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Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade

Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade

Titel: Sommerlicht Bd. 5 Aus dunkler Gnade
Autoren: Melissa Marr
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Prolog
    Niall schritt durch die Ruinen des Tattooladens. Bunte Glasscherben knirschten unter seinen Stiefeln. Der Fußboden war übersät mit Tintenfläschchen, eingeschweißten Nadeln, elektrischen Geräten, die er nicht einordnen konnte, und anderen Dingen, die er lieber nicht einordnen wollte . Mit Gefühlen wie Zorn und Trauer war der König der Finsternis bereits vertraut; er hatte sich auch schon hilflos gefühlt, überrumpelt; aber niemals zuvor waren all diese Emotionen zugleich auf ihn eingestürmt.
    Er blieb stehen, hob eins der zerstörten Geräte aus Metall und Draht vom Boden auf und drehte es in der Hand hin und her. Erst ein Jahr zuvor hatte eine Tätowiermaschine – vielleicht diese – Irial, den ehemaligen König der Finsternis, an eine Sterbliche gebunden, die ihn und Niall nach einem Jahrtausend wieder zusammengebracht hatte. Irial war seine Konstante, der einzige Elf, der – in guten wie in schlechten Zeiten – seit mehr als tausend Jahren zu Nialls Leben gehörte.
    Niall stach mit dem kaputten Gerät auf seine blutverschmierte Hand ein. Sein eigenes Blut quoll hervor und vermischte sich mit dem trocknenden Blut an seinen Händen. Seinem Blut. Irials Blut klebt an meinen Händen, weil ich Bananach nicht aufhalten konnte. Niall holte erneut aus, doch bevor er ein zweites Mal zustechen konnte, umfasste eine Hundselfe sein Handgelenk.
    »Nicht.« Die Hundselfe, Gabriels Gefährtin Chela, nahm ihm das Gerät ab. »Die Trage ist jetzt da und …«
    »Ist er wach?«
    Chela schüttelte stumm den Kopf und führte ihn ins Wohnzimmer, wo Irial lag.
    »Er wird wieder gesund«, sagte Niall, um die Reaktion der Hundselfe zu testen.
    »Das hoffe ich«, sagte sie, doch ihre Zweifel waren unüberhörbar.
    Irial lag reglos auf der Trage. Das ungleichmäßige Heben und Senken seiner Brust zeigte an, dass er noch lebte, doch sein gequälter Gesichtsausdruck machte deutlich, wie sehr er litt. Seine Augen waren geschlossen.
    Der Heiler hatte abstoßend riechende Pflanzen auf die Wunde gelegt, und Niall wusste nicht, was schlimmer war: Irial anzuschauen oder die blutigen Verbände auf dem Boden.
    Die Hundselfe, die auch als Gabriels Stellvertreterin fungierte, sagte mit gesenkter Stimme: »Die Meute bleibt an deiner Seite, Niall. Das hat Gabriel klar zum Ausdruck gebracht. Wir stehen dir bei. Und wir werden Bananach nicht in deine Nähe lassen.«
    Niall stellte sich neben Irial und fragte den Heiler: »Und?«
    »Sein Zustand ist den Umständen entsprechend stabil.« Der Heiler wandte sich Niall zu. »Wir können seine Schmerzen lindern, während das Gift von ihm Besitz ergreift, oder wir können sein Leiden been…«
    »Nein!« Nialls Abgrundwächter erwachten in gemeinsamer Wut zum Leben. »Du wirst ihn retten !«
    »Bananach hat ihm ein Messer mit Gift in den Leib gestoßen. Er ist so gut wie t…« Der Rest ging im verzweifelten Gebrüll des Königs der Finsternis unter.
    Irial schlug die Augen auf, nahm Nialls Hand und sagte mit heiserer Stimme: »Lass es nicht am Überbringer der Nachricht aus, Liebster.«
    »Sei still, Irial«, entgegnete Niall, zog seine Hand jedoch nicht weg. Mit der freien Hand winkte er die wartenden Elfen heran. »Seid vorsichtig mit ihm.«
    Niall ließ Irials Hand los, damit die Elfen die Trage vom Boden aufheben konnten.
    Beim Verlassen des Tattooladens formierten sich die Hundselfen vor, neben und hinter Niall und dem verwundeten König.
    Die Augen des ehemaligen Königs der Finsternis schlossen sich wieder; seine Brust schien sich nicht mehr zu heben.
    Niall legte eine Hand auf den Körper des Verletzten. »Irial!«
    »Noch da.« Irial schlug die Augen nicht auf, lächelte jedoch zaghaft.
    »Blödmann«, sagte Niall, ließ seine Hand jedoch auf Irials Brust liegen, um sowohl seinen Puls als auch seinen Atem spüren zu können.
    »Selber, Gancanagh«, murmelte Irial.
    Allzu weit von Huntsdale entfernt lehnte Keenan an einer feuchten Höhlenwand. Draußen am Himmel über der Wüste funkelten die Sterne, doch er wollte nach Hause, hatte schon vom Augenblick seiner Abreise an nach Hause gewollt. Bald. Er hatte fortgehen müssen, um Antworten zu finden, und erst wenn das geschehen war, konnte er zurück. Er war noch nie irgendwo allein gewesen, doch er war sicher, das Richtige zu tun. Gut, dessen war er sich schon oft sicher gewesen. An Selbstsicherheit fehlte es ihm nicht, aber sie führte nicht immer zu klugen Entscheidungen.
    Er schloss die Augen und ließ sich vom Schlaf
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