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Frederica - sTdH 6

Frederica - sTdH 6

Titel: Frederica - sTdH 6
Autoren: Frederica - sTdH 6
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lebt. Aber ich brauche dringend Leute, und außerdem
kann man davon ausgehen, daß ein Kammermädchen solche Briefe nicht selber
schreiben könnte. Setzen Sie sich da hin.«
    Frederica
machte wieder einen Knicks und setzte sich gegenüber der Haushälterin hin. Ihre
Hände hatte sie im Schoß gefaltet, und ihre Augen waren bescheiden auf den
Boden gerichtet.
    »Sie werden
mit Mary arbeiten und die Damenschlafzimmer im Ostflügel in Ordnung halten.
Wenn Sie fest angestellt werden, bekommen Sie zwei Ballen Stoff, um sich
Kleider zu machen. Der Stoff reicht für zwei bedruckte und zwei schwarze. Haben
Ihre früheren Herrschaften viele Diener gehabt?«
    »Nein,
Madam, kein Vergleich mit den vielen, die Sie hier haben müssen«, sagte
Frederica.
    »Vielleicht
erscheint Ihnen Ihre Arbeit hier nicht so hart wie die, die Sie gewöhnt sind,
weil wir so viele Leute beschäftigen. Aber merken Sie sich, es wird nicht gepfuscht.
Sie nehmen immer einen Eimer mit kochendem Wasser in die Schlafzimmer hinauf,
und nachdem Sie die Nachttöpfe in den Schmutzeimer geleert haben, spülen Sie
sie mit dem kochenden Wasser aus und polieren sie mit einem Tuch trocken. Sie
müssen eine Bettschürze tragen, damit kein Schmutz von Ihrem Kleid an die
Bettwäsche kommt. Die Betten müssen jeden Tag abgezogen und eine Stunde lang
gelüftet werden. Wo lebt Ihre Familie?«
    »Sie sind
alle tot, Madam«, sagte Frederica und begrub im Geiste sämtliche erfundenen
Millets. »Man hat mich aus dem Waisenhaus geholt.«
    »Nun, Sarah
Millet, das ist jetzt Ihr Heim, wenn Sie sich gut benehmen. Sie sehen sauber
aus, und das ist etwas wert. Wie kommt es, daß Sie wie eine Dame sprechen?«
    »Ich habe
immer versucht, wie meine Herrin zu sprechen«, antwortete Frederica, aber sie
war überrascht über Mrs. Bradleys Frage. Sie hatte gedacht, sie hätte genau wie
ein Kammermädchen gesprochen.
    »Das mag
schon sein«, brummelte Mrs. Bradley mit ihrer heiseren Stimme, »aber glauben
Sie ja nicht, Sie sind etwas Besseres. Jetzt können Sie ein Glas Gin mit heißem
Wasser mit mir trinken und dann stelle ich Sie Mary vor. Mr. Smiles ist der
Kammerherr. Nennen Sie ihn immer ›Sir‹. Wenn er mit Ihrer Arbeit nicht zufrieden
ist und sagt, Sie müssen gehen, dann kann ich absolut nichts machen. Er hat
hier das Sagen.«
    Frederica
hätte gerne nach dem Lohn gefragt, aber brachte nicht den Mut dazu auf. Und sie
mußte doch auch einmal frei haben?
    Mrs.
Bradley raffte sich wieder ächzend auf und nahm den dampfenden Wasserkessel vom
Herd. Sie füllte zwei Gläser halb mit Gin und goß dann kochendes Wasser darauf.
    »Auf König
George und den Herzog von Pembury!« sagte Mrs. Bradley und stürzte den Grog in
einem Zug hinunter.
    »Auf König
George und den Herzog von Pembury«, wiederholte Frederica und trank ihr Glas
ebenfalls in einem Zug leer. Die Tränen traten ihr in die Augen, so sehr
brannte das Gebräu in der Kehle.
    »Du meine
Güte«, dachte Frederica, »wenn wir öfter solche Toasts ausbringen, bin ich bald
so heiser wie Mrs. Bradley.«
    »Nehmen Sie
jetzt Ihre Tasche«, sagte Mrs. Bradley, »und ich bringe Sie zu Mr. Smiles.«
    Minerva,
die älteste der
Armitage-Mädchen, hatte ihren Gatten, Lord Sylvester Comfrey, soeben mit einem
kleinen Mädchen beschenkt.
    Anders als
die Geburten der beiden älteren Jungen war diese schwer gewesen. Lord Sylvester
hätte unter normalen Umständen nicht einmal im Traum daran gedacht, die Post
seiner Frau zu lesen, aber als er jetzt unter der Morgenpost die
schulmädchenhafte Handschrift Fredericas erkannte, beschloß er, den Brief zu
öffnen.
    Die
Armitage-Mädchen waren ständig in irgendwelchen Schwierigkeiten, und Minerva
machte sich immer solche Sorgen um sie.
    Er war
entschlossen, daß nichts die Genesung seiner schönen Frau beeinträchtigen
sollte, und so brach er nach kurzem Zögern das Siegel auf und öffnete den
Brief.
    »Der alte
Narr!« stieß er wütend hervor und meinte damit den Pfarrer, seinen
Schwiegervater. Wenn Frederica wirklich weggelaufen war – obwohl er glaubte,
daß das nur romantische Schwärmereien waren –, dann mußte sie so schnell wie
möglich gefunden werden. Und die schlimme Nachricht mußte vor seiner Frau
geheimgehalten werden.
    Er ging
nach oben und betrat leise das Schlafzimmer seiner Frau. Sie hatte geschlafen,
erwachte aber, als er in das Zimmer kam.
    Sie sah so
zerbrechlich aus, daß sein Herz einen Schlag lang aussetzte.
    Er küßte
sie vorsichtig auf die Wange. »Wie geht es dir,
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