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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt
Autoren: Henner Kotte
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sein. Die Sekretärin schaute ihn an, und er hatte im Augenblick gewusst, dass es vorbei war. Sie sagten ihm, Frederike kämpfe um ihr Leben, sie habe Chancen, es zu schaffen. Aber man müsse mit dem Schlimmsten rechnen.
    Das Leben hatten Frederike andere genommen. Polizisten oder die Gangster, Ehrlicher wusste es nicht. Sicher war nur, Frederike lag im Sterben, vielleicht war sie schon tot. Kain hatte ihr nicht zur Seite gestanden. Kain trug die Schuld, was auch immer in den Wäldern Serbiens geschehen war. Kein Verantwortlicher weder hier noch irgendwo hatte einen Plan gehabt, um diese Flucht gefahrlos zu beenden. Und dann hatten sie eine Idee, stellte sich Ehrlicher vor, einen Einfall, der Frederike umbrachte. Sie sperrten einfach die Straße, sie hatten einen Verkehrsunfall inszeniert, und der hatte die Weiterfahrt auf glatter Straße unmöglich gemacht. Ein Auto brannte mitten auf der Fahrbahn. Die Kidnapper hatten ausweichen müssen. Sie wendeten im Feuer. Sie waren von der Straße abgekommen, einen Abhang hinuntergestürzt. Dort mussten sie aus dem Wrack geschweißt werden. Kain hatte Schuld! Frederike hing zwischen Leben und Tod, und Ehrlicher war auf dem Weg zu ihr. Frederike halt durch!
    »Ich bin völlig übernächtigt«, sagte Kriminalkommissar Bastian Michalk plötzlich unmotiviert und störte.
    Ehrlicher griff nach der Zeitung. City-Tunnel wird teurer. Erneuter Überfall auf ein Lottogeschäft. Oberbürgermeister dementiert alle Vorwürfe. Ich finde seit fünfzig Stunden keinen Schlaf, könnte Ehrlicher Michalk entgegnen. Es war noch nicht einmal die längste Phase des Schlafentzugs in seinem Leben, aber es war die quälendste. Er würde keine Minute Ruhe finden, bevor er nicht wusste, was mit Frederike war. Frederike! Sie lag im Zeltkrankenhaus der deutschen Armee und kämpfte ums Leben, hing an Schläuchen und Apparaten. Sie hatten zu Ehrlicher gesagt: Sie lebt, aber ihr Zustand ist kritisch. Er sah ihre Körperfunktionen Zickzacklinien über Monitore laufen. Er hörte den Pfeifton, der den Tod akustisch verdeutlichte. Frederike durfte nicht sterben. Er liebte sie. Das wusste Ehrlicher jetzt.
    »Eins beruhigt zu wissen, die Täter sind verhaftet. Die Flucht ist vorbei.« Michalk pustete in seine Hände. Ehrlicher hätte die Augen schließen wollen, aber Bastian Michalk quatschte in einem fort. Vielleicht war das sogar besser, dachte Ehrlicher, das lenkte ihn ein bisschen ab. Er sah Frederike in einem brennenden Auto, Frederike mit vor Schmerzen aufgerissenem Mund, Frederike auf einer Bahre. Aber noch hatte ihm gegenüber keiner von Frederikes Tod gesprochen.
    »Gut, dass sie im Flieger noch Plätze freihatten«, sagte Michalk. »Ist Glück für uns. Die nächste Maschine wäre erst morgen gestartet.«
    »Ja.« Ehrlicher entschied sich zu reden. Schlaf würde er sowieso keinen finden, und vielleicht konnte er auf diese Weise seine schweren Gedanken verdrängen. Michalk schien sich ebenfalls unwohl in seiner Haut zu fühlen. Auch er wusste nicht, was auf ihn zukam. Miersch hatte ihn mit dem Auftrag entlassen: Helfen Sie vor Ort, wo Sie können! Und den Ehrlicher nehmen Sie mit. Er kennt Frederike und Kain. Sie sind gute Freunde. – Waren, Herr Miersch, waren Freunde! Sie würden es nie wieder sein.
    »Wissen Sie, was uns erwartet?«
    Der junge Kommissar schien erleichtert, dass Ehrlicher endlich auf sein Gesprächsangebot einging. »Nicht wirklich.« Michalk lächelte. »Soweit wir wissen, hat ein Verkehrsunfall die Straße blockiert, ein Lkw brannte. Der Wagen schlitterte und stürzte einen Abhang hinab. Vielleicht haben die Täter den Unfall als Falle gesehen.«
    »Frederike hätte tot sein können. Auch jetzt hängt ihr Leben am seidenen Faden.«
    »Aber sie lebt!« Michalk klang hoffnungsvoll. »Nach allem, was wir wissen, sie lebt!«
    »Das war kein Unfall, Herr Michalk. Sie lügen mich an.«
    Der junge Kommissar blickte erschrocken. »Aber nein!«
    »Michalk, Sie wollen mir erzählen, dass auf einer engen Gebirgsstraße genau in dem Moment ein Auto explodiert, als Kidnapper mit Geiseln dort langfahren? Das ist doch Schwachsinn, den Sie selber nicht glauben! Ich bitte Sie, halten Sie mich für bescheuert?« Ehrlicher war sich sicher, dass diese Aktion geplant gewesen war, dass die Polizei den brennenden Lkw dort hingestellt hatte. Er konnte diesen Plan nicht begreifen. So eine depperte Falle hätten sie bereits vor Dresden aufbauen können. Sie hatten es nicht getan, weil das Leben der Geiseln auf
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