttelte sich bei dem Gedanken daran, wie leicht Oscars Pläne hätten aufgehen können. Wie leicht die neue Freiheit selbst jetzt noch erstickt werden könnte, wenn die Leute nicht gut auf sie aufpassten und weise mit ihr umgingen.
    »Mark ist enttäuscht, dass er es nicht geschafft hat, zurückzukommen und sich ebenfalls hier einzuschmuggeln«, erzählte Nina. »Er meint, er hätte den ganzen Spaß verpasst.«
    »Spaß?«, schnaubte Luke. »Ganz bestimmt. Ich hätte gern mit ihm getauscht. Dann hätte er Jenny für mich reiten und sich auf die Bühne stellen können.«
    »Nein«, sagte Nina, »das hätte er nicht. Es musste jemand von uns sein.«
    Es musste ein drittes Kind sein, war das, was sie gemeint hatte. Am Ende konnte es nur einem dritten Kind gelingen, Oscar aufzuhalten.
    »Hattest du denn gar keine Angst?«, fragte Trey und kratzte an den dunklen Rändern, die ein Plakat hinterlassen hatte. »Zuzugeben, dass du ein drittes Kind bist, und das vor dieser riesigen Menschenmenge – vor dem ganzen Land, im Grunde genommen.«
    »Natürlich hatte ich Angst«, sagte Luke. »Aber ich musste es tun, versteht ihr?«
    Er sah seine beiden Freunde an und wusste, dass sie ihn verstanden. Auch sie waren einige schreckliche Risiken eingegangen. Auch sie hatten für die Freiheit ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Im Vergleich dazu war das Abreißen von Plakaten ein Kinderspiel. Luke fragte sich, ob das für den Rest ihres Lebens so bleiben würde: dass jede Gefahr oder Herausforderung, die sie bewältigen mussten, im Vergleich zu dem, was sie als Kinder überstanden hatten, verblassen würde.
    Jetzt werden wir tatsächlich ein »restliches Leben« haben, dachte Luke und überraschte sich selbst mit diesem Gedanken. Noch nie hatte er es gewagt, so weit vorauszudenken. Doch als er jetzt den Blick über die Menschenmenge schweifen ließ, meinte er fast sehen zu können, wie sich alles, was er sich wünschte, weit in die Zukunft erstreckte.
    Er stellte sich vor, wie seine Familie durch die Menge eilte und ihn suchte. Nachdem sie ihn im Fernsehen gesehen hatten, würden sie es nicht länger aushalten, zu Hause zu sitzen und abzuwarten. Aber statt ihn heimzubringen, um ihn zu beschützen, würden sie beschließen, dazubleiben und zu helfen. Er stellte sich vor, wie sein Vater die neue Regierung im Umgang mit Farmern beriet und seine Mutter ihnen von Fabrikarbeitern erzählte.
    Er stellte sich vor, dass Matthew wieder Schweine züchten durfte, sah sich selbst mit Mark wieder Fußball spielen – nachdem sein Bein endlich völlig verheilt war –, und vielleicht auch mit Jens großen Brüdern, Brownley und Buellton, nachdem sie sicher ins Haus der Talbots zurückgekehrt waren.
    Er stellte sich vor, dass alte, verlassene Felder endlich wieder urbar gemacht wurden und frisches Getreide trugen. Er sah, wie im ganzen Land Straßen, Brücken und Häuser repariert und neu aufgebaut wurden, man überall verzogenes Gebälk richtete und zerbrochene Fensterscheiben ersetzte.
    Er stellte sich vor, dass Oscar Wydell und Aldous Krakenaur und all die anderen Anführer der Bevölkerungspolizei gefangen genommen und verurteilt wurden, so dass sie ihn nie wieder in seinen Träumen verfolgen konnten.
    Er stellte sich vor, dass Mr Hendricks und das Ehepaar Talbot in der neuen Regierung mitarbeiteten. Vielleicht würde einer von ihnen das neue
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