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HISTORICAL EXCLUSIV Band 21

HISTORICAL EXCLUSIV Band 21

Titel: HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
Autoren: BETH HENDERSON DEBORAH SIMMONS
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1. KAPITEL
    Keiner nahm Georgiana Bellewether wirklich ernst.
    Sie empfand es als eine ausgesprochene Bürde, dass sie mit den verführerischen Kurven einer Venus, einer Fülle blonder Locken und großen blauen Augen, die man wiederholt mit klaren Seen verglichen hatte, geschlagen war. Die meisten Menschen, denen sie begegnete, waren nach einem einzigen Blick auf sie überzeugt, dass sie nichts im Kopf haben konnte. Männer hielten Frauen sowieso nicht für intelligent, doch in ihrem Fall gingen sie davon aus, dass sie eine einfältige Gans sein musste.
    Es war einfach trostlos.
    Ihre Mutter war eine gute Seele, wenn auch ein wenig fahrig, ihr Vater ein beleibter, liebenswürdiger Landjunker, und Georgiana glaubte, dass sie zweifelsohne glücklicher geworden wäre, wenn sie ein wenig mehr ihren Eltern geähnelt hätte. Bedauerlicherweise war sie jedoch die Einzige der vier Bellewether-Sprösslinge, die nach ihrem Großonkel Morcombe schlug, der ein bekannter Gelehrter mit einem scharfen Verstand war. Seit ihren ersten Gehversuchen hatte Georgiana alles verschlungen, was sich ihr an Wissen bot. Sie übertraf in wenigen Jahren ebenso die Fähigkeiten ihrer Gouvernante wie die des Hauslehrers ihres Bruders und die der Lehrerinnen an der Schule für höhere Töchter.
    Ihre besondere Begabung bestand in ihrer Fähigkeit, knifflige Denkaufgaben zu lösen, und oft verwünschte sie die Tatsache, dass sie als Frau auf diese Welt gekommen war und somit ihr Talent niemals nutzen und etwa ein Londoner Detektiv werden konnte. Statt mit souveränen Kombinationen Beweisketten zu schließen und tollkühn ruchlose Schurken zur Strecke zu bringen, wie sie es so gern getan hätte, musste sie sich damit begnügen, ihre Geistesgaben anzuwenden, indem sie sämtliche Kriminalfälle in den Zeitungen verfolgte und an der Aufklärung alltäglicher Rätsel arbeitete, wie sie sich ihr in Chatham’s Corner boten, jenem kleinen Dorf, in dem ihr Vater gemütlich als Gutsherr und Vertreter der Krone residierte.
    Doch in diesem Jahr, das schwor sie sich, würde es anders werden. Ihre Familie hatte sich für den Sommer nach Bath begeben, und Georgiana hatte die Absicht, ihre neue Umgebung bestmöglich im Sinne ihres Talentes zu nutzen. In diesem berühmten Kurort musste sich ihr ja wohl zumindest ein verzwicktes kriminelles Vorkommnis bieten, an dem sie ihre Fähigkeiten messen konnte. Unter den vielen unterschiedlichen Menschen hier in Bath befanden sich doch wohl sicher auch weniger harmlose Zeitgenossen, als es die ländlichen Bewohner in ihrer vertrauten Umgebung waren.
    Nach einer Woche, die Georgiana vornehmlich mit Besuchen in der Trinkhalle, dem „Pump Room“, und mit Spaziergängen auf den Straßen während der dafür genehmen Stunden zugebracht hatte, musste sie zu ihrem Leidwesen zugeben, dass sie enttäuscht war. Auch wenn es ihr Freude machte, alles zu erkunden, so hatte sie bisher doch nur denselben ähnlich langweiligen Menschenschlag kennengelernt, der ihr bereits zur Genüge bekannt war. Noch schlimmer fand sie allerdings, dass es weit und breit nicht den Hauch eines Falles zu entdecken gab.
    Mit einem Seufzen schaute sich Georgiana in den Empfangsräumen des reich ausgestatteten Stadthauses von Lady Culpepper um. Sie sehnte sich nach einer Ablenkung, die sie sich nun hier, auf dem ersten richtigen Ball, den sie in Bath besuchte, erhoffte. Doch wieder einmal erblickte sie nur die stets anwesenden Witwen vornehmen Standes und gichtkranke Gentlemen, wie sie ganz Bath bevölkerten. Ein paar Mädchen, die jünger als Georgiana zu sein schienen, waren mit ihren in sie vernarrten Müttern gekommen, wohl in der Hoffnung, unter den männlichen Kurgästen einen Ehemann zu ergattern. Bedauerlicherweise hatte Georgiana bisher noch keine Altersgenossin getroffen, die an etwas anderes als an die Ehe dachte.
    Sie wandte sich ab, und ihr Blick blieb an der eleganten Gestalt eines Mannes haften, der ganz in Schwarz gekleidet war. Endlich einmal etwas Mysteriöses, dachte Georgiana und kniff die Augen zusammen. Man musste bei Weitem nicht so aufmerksam sein wie sie, um zu dem Schluss zu gelangen, dass das Auftauchen des Marquess of Ashdowne in Bath höchst ungewöhnlich war. Schließlich stand der Badeort bei der modebewussten feinen Gesellschaft schon seit fünfzig Jahren nicht mehr so hoch im Kurs. Gut aussehende und charmante Aristokraten, wie Ashdowne einer war, blieben in London oder folgten dem Prinzregenten nach Brighton. Oder sie
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