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Eiskalter Wahnsinn

Eiskalter Wahnsinn

Titel: Eiskalter Wahnsinn
Autoren: Alex Kava
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1. KAPITEL
    Samstag, 13. September
    Meriden, Connecticut
    Es war fast Mitternacht, trotzdem wartete Joan Begley ab.
    Sie trommelte mit den Fingernägeln auf das Lenkrad und hielt im Rückspiegel nach Scheinwerfern Ausschau. Die gelegentlichen Blitze in der Ferne versuchte sie zu ignorieren und redete sich ein, das heraufziehende Gewitter gehe in die andere Richtung. Ihr Blick wanderte immer mal wieder durch die Windschutzscheibe, ohne dass sie die spektakuläre Aussicht auf die Lichter der Stadt bemerkt hätte. Lieber vergewisserte sie sich noch einmal in den Seitenspiegeln, ob sie dort etwas entdeckte, was ihr im Rückspiegel entgangen war.
    „Manches ist näher, als man denkt.“
    Der Aufdruck auf dem Spiegel der Beifahrerseite ließ sie schmunzeln. Schmunzeln und zugleich frösteln. In dieser verdammten Dunkelheit konnte sie einfach nichts erkennen. Wahrscheinlich sah sie ihn erst, wenn er schon direkt an ihrem Wagen stand.
    „Na klasse, Joan“, tadelte sie sich. „Mach dir nur richtig Angst.“
    Sie musste positiv denken und sich eine positive Einstellung bewahren. Was nützten die vielen Sitzungen bei Dr. Patterson, wenn sie das Gelernte nicht beherzigte?
    Was hielt ihn so lange auf?
    Vielleicht war er vor ihr hier gewesen und hatte keine Lust gehabt, auf sie zu warten? Schließlich hatte sie sich zehn Minuten verspätet. Nicht absichtlich. Er hatte die Straßengabelung vor dem Anstieg zur Hügelkuppe nicht erwähnt, was ihr einen unerwarteten Umweg beschert hatte. Schlimm genug, dass es hier oben unter dem Baldachin aus dicht belaubten Ästen, die nicht mal den Mondschein durchließen, pechschwarz war. Der Mond würde bald hinter Gewitterwolken verschwinden, und stattdessen brach dann vermutlich eine Lichtshow aus Blitzen los.
    Herrgott, sie hasste Gewitter! Sie spürte die Elektrizität bereits an den Haaren und schmeckte sie, metallisch und unangenehm wie eine frische Füllung vom Zahnarzt. Die geladene Atmosphäre verstärkte ihre Angst, zerrte an ihren Nerven und machte ihr bewusst, dass sie nicht hier sein sollte. Was sie vorhatte, war nicht gut, sie sollte es nicht tun … nicht schon wieder.
    Diese dummen, störenden Gewitterwolken hatten ihr sogar den Orientierungssinn geraubt. Zumindest gab sie ihnen die Schuld, obwohl sie genau wusste, dass ihre Orientierung schon dahin war, sobald sie ein Mietauto bestieg und die Türen schloss. Und es half ihr nicht gerade, dass die Straßen in den Städten Connecticuts in alle möglichen Richtungen verliefen, nur nicht im rechten Winkel und geradeaus. Wie oft sie sich in den letzten Tagen hier verfahren hatte, war unglaublich. Auch heute Abend war sie ständig falsch abgebogen, obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, es nicht zu tun. Wäre der alte Mann mit seinem Hund nicht gewesen, sie hätte sich auf der Suche nach dem West Peak ständig im Kreis bewegt.
    „Ich bin Walnüsse sammeln“, hatte er ihr erklärt, und sie hatte sich nichts weiter dabei gedacht, weil sie zu sehr mit der Wegsuche beschäftigt gewesen war. Aber wenn sie jetzt so darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass er weder Eimer noch Beutel bei sich gehabt hatte. Nur eine Taschenlampe. Wer ging mitten in der Nacht Walnüsse sammeln? Seltsam. Ja, der Mann war irgendwie seltsam gewesen. Trotz des verlorenen, in die Ferne gerichteten Blickes hatte er jedoch nicht gezögert, ihr den Weg hinauf zur Kuppe zu weisen, wo im tosenden Wind Schatten werfende Äste knackten.
    Warum war sie bloß hergekommen?
    Sie nahm ihr Handy, gab die Nummer auswendig ein und hoffte, sie war da. Doch sie wurde enttäuscht. Nach dem zweiten Klingeln meldete sich der Anrufbeantworter. „Sie haben den Anschluss von Dr. Gwen Patterson erreicht. Bitte hinterlassen Sie Namen und Telefonnummer, und ich werde so schnell wie möglich Kontakt zu Ihnen aufnehmen.“
    „So schnell wie möglich könnte zu spät sein“, sagte Joan anstelle einer Begrüßung und lachte. Dann bedauerte sie die Bemerkung, denn Dr. Patterson würde zwischen den Zeilen lesen. Aber zahlte sie ihr nicht genau dafür gutes Geld? „He, Dr. P., ja, ich bin’s wieder. Tut mir Leid, dass ich Ihnen so auf den Wecker falle. Aber Sie hatten Recht. Ich tue es schon wieder. Also nein, ich glaube, ich habe meine Lektion nicht gelernt. Denn ich sitze hier mitten in der Nacht in meinem dunklen Wagen und warte auf … ja, Sie ahnen es, auf einen Mann. Aber Sonny ist wirklich anders. Wissen Sie noch, ich habe Ihnen in meiner E-Mail von ihm erzählt. Wir haben uns
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