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Evers, Horst

Evers, Horst

Titel: Evers, Horst
Autoren: Fuer Eile habe ich keine Zeit
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etablieren, wo man sich
präsentieren, austauschen und Freunde sammeln kann. Lauter so Zeug. Ich habe
ihm damals schlüssig erklärt, was für ein kompletter Schwachsinn das ist. Für
so einen Blödsinn würde sich doch keiner interessieren, und ohnehin wäre
niemand so bescheuert, so viele Daten und private Informationen von sich ins
Netz zu stellen. Er hat es dann gelassen, aber der relative Erfolg von diesem
Facebook kurze Zeit später hat meine Ratschläge in seinen Augen doch für einige
Zeit etwas entwertet. Wobei, die Idee mit dem eingetupperten Essen und den
abgefüllten Küchengerüchen, das ist etwas, wo ich mir auch vorstellen könnte,
mal was zu investieren.
     
    Sintflut für alle
     
    - Was sind
denn das für Vampire?
    Julia
sitzt in meiner Küche und schimpft. Sie ist richtig wütend. Sie sieht süß aus,
wenn sie wütend ist.
    - Man kann
doch nicht mit Vampiren machen, was man will. Die müssen doch irgendwie
urheberrechtlich oder gattungstechnisch geschützt sein. Oder nicht? Man muss
die doch schützen können!
    Ich sage:
    - Julia,
wenn du so wütend bist, dann siehst du richtig süß aus.
    Sie nimmt
den Klotz Butter vom Teller und wirft ihn mir an den Kopf. Ich lächle. Manchmal
finde ich es ganz hübsch, mit fettigen Lebensmitteln beworfen zu werden.
Irgendwie fühlt man sich da nochmal fünfundzwanzig Jahre jünger. Julia war mit
ihren Nichten im Kino gewesen. In «Twilight», der Verfilmung von diesen
Mords-Super-Wahnsinns-Vampirweltbestsellern: «Bis(s) zum Morgengrauen», «Bis(s)
zur Dämmerung», «Bis(s) die Schwarte kracht», «Bis(s) keiner mehr steht»,
«Bis(s) der alte Holzmichel noch lebt» und «Bis(s) was weiß ich, wie die nicht
noch alle heißen». Eben die Vampirromane von Stephenie Meyer, einer Mormonenfrau,
die diese Geschichten erfunden hat, in denen eine junge Frau einen total
gutaussehenden Vampir liebt. Dagegen ist nichts zu sagen. Allerdings sieht der
Vampir nicht nur total gut aus, sondern ist zudem extrem gut erzogen, extrem
höflich, extrem anständig, beißt niemals Menschen und vor allen Dingen: Er
lehnt Sex vor der Ehe ab. Sozusagen ein Mormonenvampir. Das ist zu viel für
Julia:
    - Was, bitte
schön, ist das denn? Ein Vampir, der vorehelichen Geschlechtsverkehr ablehnt?
Na super! Hat die eigentlich einen Moment lang überlegt, warum man sich
Vampire überhaupt ausgedacht hat? Wofür die eigentlich symbolisch stehen? Wenn
ich schon einen Vampir am Hals habe, will ich doch zumindest auch, dass der ...
dass der ... Ich meine, das ist doch wohl mein gutes Recht, dass der dann auch
... Ich schließe das Küchenfenster. Julia ist irritiert.
    -     Was soll das? Ist dir peinlich,
was ich erzähle?
    -     Nein, mir war nur kalt.
    -     Horst, es ist draußen wärmer als
hier drinnen.
    -     Na gut, dann war mir eben heiß.
    Ein kurzes
Blitzen in ihren Augen, dann klatscht ein Löffel Marmelade gegen meine Stirn.
Alles, was recht ist, aber zielen kann sie wirklich. Julias aktueller Freund
mag es nicht, wenn sie ihn mit Lebensmitteln bewirft, auch nicht, dass sie so
laut pöbelt und schimpft. Da sie ihn ansonsten aber sehr gern hat und die junge
Beziehung nicht unnötig belasten möchte, hat sie mich gefragt, ob sie nicht
einmal die Woche zu mir zum Pöbeln und Sachenwerfen kommen kann. Ein
sogenanntes Schimpffrühstück. Sie bringt alles fürs Frühstück mit, erledigt
noch ein paar Büroarbeiten für mich, und dafür darf sie dann aber auch
anderthalb Stunden lang laut und hemmungslos schimpfen und mit Lebensmitteln
werfen. Ohne dass irgendjemand beleidigt wäre. Das funktioniert super. Wir
haben schon überlegt, ob wir nicht wöchentlich große Schimpfrunden für bis zu
zwanzig Teilnehmer anbieten sollten. Sozusagen professionell, gegen Eintritt,
Frühstück inklusive. In einer Zeit der Finanzrettungsschirme und
Abwrackprämien, der Atomkraftwerklaufzeitverlängerer und
Besserverdienendenbeschützer, der Bahnprivatisierer und
Ölplattformkatastrophenverursacher müsste es doch eigentlich immensen Bedarf an
solchen Schimpffrühstücken geben.
    Mit einer
beschmierten Brötchenhälfte, die auf meinem Kopf landet, lenkt Julia meine
Aufmerksamkeit wieder auf sich:
    - Echt ey.
Vampire, die vorehelichen Geschlechtsverkehr ablehnen. Was kommt als Nächstes?
Macht ein katholischer Reptilienfreund einen Film, in dem Godzilla leise,
freundlich, ganz vorsichtig auf Zehenspitzen durch New York tänzelt, ohne
irgendwas kaputt zu machen? Und jedes Mal, bevor er jemanden
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