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Alle lieben Emma

Alle lieben Emma

Titel: Alle lieben Emma
Autoren: Maja von Vogel
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1. Kapitel
    Vorsicht, bissiger Montag!
    M ein gewohntes Leben endete an einem Montag. Wann auch sonst. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die ganze Sache an einem anderen Tag, zum Beispiel an einem Freitag, nicht passiert wäre. Freitage sind nette, freundliche Tage, die niemandem etwas tun. Sie sind so gutmütig und harmlos wie Paul, unser Labrador. Das Wochenende steht vor der Tür und alle sind entspannt und gut drauf. Na ja, zumindest fast alle. An Freitagen scheint die Sonne, die Leute grillen oder feiern Gartenfeste. An Freitagen passieren keine Katastrophen.
    Ganz im Gegensatz zu den Montagen. Montage sind bissig und gemein. Wenn man nicht aufpasst, springen sie einem an die Gurgel – zack! – und beißen sich dort fest. An Montagen regnet es und die neue Woche liegt wie eine endlos lange Autobahn vor einem. Grau, eintönig und ziemlich trostlos. Das nächste Wochenende ist noch so weit entfernt, dass man den Eindruck hat, es nie zu erreichen – nicht mal, wenn man die ganze Zeit auf der Überholspur fährt.
    Ich habe Montage noch nie sonderlich gemocht. Dabei mag ich sonst eigentlich alle Tage. Aber montags haben wir nicht nur sechs Stunden – was an sich ja schon eine Zumutung ist –, sondern auch noch gleich in der ersten Stunde Mathe. Deshalb komme ich montags auch nie aus dem Bett, obwohl ich eigentlich eine richtige Frühaufsteherin bin. Aber eine Mathestunde am frühen Morgen ist nun wirklich kein Grund zum Aufstehen. Ich hasse Mathe!
    Zum Glück ist wenigstens Tim gut in Mathe, sodass ich die Hausaufgaben immer von ihm abschreiben kann. Meistens mache ich das morgens im Schulbus, weil ich am Wochenende keine Lust dazu habe. Da habe ich wirklich was Besseres zu tun.
    Tim ist mein Zwillingsbruder. Er ist sieben Minuten älter als ich, was er immer betont, wenn wir uns streiten und ihm nichts anderes mehr einfällt. Aber eigentlich streiten wir uns nicht besonders oft, obwohl wir ziemlich unterschiedlich sind. Wir sehen uns auch kein bisschen ähnlich. Tim hat braune Haare und braune Augen. Er ist einen Kopf größer als ich und so lang und dünn wie eine Bohnenstange. Ich habe blonde Haare und blaue Augen und bin normal groß und normal dünn.
    »Tim und Emma sind wie Tag und Nacht«, sagt Mama oft, wenn sich die Leute wundern, dass wir Zwillinge sind. »Ein Wirbelwind und ein stilles Wasser.«
    Der Wirbelwind, das bin ich. Aber Tim ist eigentlich gar nicht so still. Okay, er redet nicht so viel wie ich, aber ich quatsche schließlich auch die ganze Zeit. Leider kann ich damit auch in der Schule nicht aufhören, weshalb ich oft Ärger mit den Lehrern kriege.
    »Wenn du mal etwas weniger quasseln und etwas mehr aufpassen würdest, wärst du bestimmt genauso gut in der Schule wie dein Bruder«, hat Frau Meisner, unsere Klassenlehrerin, gesagt, als sie mir mitgeteilt hat, dass ich in Mathe eine Vier im Zeugnis bekomme.
    Vielleicht hat sie sogar Recht, aber mir macht es gar nichts aus, dass ich nicht so gute Noten habe wie Tim. Ich finde, es gibt wichtigere Dinge als Schule und Zeugnisse. Außerdem ist eine Vier doch völlig in Ordnung, oder? Solange ich nicht sitzen bleibe und in eine andere Klasse muss als Tim, bin ich absolut zufrieden. Und das ist schließlich die Hauptsache.
    Das sagt meine Oma auch immer: Hauptsache, man ist zufrieden. Meine Oma ist ziemlich klug. Sie weiß auf jede Frage eine Antwort. Und ich hab sie schon eine ganze Menge gefragt, das könnt ihr mir glauben. Außerdem kennt meine Oma massenweise schlaue Sprüche. Für jede Gelegenheit hat sie einen anderen. Ich kenne niemanden, der so viele schlaue Sprüche weiß wie sie. Irgendwann werde ich die alle mal aufschreiben. Das wird bestimmt ein richtig dickes Buch:
    Omas Sprüche für alle Gelegenheiten
    Klingt doch super, oder? Das Buch verkaufe ich und werde reich. Und dann können mir die Montage mal schön gestohlen bleiben. Na, wenn das kein guter Plan ist!
    Der Montag, an dem die Katastrophe in unserer Familie passierte, hatte eigentlich ganz gut angefangen. Es regnete ausnahmsweise mal nicht. Stattdessen strahlte die Sonne von einem blitzeblauen Himmel und es war schon morgens so warm, dass Tim und ich im T-Shirt durch das Dorf zum Schulbus liefen.
    Die neue Woche war diesmal nicht so lang und öde wie eine Autobahn, sondern ziemlich überschaubar. Nur noch drei Tage Schule – dann waren endlich Sommerferien. Sechs Wochen ohne Mathe, Englisch und den anderen Quatsch. Ein Traum! Natürlich würde ich die Zeit sinnvoll nutzen
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