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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt
Autoren: Henner Kotte
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Konstantin Miersch hasste Pressekonferenzen.
    Dominic Bleicher goss Wasser in ein Glas und stellte es auf den Tisch. Leipzigs Kriminaldirektor nahm Platz und schaute in die Gesichter vor ihm. Manche von ihnen waren übernächtigt wie seines. Er hatte mehrmals seine kurzen Statements auf allen Kanälen betrachten müssen, nicht nur zur vollen Stunde wurde über dieses Kidnapping berichtet, nicht nur einmal hatte er in dieser Zeit vor Kameras gestanden. Die Story und die Bilder gaben einiges her. Er hätte sehr gern darauf verzichtet.
    »Meine Damen und Herren«, Bleicher klopfte ans Mikro und versuchte, sich in der Stille Gehör zu verschaffen, »ich begrüße Sie zur kurzfristig einberufenen Pressekonferenz mit Kriminaldirektor Konstantin Miersch und freue mich über Ihr zahlreiches Kommen.«
    Die Meute lächelte nicht, sie fletschte die Zähne. »Auch von meiner Seite Ihnen allen noch einmal einen herzlichen Guten Tag«, begann Miersch. »Um es vorwegzunehmen, die Flucht der Kidnapper konnte noch nicht gestoppt werden. Die Kollegen in Serbien versuchen alles. Doch gibt es insofern einen Erfolg zu vermelden, dass eine der Geiseln befreit werden konnte.«
    Er würde selbst zum Verhör in den Kosovo fliegen. Kain lag im Krankenhaus der deutschen Truppen, sie brauchten seine Informationen. Miersch blickte in die Gesichter der Presse. Es ist alles ein Spiel, dachte er, alles. Oder er schickte Michalk zu Kain. Passte besser in Alter und Funktion. Morgen früh 6 Uhr 45 flog eine Maschine. Man hatte zwei Plätze reserviert. Noch wusste er selbst nicht, wen er zur Befragung des Zeugen schicken würde.
    »Wissen wir«, kam es aus dem Saale zu ihm zurück. »Ansonsten nichts Neues?«
    Miersch schluckte. Er war gekommen, weil es wirklich Neuigkeiten gab: Die Namen der Kidnapper waren ermittelt. Ehrlicher und Agnes Schabowski sei Dank. Aber da die Presse von vornherein unzufrieden mit seinem Erscheinen hier war, zögerte er, diese Nachricht öffentlich zu machen. Auf keinem der Fernsehkanäle war, seiner Meinung nach, ihre Arbeit in gebührender Weise gewürdigt worden. Die Journalisten kamen sich vor, als wäre es ihnen recht, die Arbeit der Polizei zu diskreditieren. Sie würden Meldungen bringen und Schlagzeilen schreiben, die nicht der Wahrheit, sondern ihrer Sensationsgier entsprachen. In solchen Momenten hasste Miersch seinen Job, und trotzdem überließ er ungern den Kollegen die Pressekonferenzen, er behielt gern die Kontrolle. In diesem Fall hatte er sie bereits lange verloren. Er lächelte freundlich, seinen Frust sah ihm keiner an, hoffte er.
    »Wir kennen die Namen der Kidnapper.« Dieser Satz stand wie ein Felsen im Raum. Es dauerte, bis die Anwesenden ihn begriffen.
    Nach der Stille folgte Erstaunen. Mit diesem plötzlichen Aufruhr hatte Miersch gerechnet. Er genoss diese Hektik. Münder standen offen. Diktafone wurden ihm entgegengehalten. Alle Journalisten lechzten nach seinen weiteren Worten. Miersch trank Wasser.
    »Aus ermittlungstaktischen Gründen kann ich Ihnen die Namen nicht nennen. Aber es handelt sich nicht um Personen, die in irgendeiner Verbindung zu von Ihnen immer wieder verdächtigten Strukturen organisierter Kriminalität stehen. Es gibt keine Verbindung der Täter zu Khalid Georgieff oder Sokol Mistic, Dragan Tschukadse, Giuseppe Vaneroli, Michael Städel oder Barbara van Hogenband. Bislang sind die Verdächtigen nur als Kleinkriminelle in Erscheinung getreten, wenn überhaupt.«
    »Wie konnten Sie diese Namen ermitteln?«
    »Kollegin Agnes Schabowski und der Kriminalhauptkommissar im Ruhestand Bruno Ehrlicher sind den Hinweisen der Zeugen gefolgt. Eine Verdächtige hat ihre Mitwisserschaft an dieser Tat bereits gestanden. Wir erwarten die Verhaftung der Komplizen.« Miersch wusste, dass er die Meldung aufbauschte. Patricia Thede war keine Verbrecherin, die ins Bild der Presse passte. Diese ermittelten Täter lieferten nicht den Stoff für Sensationen. Patti, Lippi und Robby – das klang wie Pitti, Schnatterinchen und Moppi vom Abendgruß des Fernsehens. Es waren arme Schweine, die in Panik eine Katastrophe ausgelöst hatten. Fast noch Kinder.
    »Bruno Ehrlicher ist Rentner, wie kann er an den Ermittlungen teilhaben?«
    Auch mit dieser Frage musste er rechnen. »Hauptkommissar a. D. Bruno Ehrlicher ist durch Zufall in diesen Kriminalfall geraten. Warum sollen wir auf die Mitarbeit eines so erfahrenen Kollegen verzichten, wenn diese sich anbietet.« Miersch lächelte. »Und sie war erfolgreich,
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