Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Autoren: Loons Gerringer
Vom Netzwerk:
aneinander mit Strecken aus Dunkelheit und Vergessen
dazwischen.
    Der Heckenweg mündet in einen Garten mit hohen alten
Bäumen und dunklem Farn, aus dem Fliegen brummend aufstieben, als er
vorbeigeht. Vor dem Glockenturm hält Turlington inne. „Komm schon. Such!“, sagt
James aufmunternd mit seiner Kinderstimme. „Such den Schatz, Turl!“ Aber
Turlington schnuppert zwischen den fliegenverseuchten Farnwedeln und tut so,
als hätte er ihn nicht gehört. Und auf einmal ist James an einem Ort, der von
blaugrünem Licht erfüllt ist, unruhig und machtvoll ist es, es lässt sein Herz schwer
schlagen, erfüllt ihn mit Freude und Staunen – mit Ehrfurcht? Er will nur
dastehen und es bewundern. Aber da ist ein Lärm, der ihn ablenkt, ein furchtbarer
Gesang draußen, der immer lauter wird, bis er mit seinen dumpfen, verschmierten
Tönen an der ganzen Welt rüttelt. Der kleine James presst die Hände auf die
Ohren und duckt sich und flieht hinaus – in die grelle Helligkeit eines
Wüstenmittags hinein, und da ist es noch lauter und noch schrecklicher. Da
hockt er im roten Sand, der, der singt … parsley sage rosemary and thyme … die grauenvolle Klageversion eines
Liedes, und er hält sie im Arm, wie tot liegt sie da, und ihr Haar fließt wie
goldenes Wasser über seine Hand, über die, die kein Messer hält. James schlägt
sich die Hände vor den Mund, damit der da sein Schreien nicht hört, aber es ist
zu spät, der hat ihn entdeckt, mit gelben Augen starrt er zu ihm herüber, er
weint, sein ganzes Gesicht ist nass von Tränen, und trotzdem macht er es, das
mit dem Messer –
    James kreischt, er schreit nach Turlington, will
davonlaufen, aber seine Füße kleben am Boden fest, da dreht er sich weg, um
nicht zu sehen, wie der ihn erwischt, sein Herz flattert wie ein kleiner Vogel
in einem Netz –
    Dann ist einer vor ihm, ein Reiter mit einem schwarzen
Helm über dem Kopf, und James blickt hinauf in ein Gesicht aus dunklem Metall.
Keilförmige Schlitze ungefähr da, wo die Augen sein sollten, sind das Einzige,
das an ein Menschengesicht erinnert. Und eine knarrende, seltsam vielfache
Stimme hinter dem Visier sagt: „Hier geht es nicht weiter für dich!“ Und James
weiß, dass damit das Monster gemeint ist, das ihm schon die blutige Hand auf
die Schulter gelegt hat, und er weint und schreit und weiß nicht, ob es nicht
schon zu spät ist –
     
    Sachte Berührung auf seinem Gesicht erlöste ihn
irgendwann aus dem fiebrigen, angsterfüllten Dunkel. Er riss die Augen auf. Da
war endlich ein bisschen Licht, ein Hauch von Dämmerung, und aus dem grauschwarzen
Himmel fiel Regen, dichter, weicher, kühler Regen, der erste, den er in diesem
Land erlebte. Es musste schon eine Weile regnen, denn sein Gesicht und seine
Haare waren nass. Nasse Karnellen krochen benommen über den Boden. In der Nähe
fluchten der Chef und Firn über die rauchende Glut.
    Verwirrend, die Regengerüche, fremd –
    Turlington ,
dachte er, und die Bilder seines Traums kamen ihm vor wie ein Meteoritenschauer
aus einer fremden Sphäre: Aufglühende, rasch wieder verlöschende Splitter,
scharfkantige Fremdkörper, die in ihm steckenblieben. Er hielt sein Gesicht dem
Regen hin und ließ es kühlen. Jetzt war es vorbei. Vorbei. Hier geht es
nicht weiter , hatte der Anführer der Rittergarde gesagt. Und vielleicht
blieb der Forlorner nun ja wirklich fort.

27. Ruhe in Frieden!
     
    Es
regnete während der ganzen Überfahrt über den Fluss, die stundenlang zu dauern
schien. James fand es erstaunlich, dass die Fähre, die nicht viel mehr als ein
großes Floß war, ihre sieben Wagen auf einmal transportieren konnte. Sie standen
eingeklemmt am Holzgeländer und kämpften bei jeder starken Strömung gegen das
Wegrollen der Wagen an. Und die ganze Zeit regnete es auf sie herunter. Die
Präfektur Lalekanda empfing sie mit einem Vorhang aus silbrigen Regenfäden, hinter
dem das Grün von Feldern verwischte und das Weiß der Häuser verschwamm. Nach
einem weiteren umständlichen Kontrollprozedere zogen sie noch lange Stunden
durch den Regen, bis sie in der Dämmerung einen Ort namens Rogwarken
erreichten, wo der Chef rasten ließ. Plötzlich hörte auch der Regen auf, und
über den tropfenden Bäumen hing ein verknitterter blauer Abendhimmel. An einem
Bachufer irgendwo zwischen Obstwiesen und Gesträuch schlugen sie ihr Lager auf.
Keine Gelichterzäune, keine Garnbarrieren mehr, kein Zwang, in oder dicht bei
einem umzäunten Ort zu lagern! Sie waren endlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher