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Frederica - sTdH 6

Frederica - sTdH 6

Titel: Frederica - sTdH 6
Autoren: Frederica - sTdH 6
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wohlgefällig an. Sarah machte einen gezierten
Knicks und schaute unter langen, gebogenen Wimpern zu dem Fremden auf.
    Er war groß
und von der Sonne gebräunt, als käme er aus fernen Ländern. Er hatte üppiges
hellbraunes Haar, war modisch gekleidet und hatte ein sympathisches, hübsches
Gesicht.
    »Das ist
ein Anblick, den ich glaubte, nie wieder zu sehen«, sagte er, »ein hübsches
englisches Mädchen an einem schönen englischen Morgen.«
    »Kommen Sie
von weit her?« fragte Sarah.
    »Ja, mein
Herzchen. Aus Amerika.«
    »Und
stammen Sie aus Hopeworth, Sir?«
    »Ich bin
Lady Wentwaters Neffe, Guy Wentwater. Und wo leben Sie, meine Schöne?«
    »Im
Pfarrhaus«, antwortete Sarah und machte eine ungeduldige Kopfbewegung in die
Richtung.
    Zu ihrem
Erstaunen funkelten Mr. Wentwaters Augen einen Augenblick lang zornig auf. Dann
sagte er: »Bitte erwähnen Sie meinen Namen nicht. Ich mag Mr. Armitage nicht.«
    Er
verbeugte sich und ging weiter, während ihm Sarah nachschaute. Wentwater. Sarah
zerbrach sich den Kopf. Lady Wentwater hatte man schon lange nicht mehr zu
Gesicht bekommen. Ihr Haus am anderen Ende des Dorfes war kurze Zeit an Fremde
vermietet gewesen, aber im letzten Winter hatte es leer gestanden. Man wußte im
Dorf – denn es hatte in allen Zeitungen gestanden –, daß Guy Wentwater nach
Amerika gegangen war, nachdem er einen Mörder getötet hatte. Das bedeutete, daß
er ein tapferer Mann war. Aber im Pfarrhaus hatte sie wiederum geflüsterte
Andeutungen gehört, die zu bedeuten schienen, daß er ein Schuft war. Er hatte
Miß Emily, Sir Edwin Armitages Tochter, den Hof gemacht, und es war bekannt,
daß sie treu auf seine Rückkehr wartete. Sir Edwin Armitage war der Bruder des
Pfarrers.
    »Es ist
klar«, dachte Sarah, »der armen Emily bleibt gar nichts anderes übrig als zu
warten, wenn man so aussieht wie sie.«
    Sarah
beugte sich über den Weiher und versuchte, ihr Spiegelbild in dem unbewegten
Wasser zu sehen, aber sie konnte nur ihr blondes Haar und die Schleifen auf
ihrer Haube erkennen.
    Beim
Weitergehen dachte sie an Mr. Wentwater. Wenn sie erst einmal mit dem Pfarrer
verheiratet war, hätte sie die Möglichkeit, solche feinen Herren von gleich zu
gleich kennenzulernen ... und – wer weiß – sich auch ein bißchen
angelegentlicher an ihnen zu erfreuen.
    »Na, Sarah,
mit offenen Augen träumen?«
    Sarah
drehte sich langsam um und schaute in die Knopfäuglein des Pfarrers von St.
Charles und St. Jude, Hochwürden Charles Armitage.
    Er war ein
richtiger John Bull, stämmig, mit Schaufelhut und Pfeffer-und-Salz-Rock. Er
roch nach nassem Hund und Brandy. Mr. Wentwater hatte nach Joppa-Seife und
Lavendel gerochen.
    Sarahs
Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Wann geben wir endlich unsere
Verlobung bekannt, Charlie?« fragte sie mit lauter Stimme.
    Der Pfarrer
zuckte zusammen. »Ich habe mir gedacht, wenn ich Frederica an den Mann gebracht
habe.«
    »Was! Sie
ist am wenigsten hübsch von allen. Es wird eine Ewigkeit dauern, bis sie
verheiratet sein wird. Hör mir gut zu, Charlie! Ich habe genug von Mrs. Hammers
Reden, und wenn ich Mrs. Armitage bin, dann werfe ich sie raus.«
    »Aber
Mädchen«, brummte der Pfarrer, »wenn du so weitermachst, werde ich dich nie
heiraten. Ich, und mich von Mrs. Hammer trennen! Pah!«
    »Also gut,
dann hältst du aber deine Grapschhände im Zaum und betrittst erst nach der
Hochzeit wieder mein Schlafzimmer«, trumpfte Sarah auf, die Hände in die Hüften
gestemmt.
    Der Pfarrer
ließ seine Augen verdrießlich von ihrem goldenen Lockenkopf unter der kecken
Haube zu ihrem auffallend vorwitzigen Busen wandern. »Paß auf, sonst besinne
ich mich noch anders!«
    »Das kannst
du nicht«, sagte Sarah triumphierend. »Ich zeige dich wegen Vertragsbruchs an.
Außerdem hast du es Frederica erzählt, und es ist anzunehmen, daß sie es
Minerva gesagt hat.«
    »Lady
Sylvester und Miß Frederica für dich«, schnauzte sie der Pfarrer an. »Frauen!
Die soll doch alle der Kuckuck holen.«
    »Oooh!«
Sarah holte mit ihrer kräftigen Hand aus und versetzte ihm eine schallende
Ohrfeige, so daß sein Hut in den Weiher flog.
    Sie eilte
die Straße hinunter, und ihre Locken wippten wütend auf und ab.
    »Weibsstück!«
rief ihr der Pfarrer nach.
    Ein Erpel
knabberte an seinem Hut herum, und der Pfarrer verfluchte ihn lauthals.
Manchmal hatte er das Gefühl, daß sich die gesamte Natur gegen ihn verschworen
hatte. Der alte Fuchs fiel ihm ein, der ihn die letzten Jahre zum Narren
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