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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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anderen Jungen. Dass er Luke das Essen weggestohlen hatte, musste ihm zu Kopf gestiegen sein.
    Luke zuckte zusammen, wartete darauf, dass Officer Houk dem Jungen einen Schlag versetzte und ihm sicherheitshalber auch. Aber der Mann runzelte lediglich die Stirn.
    »Wir verteilen neue Ausweise an alle Bewohner des Landes«, erklärte er. »Und zwar überall gleichzeitig, am gleichen Tag. Deshalb sind die ganzen Jeeps unterwegs.« Er deutete auf die Fahrzeuge vor und hinter ihnen, von denen einige bereits die Hauptstraße verließen und auf kleinere, ausgefahrenere Wege abbogen.
    Luke wusste, dass es besser wäre, die nächste Frage nicht zu stellen. Er kannte sich aus mit den Stimmungen der Officers. Trotzdem konnte er die Worte nicht zurückhalten: »Warum brauchen die Leute neue Ausweise? Was stimmt denn mit den alten nicht mehr?«
    Officer Houk kniff die Augen zusammen und sah Luke prüfend ins Gesicht. Jetzt schaut er mich richtig an. Er wird sich an mich erinnern, dachte Luke und kämpfte gegen die altvertraute Panik an, die ihn verfolgte, seit er sein Versteck verlassen hatte, gegen den altvertrauten Wunsch, Sieh mich nicht an! zu schreien. Er wappnete sich gar nicht erst gegen einen Schlag, denn das spielte keine Rolle mehr. Nichts war schlimmer, als angestarrt zu werden.
    Doch Officer Houk zuckte nur die Achseln.
    »Mit den alten Ausweisen ist alles in Ordnung. Die neuen sind einfach nur besser.«
    Und Luke, der solche Mühe hatte, in den Gesichtern anderer Leute zu lesen und aus ihren Stimmen Untertöne herauszuhören, sah zu, wie Officer Houk sich umdrehte und das Gesicht wieder in den Wind hielt, der ihnen entgegenrauschte.
    Er lügt, dachte Luke hoffnungsvoll, und dann, weniger sicher: Wenn er wirklich lügt, dann kenne ich vielleicht die Wahrheit. Könnte es sein, dass …

 
3. Kapitel
     
    Es war einer ihrer riskantesten Pläne gewesen. Im Hauptquartier der Bevölkerungspolizei hatten Luke und seine Freunde Gerüchte vernommen, dass die Führungsspitze Ausweise einsammeln ließ, um in einer großen Überprüfungsaktion ein für alle Mal die illegalen Schattenkinder aus der legalen Bevölkerung herauszufiltern.
    »Sie werden alle am gleichen Ort aufbewahrt«, hatte Nina Luke ins Ohr geflüstert, als sie ihm das Essen in den Stall brachte. Nina arbeitete in der Küche des Hauptquartiers; sie war die Einzige von seinen Freunden, die Luke je zu Gesicht bekam. Er hatte an jenem Tag nur ein dummes Gesicht gemacht und sie verständnislos angeschaut, bis sie zischte: »Wir können sie zerstören.«
    Dann hatte Luke sie fragen wollen: Wie denn? Was soll das nutzen? Was ist, wenn das alles eine Falle ist? Wie kommst du darauf, dass wir auch nur den Hauch einer Chance haben? Doch Nina war eilig zurückgetreten und hatte das Geschirr eingesammelt, so dass ihm für Fragen keine Zeit blieb, nachdem sie ihm gesagt hatte, was er tun sollte.
    Lukes Aufgabe war es gewesen, eine besonders ekelhafte Ladung Pferdeäpfel mitten auf einen Weg zu platzieren und damit einen Officer aufzuhalten, der es eilig hatte, einen Sicherheitszaun zu reparieren. Luke hatte den Pferdemist aus Jennys Box geholt, ihn sorgfältig arrangiert, so dass er ganz frisch und zufällig wirkte. Danach hatte er weder von den Ausweiskarten noch von dem Plan wieder gehört.
    Er hatte angenommen, dass er fehlgeschlagen sein musste. So, wie alle anderen Pläne.
    Aber wenn sie im ganzen Land neue Ausweise verteilen, waren die alten vielleicht tatsächlich zerstört worden. Vielleicht …
    Vielleicht war es auch egal. Und selbst wenn es nicht egal sein sollte – wie konnte Luke auf den Erfolg eines Plans stolz sein, zu dem er nicht mehr beigetragen hatte, als irgendwo einen Haufen Pferdemist zu platzieren?
    Luke schauderte im bitterkalten Wind, der in den Jeep wehte. Die öde Landschaft zog an ihm vorbei: kahle Bäume und leblose Felder.
    »Mein Vater hatte zu Hause eine Autowerkstatt«, sagte der andere Junge plötzlich. »Mit Autos kenne ich mich aus.«
    Luke zwang sich, den Kopf zu drehen und seinen Sitznachbarn anzusehen.
    »Ach ja?«, sagte er. Bildete dieser Kerl sich etwa ein, Luke wollte sich mit jemandem abgeben, der ihm sein Brot gestohlen hatte?
    »Ja«, sagte der Junge. »Deshalb war es dumm, mich im Hauptquartier nur Schuhe putzen zu lassen.«
    Er sprach leise, als wollte er von den beiden Männern auf den Vordersitzen nicht gehört werden.
    Luke zuckte die Achseln.
    »Was hast du denn erwartet?«
    Auf dem Gesicht des Jungen erschien ein
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