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Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)
Autoren: John Flanagan
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G undar Hardstriker, der Kapitän des nordländischen Schiffes Wolfswolke , kaute schlecht gelaunt auf einem zähen Stück Rauchfleisch. Seine Mannschaft saß beim Essen zusammengedrängt unter dem dürftigen Schutz von Bäumen und Segeltuch und wärmte sich so gut es ging an einem kleinen qualmenden Feuer. So nahe an der Küste verwandelte sich der Schnee meist um die Mittagszeit in eiskalten Graupelregen, der im Laufe des Nachmittags wieder gefror. Die Mannschaft wartete darauf, dass ihr Kapitän einen Ausweg aus dieser Situation fand, das wusste Gundar nur zu gut. Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als ihnen einzugestehen, dass er keinen wusste. Sie waren in Araluen gestrandet, ohne jede Hoffnung auf eine Rückkehr nach Skandia.
    Etwa hundertfünfzig Fuß entfernt lag die Wolfswolke mit Schlagseite am Flussufer. Selbst aus dieser Entfernung konnte Gundar mit geübtem Seemannsblick den Knick im Rumpf erkennen, und dieser Anblick brach ihm fast das Herz. Für einen Nordländer war sein eigenes
Schiff ein lebendes Wesen, eine Verkörperung seiner Persönlichkeit.
    Und jetzt war dieses Schiff kaputt. Der Kiel war schwer beschädigt, der Rumpf eingebrochen. Die Wolfswolke taugte nur noch als Bau- und Feuerholz, jetzt, da der Winter sie alle fest im Griff hatte. Bisher hatte Gundar es vermieden, das Schiff zu zerlegen, doch viel länger konnte er nicht mehr warten. Sie brauchten das Holz, um sich notdürftig Hütten zu bauen, oder eben auch als Feuerholz. Doch solange die Wolfswolke wie ein Schiff aussah, selbst mit diesem verdammten Knick im Rumpf, konnte er sich noch mit einem gewissen Stolz als Skirl betrachten, wie Nordländer einen Schiffskapitän nannten.
    Die Reise war vom Anfang bis zum Ende eine Katastrophe gewesen, erinnerte sich Gundar düster. Sie hatten an den gallischen und iberischen Küstendörfern Beute machen wollen. Raubzüge in Araluen gab es in jüngster Zeit nur noch selten, da der Oberjarl von Skandia ein Abkommen mit dem König von Araluen unterzeichnet hatte. Seither waren Raubzüge zwar nicht ausdrücklich verboten, sie wurden jedoch vom Oberjarl Erak nicht gern gesehen, und nur ein wirklich dummer oder tollkühner Skirl würde es riskieren, Eraks Unwillen auf sich zu ziehen.
    Gundar und seine Männer hatten die Meerenge als die Letzten der Nordländerflotte erreicht und die anliegenden Dörfer entweder leer vorgefunden, weil andere ihnen zuvorgekommen waren, oder sie hatten es
mit Einwohnern zu tun bekommen, die gewarnt waren und sich ihnen kampfbereit entgegenstellten. Es hatte harte Kämpfe gegeben, bei denen der Kapitän einige Männer verloren hatte und ohne Beute abziehen musste. Schließlich hatte er einen Zufluchtsort gesucht und bei einer kleinen Insel vor der Südostküste von Araluen angelegt. Er brauchte dringend Vorräte für die lange winterliche Reise zurück nach Norden.
    Gundar lächelte wehmütig, als er darüber nachdachte. Wenn es einen erfreulichen Teil der Reise gegeben hatte, so war es dieser gewesen. Denn auf der Insel waren er und seine Mannschaft von einem jungen Waldläufer begrüßt worden  – und zwar eben jenem, der vor einigen Jahren an Eraks Seite in der Schlacht gegen die Temujai gekämpft hatte.
    Zu ihrer Verblüffung hatte der Waldläufer ihnen angeboten, sie mit Verpflegung zu versorgen. Er hatte sie sogar zu einem abendlichen Bankett in die Burg eingeladen, zusammen mit den örtlichen Honoratioren und deren Frauen. Gundars Lächeln wurde breiter bei der Erinnerung an diesen Abend  – wenn er daran dachte, wie seine rauen und unbeholfenen Seeleute sich bemüht hatten, ihr bestes Benehmen an den Tag zu legen und ihre Tischgenossen höflich ersuchten, doch bitte das Fleisch weiterzureichen, oder darum baten, Wein nachgeschenkt zu bekommen. Ihre Versuche, sich unter die bessere Gesellschaft zu mischen, hätten zu Hause in Skandia Stoff für einige gute Geschichten abgegeben.
    Sein Lächeln schwand. Zu Hause in Skandia. Er hatte keine Ahnung, wie sie wieder dorthin kommen sollten. Oder ob sie überhaupt jemals zurückkämen. Sie hatten die kleine Insel Seacliff gut genährt und mit reichlich Proviant verlassen. Und der Waldläufer hatte ihnen zum Abschied sogar noch einen Sklaven überlassen.
    Der Name des Mannes war Buttle. John Buttle. Er war ein Verbrecher  – ein Dieb und Mörder  – und seine Anwesenheit in Araluen ein Quell steten Ärgers für den Waldläufer. Deshalb hatte er Gundar um den Gefallen gebeten, Buttle als Sklaven nach Skandia
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