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Fehltritt Im Siebengebirge

Titel: Fehltritt Im Siebengebirge
Autoren: Georg R. Kristan
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und kontrollieren scharf zwischen Liege und Lichtenbusch. Ich meine es ja gut mit dir!«
    Guido nahm das Gas zurück. Dieser verhaschte Spinner auf dem Beifahrersitz hatte ihn vergessen lassen, daß es der neuen Maschine gar nicht guttat, so getreten zu werden. Und das mit den Kontrollen stimmte auch.
    »Woher hast du eigentlich deine Weisheiten?«
    »Den Kurs kenne ich. Köln-Antwerpen und dann rauf nach Amsterdam oder den kürzeren Striemel über Eindhoven. Kommt ganz drauf an, wie lange Zeit man hat und wie das Wetter ist.«
    »Und wozu das?«
    »Zwei-, dreimal im Jahr einen Husch für den Hasch. Nicht für die harten Sachen. Von den zehntausend Fixern gehen jedes Jahr in Amsterdam an die fünfzig drauf. Mir reicht die weiche Welle. So ‘n Pot ist immerhin sechsmal stärker als Marihuana. Pi-Mädchen drehen da leicht durch. Aber sonst alles klasse Typen da oben. Stoff die Menge, und reden kannst du mit jedem – wenn du Laune hast. Das rückt das Weltbild zurecht. Man braucht das in unserer beschissenen Gesellschaft.«
    »Mensch, deine Sorgen möchte ich haben«, knurrte Guido. »Und wovon lebst du?«
    »So ganz lala. Das Studium ist schon seit einem Jahr passe. Bringt nichts. Ich bin noch in Köln immatrikuliert, wegen der Sozialversicherung. Das elterliche Friedhofsgemüse schaut da sowieso nicht ganz durch – und zahlt schön weiter. Chirurgen sind keine armen Leute, und Muttchen liebt ihren Bubi. Kompensation dafür, daß sie ein Kindlein in die Welt gesetzt hat.«
    »Und wir rackern uns die Knochen kaputt, damit es euch gutgeht!« Guido mußte aufpassen, daß er nicht wieder mit Bleifuß fuhr.
    »Hast du dir das noch nicht klargemacht, starker Mann? Du bist doch auch nur ein ausgebeutetes Objekt der Gesellschaft. Die dicken Mäuse macht dein Boß«, sagte der Tramper sanft.
    »Mensch, du Spinner – mein Boß ist mein Alter. Das ist unser Laden, und wir ackern Tag und Nacht, damit alles läuft. Da hängen ein paar Dutzend Leute dran, mit Frauen und Kindern. Wie und wovon sollen die denn leben, wenn kein Schwanz mehr malochen will?«
    Der Mitfahrer blieb eine Weile stumm und sagte schließlich: »Ach so, darum hattest du Schiß, daß der Zoll dein Spielzeug kassiert. Der Papa hat einen braven Jungen.«
    »Der dir gleich die Fresse poliert«, Guidos Hände umklammerten das Lenkrad.
    »Sachte, Mann. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir leben doch in einer Welt der freien Rede. – Irgendwann der goldene Schuß, und das war’s dann hienieden. Warum also Zorn und Mühe?«
    Der ist kaputt, dachte Guido und war froh, als das Douane-Schild auf die nahe Grenze hinwies. »Ist dein Ausweis in Ordnung?«
    »Aber gewiß doch. Meine Weste könnte den weißen Riesen zieren. Ich stehe in keiner Fahndungskartei.«
    Am Zollamt Lichtenbusch herrschte der übliche Hochbetrieb. In langen Reihen hinter- und nebeneinander warteten die Lastkraftwagen auf die Abfertigung. Der Pkw-Reiseverkehr lief über eine andere Spur. Die Fernfahrer kletterten mit staksigen Beinen von ihren Sitzen und machten ein paar Kniebeugen, kurze Sprünge oder Ruderbewegungen, um die Steifheit von der langen Fahrt aus ihren Knochen zu schütteln.
    An den Abfertigungsschaltern war alles Routine. Guido hatte, wie die meisten anderen auch, eine Ledertasche in der Hand, in der sich die Fahrzeug- und Frachtpapiere befanden. Er hatte zuvor den Tramper aussteigen lassen, das Fahrerhaus abgeschlossen und ihn zur Paßkontrolle geschickt. »Mach deine Einwanderung klar. Ich ziehe den Wagen dann vor, und du kannst wieder einsteigen. Bis zum nächsten Parkplatz!«
    Der Tramper war ohne zu murren ausgestiegen und zur Kontrollstelle vorgegangen.
    Der Zöllner am Abfertigungsschalter grüßte kurz und nahm die Frachtpapiere entgegen. Dann haute er einige Stempel auf die Warenbegleitscheine und Ursprungszeugnisse. Nachdem er alles unterzeichnet hatte, reichte er den ganzen Satz Vordrucke an Guido zurück. Der Großcontainer auf dem 16-Tonner enthielt Überseestückgut und lag unter Zollverschluß. Das machte alles einfacher. Er sollte im Verbundverkehr in Bonn-Beuel bei Spedimpex Siemann und Co. vom Transportunternehmen Hammer aus Versmold/Bielefeld, einem Branchenriesen, übernommen werden. Letzter Bestimmungsort war Gießen.
    Die Zollverfahren waren schon seit Jahren vereinfacht. Bis auf gelegentliche Stichproben wurde auch bei Einfuhren aus Drittländern von einer Warenkontrolle an der Grenze abgesehen. Die Überführung in den freien Verkehr erfolgte im
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