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Trommeln der Lust

Trommeln der Lust

Titel: Trommeln der Lust
Autoren: Cora Rubin
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    Ich sah Damian White zum ersten Mal auf der kleinen Party, die im neuen Heim meiner Freunde Ann-Kathrin und Michael stieg. Die beiden hatten die gesamte Truppe zur Einweihungsfete eingeladen. Entsprechend dem Motto der Einladung gab es weder Blumen noch edle Getränke als Mitbringsel, sondern nur Brot und Salz.
    Ann-Kathrin und Michael waren erst vor wenigen Tagen umgezogen. Von einem schicken Apartment mit Dachterrasse im quirligen Stadtteil Schwabing in dieses geräumige Haus mit Dachboden, am eher langweiligen nördlichen Stadtrand von München gelegen. Doppelt so viel Wohnraum für nur 500 Euro Kaltmiete mehr. Ein Schnäppchen, wie die beiden den gesamten Freundeskreis noch vor dem Umzug stolz hatten wissen lassen.
    Keiner von uns verstand, warum Ann-Kathrin und Michael ausgerechnet da hinaus zogen. Das war doch fast schon auf dem Land, und die beiden planten unseres Wissens weder Heirat noch Nachwuchs in der nächsten Zeit. Sie benötigten nicht wirklich mehr Wohnraum, denn sie waren wie wir alle sehr unternehmungslustig und nur selten zu Hause. Wie auch immer, wir waren in Feierlaune. Der Abend begann dann eher ungewöhnlich, nämlich mit einer Sendung im Fernsehen, die wir uns alle gemeinsam noch vor dem Essen ansehen wollten. Bei zartrosa Champagner einer Edelmarke. Sexy anzusehen, obendrein teuer, sinnlich prickelnd … Der edle Aperitif war dem Anlass allerdings durchaus angemessen. Wir hatten immerhin gleich doppelten Grund zum Feiern. In erster Linie natürlich Ann-Kathrin und Michaels Umzug. Aber dann eben auch den neuesten Dokumentarfilm von Claus, meinem … wie nennt man das gleich noch mal so schön – derzeitigen Lebensabschnittsgefährten.
    Der Film war in der Timbavati-Region im Norden Südafrikas gedreht worden und Claus erst vor einigen Wochen von dort zurückgekehrt. Braungebrannt und wortkarg. Noch wortkarger als sonst, wohlgemerkt.
    Die Weihnachtsfeiertage und Silvester hatte ich wegen seiner berufsbedingten Abwesenheit in Florida verbracht, wo meine Mutter mit ihrem neuen Ehemann seit einigen Jahren lebte. Braungebrannt war ich deshalb auch, aber keineswegs wortkarg. Ich hatte viel zu erzählen, und Claus hörte nur schweigend zu. Allerdings mochte ich Männer, die gute Zuhörer waren, insofern war das schon in Ordnung.
    Aber zurück zu dem Film und Südafrika: In jener Timbavati-Region – unweit des Krüger-Nationalparks gelegen – gab es ein privates, umzäuntes und obendrein rund um die Uhr bewachtes Wildreservat. Hier wurden äußerst selten gewordene weiße Löwen gezüchtet, um die Großkatzen später in die freie Wildbahn zu entlassen, wo sie wegen der vielen Trophäenjäger mittlerweile nahezu ausgerottet waren.
    Claus und sein Team hatten die Dreherlaubnis problemlos erhalten, darüber hinaus auch freie Kost und Logis auf dem privaten Gelände des Reservats. Ein großzügiges Angebot, wenn auch ein nicht uneigennütziges. Weiße Löwen waren derzeit ein gefragtes Thema, und mit einem Film ließ sich die Werbetrommel rühren. Was dem Reservat wiederum Spendengelder einbrachte und zahlende Gäste anlockte. Nachzucht und Auswilderung der Löwen kosteten immerhin Geld, viel Geld.
    Weiße Löwen waren also die Titelhelden des Dokumentarstreifens, für den Claus viele Wochen in Südafrika war und der heute zum ersten Mal ausgestrahlt wurde.
    Â»Pssst!«, zischte Claus und stellte den Ton lauter. »Es geht los, Leute!«
    Er hockte mit angezogenen Knien auf dem Fußboden und blickte konzentriert auf den Fernseher an der Wand.
    Sofort hörten wir anderen auf zu tuscheln und machten es uns mit den Sektkelchen in Händen auf den schwarzen Ledersitzmöbeln im Wohnzimmer gemütlich.
    Claus blickte sich nicht nach mir um, trotzdem beschlich mich auf einmal so ein bestimmtes Gefühl. Es mochte Sehnsucht sein, vielleicht aber auch bloß so etwas Profanes wie Stolz. Weil ich es war – die Frau an seiner Seite! Wenn auch ohne Trauschein. Claus wollte nicht heiraten. Außerdem wollte er, wie er gern mal ungefragt behauptete, keiner Frau allein gehören – höchstens eine Zeitlang, wenn er nach Hause kam, um sich von seinen Abenteuern in der weiten Welt auszuruhen.
    Claus war ein Macho, auch wenn er sich dies selbstverständlich niemals eingestanden hätte. Und so war es oft nicht leicht, mit ihm zusammen zu sein. Sicher, er war interessant und
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