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Frederica - sTdH 6

Frederica - sTdH 6

Titel: Frederica - sTdH 6
Autoren: Frederica - sTdH 6
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schließlich erreicht hatte, vergaß sie ganz, daß Dienstboten nicht durch
den Haupteingang gehen. Die Tür stand offen, und so betrat sie die Halle.
Diese war ein Wunderwerk aus Stein, Holz und Marmor. Frederica bestaunte voller
Ehrfurcht die Gemälde, die Gobelins, die Schnitzereien und die bemalte Decke.
    Mr.
Anderson, der Butler, tauchte aus den niederen Regionen auf und betrat die
Halle. Er unterzog die kleine Gestalt, die da neben dem mitgenommenen Koffer
stand, einer eingehenden Prüfung. Obwohl sie ohne Begleiterin war und einen
schäbigen Hut trug, ließ sich sein geübtes Auge nicht täuschen. Er erkannte
teure Schneiderkunst, wenn sie ihm begegnete.
    »Kann ich
Ihnen behilflich sein, Miß?« fragte er.
    Frederica
fuhr zusammen und blickte zu Anderson auf. Er war nicht fett und arrogant wie
die meisten Butler, sondern schlank, drahtig und bläßlich.
    »Ich bin
gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie eine Kammerzofe brauchen, Sir«, sagte
Frederica.
    Andersons
Mund wurde merklich schmaler. »Gehen Sie mit mir, bevor Sie jemand sieht«,
schimpfte er. »Erdreistet sich durch die Vordertüre hereinzukommen und trägt
feine Kleider! Die wahrscheinlich kein bißchen besser sind als Sie! Wir wollen
sehen, was Mrs. Bradley dazu zu sagen hat.«
    Frederica
hatte das Gefühl, daß sie so eine Behandlung nicht ertragen konnte. Sie wandte
sich bereits halb zum Gehen, als sie die hochgewachsene Gestalt des Herzogs aus
einem Zimmer am anderen Ende der Halle treten sah. Sie schluckte, nahm ihren
Koffer und folgte dem Butler durch eine schmale Tür und eine steile Treppe
hinunter.
    Anderson
blieb vor einer glänzenden Holztür auf dem Treppenabsatz stehen und klopfte.
    »Herein«,
ertönte eine weibliche Stimme.
    Anderson
betrat das Zimmer gemessenen Schrittes und bedeutete Frederica, ihm zu folgen.
    Die
Haushälterin, Mrs. Bradley, saß in einem Sessel mit einem
Gobelinüberwurf neben dem Kamin in ihrem Salon.
    »Was soll ich davon halten, Mr.
Anderson?« fragte sie.
    Anderson schubste Frederica nach vorne.
    »Das freche
Ding kommt zur Vordertür hereinmarschiert und fragt nach einer Arbeit als
Kammermädchen.«
    Frederica
machte vor Mrs. Bradley einen Knicks und blieb mit gesenkten Augen stehen.
    Mrs.
Bradley war eine füllige Frau mit einem Gesicht, das vor Gesundheit strotzte.
Sie war in schwarze Seide gezwängt. Ihre große gestärkte Haube war mit einer
gestärkten Rüsche eingefaßt, die rund um ihr dickes Gesicht abstand. Die
Haube war unter dem Doppelkinn mit zwei steifen, weißen Bändern gebunden. Auf
ihrem Busen war eine silberne Uhr befestigt, die beinahe so groß wie eine
Wanduhr war.
    »Was haben
Sie zu Ihrer Verteidigung vorzubringen, Mädchen?« fragte sie. Sie hatte eine
überraschend tiefe, heisere Stimme.
    »Ich bin in
der Hoffnung auf Arbeit gekommen«, sagte Frederica.
    »Ha! Aber
feine Kleider tragen. Das Zeug haben Sie doch niemals von Ihrem Lohn gekauft.
Wohl gestohlen, heh?«
    »Nein,
Madam«, sagte Frederica kleinlaut. »Meine frühere Herrin, Mrs.
Betwynd-Pargeter, hat sie mir gegeben.«
    »Und warum
sind Sie nicht mehr bei dieser Mrs. Betwynd-Pargeter?«
    »Weil sie
gestorben ist, Madam. Aber sie hat mir ein Empfehlungsschreiben gegeben auf
ihrem ... Totenbett«, sagte Frederica und bemühte sich verzweifelt, wie ein Kammermädchen
zu sprechen. »Ich habe zwei Empfehlungsschreiben dabei.«
    »Überlassen
Sie es mir, sie vor die Tür zu setzen«, warf Anderson ein. »Ein freches Ding.«
    »Zufällig
brauche ich ein Kammermädchen für all die Gäste, mit denen Seine Gnaden mich überrascht
hat, und ich möchte Sie daran erinnern, Mr. Anderson, daß ich sehr wohl in der
Lage bin, mir mein eigenes Urteil zu bilden, wenn ich Mädchen einstelle.«
    Anderson
zuckte die Achseln: »Dann geben Sie mir aber nicht die Schuld, wenn sie das
Silber stiehlt«, sagte er und verließ wütend die Türe zuschlagend den Salon der
Haushälterin.
    »Lassen Sie
mich Ihre Referenzen sehen«, sagte Mrs. Bradley.
    Frederica
kramte in ihrem Täschchen herum und brachte die beiden gefälschten Briefe zum
Vorschein. Mrs. Bradley stand polternd auf, suchte in einer Schublade und
setzte sich dann eine kleine Brille mit Stahlrahmen auf.
    Nachdem sie
die Briefe gelesen hatte, bewegte sie die wogenden Massen ihres Körpers in den
Sessel zurück und nahm Frederica über die Brille hinweg genau in Augenschein.
    »Tja, Miß,
normalerweise würde ich ja kein Mädchen einstellen, bevor ich nicht an die Dame
geschrieben hätte, die noch
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