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Fehltritt Im Siebengebirge

Titel: Fehltritt Im Siebengebirge
Autoren: Georg R. Kristan
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verändert.
    »Marianne?«
    »Wer ist dort?« wurde vorsichtig zurückgefragt.
    »Ich spreche doch mit Marianne Richter?« Leiser fügte er hinzu: »Printe!«
    Das war der Moment des gegenseitigen Erkennens.
    »Werner, du?«
    »Ja, der abservierte Werner Klatte aus Aachen.«
    Erst nach einiger Zeit kam die Frage: »Von wo sprichst du?«
    »Aus Bonn.«
    »Und?«
    »Wie geht es dir?«
    »Gut.«
    »Denkst du noch manchmal an Aachen?«
    Die Antwort ließ eine Weile auf sich warten. »Ja, du Dummkopf. Doch damals schienst du froh zu sein, daß ich von dort verschwand.«
    »Aber…«
    »So war es doch. Deine kleinbürgerliche Eifersucht hat mich weggenervt.«
    »Wie recht du hast. Aber schön war er doch, unser – wie sagen wir zollgerecht – unser gelegentlicher grenzüberschreitender Verkehr!«
    Er hörte, wie sie leise lachte. »Du bist immer noch der alte Stromer, auf den die Mädchen fliegen. Erst zart anmachen, dann heftig fahnden, und schließlich die Erwartungen nur unvollkommen erfüllen.«
    »Du verkennst mich schon wieder.«
    »Werner, im Ernst, was bedeutet deine Stimme in meinem Ohr? Alte Liebe oder neue Anmache?«
    »Zunächst einmal Dienst. Du scheinst also noch nicht zu wissen, daß ich in Bonn bin – dienstlich und privat.«
    »Wieso das?«
    »Ich habe das Zollamt Bonn-Beuel übernommen und wollte meinen ersten Besuch bei der Firma Erlenborn nicht ohne geziemende Anmeldung vornehmen. Und welche Freude, gleich dich am Telefon zu haben. Hoffentlich ist Erlenborns Verwalter des Steuerlagers für Alkohol von meinem Erscheinen ebenso beglückt wie du.«
    »Himmel, das wird kompliziert«, seufzte Marianne überrascht.
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Genau wie ich es sage. Ich gebe dir’s im Klartext: Den ganzen Zoll- und Verbrauchssteuerkram hat früher die Frau vom Chef erledigt. Das war auch der Grund, warum Erlenborn nach ihrem Tod eine erste Kraft mit Verbrauchssteuerkenntnissen gesucht hat und ein gutes Gehalt bot. So bin ich hergekommen. Die Firma macht einen Bombenumsatz, Kommanditgesellschaft mit über hundert Beschäftigten. Du kennst vom Fernsehen die Bandenwerbung Erlenborn-Doppelkorn. Alkohol ist nun mal eine hoch steuerbare Ware, von der man etwas verstehen muß, wenn die Erlöse nicht zu sehr von der Kostenseite her aufgezehrt werden sollen.«
    »Marianne, halt an. Aus dir spricht die geborene Geschäftsfrau, die kleine Klare aus dem Westen. – Sag mal, wie alt ist der denn?«
    »Wer bitte?«
    »Na, der Chef ohne Frau?«
    »Mitte Dreißig, keine Kinder.«
    Werner Klatte seufzte auf: »O Nachtigall, ick hör’ dir trapsen!«
    »Also, mein Fahnder, jetzt darfst du dir deinen Kopf darüber zerbrechen, wie man eine Zollgetreue dienstlich überwachen und außerdienstlich mit ihr ohne Grenzüberschreitung verkehren kann.«
    »Das ist ja stark!« stöhnte Klatte, eher besorgt als belustigt. »Ich kann doch nicht einen anderen Beamten meiner Dienststelle zu unserem größten und interessantesten Betrieb schicken und meine Befangenheit erklären – wegen gehabter oder beabsichtigter Kontakte mit der auf Zolltreue verpflichteten Dame von Erlenborn.«
    »Das Gelächter möchte ich hören«, kicherte Marianne Richter. »Da kannst du dich gleich zurückversetzen lassen, am besten in die Rhön oder in den Bayerischen Wald. Aber das mit den amourösen Wiederbelebungsversuchen – dazu gehören doch wohl zwei.«
    »Sicherlich – der andere wäre ich.« Klatte gab sich locker, fühlte sich aber verunsichert. »Oder bist du… hast du dich anderweitig, sozusagen chefseitig orientiert?«
    Marianne blieb die Antwort schuldig und fragte kurz: »Was ist nun? Bleibt es bei der Voranmeldung, Herr Steueraufsichtsbeamter?«
    Werner Klatte überlegte nicht lange. »Ja, es bleibt dabei! Empfehlung an den Herrn Unternehmer Erlenborn: Prüfung des Steuerlagers wird auf Dienstag zehn Uhr festgesetzt.«
    »Sehr wohl, Herr Zollamtmann! Und im gegenseitigen Interesse legt die auf Zolltreue verpflichtete Person der Firma Erlenborn-Spirituosen größten Wert darauf, mit Sie angesprochen zu werden. Sie wird dem flüchtigen Bekannten aus der Aachener Zeit in sehr distanzierter Weise gegenübertreten. Die beiden werden sich begegnen wie Fremde in der Nacht.«
    »Sehen wir uns wenigstens am Wochenende? Ich habe mich in den letzten Tagen rechtsrheinisch orientiert. Jetzt wäre mir eine führende Hand im linksrheinischen Dschungel der Bundeshauptstadt sehr willkommen.«
    »Langsam, ganz langsam, nur keine schnellen
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