Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evers, Horst

Evers, Horst

Titel: Evers, Horst
Autoren: Fuer Eile habe ich keine Zeit
Vom Netzwerk:
frisst, spricht er
noch voller Demut und Dankbarkeit ein Tischgebet?!
    Es
klingelt. An der Tür. Ich gehe hin und öffne. Ein Mann steht davor. Er starrt
mich an:
    - Guten Tag,
Herr, äh ... er schaut aufs handgeschriebene Klingelschild, Eppers.
    Ich nicke
ihm zu.
     - Ja?
    -     Ääh, Herr Eppers, wissen Sie, dass
Sie eine Brötchenhälfte auf dem Kopf haben?
    -     Ja.
    -     Und an der Stirn ...
    -     Das ist Marmelade und Butter.
    -     Hm. Sie sind nicht besonders
geschickt beim Essen, oder?
    -     Geht so. Was gibt es denn?
    -     Ich komme von der Initiative
«Sintflut jetzt!», wir sammeln Unterschriften für eine möglichst bald und
unverzüglich durchzuführende neue Sintflut auf dieser Erde.
    -     Ach, wer schickt Sie denn?
    -     Gott.
    -     Gott?
    -     Ja, Gott.
    -     Gott sammelt diesmal
Unterschriften für seine Sintflut?
    -     Ja, Gott will demnächst viel mehr
mit direkter Demokratie, Volksbegehren und so arbeiten.
    -     Soso, gibt es denn überhaupt ein
«Demnächst», wenn die Mehrheit für die Sintflut stimmt?
    Er stutzt,
denkt kurz nach und sagt dann:
    - Ach, jetzt
machen wir erst mal die Sintflut, und dann sehen wir weiter.
    Julia
brüllt von hinten:
    - Der soll
in die Küche kommen! Der kriegt von mir auch ne richtige Unterschrift!
    Der Mann
schaut irritiert. Ich sage:
    - Ach, gehen
Sie einfach durch, dann sehen Sie schon.
    Als er die
Küche betritt, höre ich die Butter auf seine Stirn klatschen. Ist schon auch
praktisch, eine eigene Art Sintflut bei sich in der Wohnung zu haben.
     
    Im Schlafen genial
     
    Seit rund
fünfzehn Jahren lege ich jede Nacht einen Stift und einen Notizblock neben mein
Bett. Nur für den Fall, dass ich mal mitten in der Nacht eine richtig gute Idee
habe. Heute kann ich wirklich sagen, dass es eine sehr gute Entscheidung war,
mir diesen Block neben das Bett zu legen, denn nur dadurch weiß ich ganz
genau: Ich hatte in den letzten fünfzehn Jahren keine einzige gute Idee mitten
in der Nacht. Zwar schreibe ich immer mal wieder etwas auf in der Nacht, also
quasi im Schlaf, ein Umstand, der mir einiges über mein Unterbewusstsein
verrät. Aber diese Erkenntnisse sind meistens eher irritierend. Vor kurzem fand
ich am Morgen auf meinem Block die Notiz: «Idee für eine Fernsehsendung: Bauer
kocht Frau!» Wenn ich auf solche Notizen von mir stoße, bin ich schon auch
irgendwie froh, dass ich mich praktisch nie an meine Träume erinnere. Vor
Jahren konnte ich, nachdem ich aber so richtig vollkommen verschlafen hatte,
die nächtliche Notiz «Du hast vergessen, den Wecker zu stellen» auf meinem
Zettel nachlesen. Ein paar Wochen dagegen ist es erst her, dass morgens der
Block zwar leer war, aber ein kleines Stück weiter auf der Tischplatte in
krakeliger Kugelschreiberschrift stand: «Wo ist der Block?»
    Meistens
jedoch stehen auf dem Notizblock nur so obskure Sätze wie: «Würde Thomas Mann
heute leben, hätte er einen Twitteraccount.» Oder: «Hätte ich eine Katze, würde
ich sie Scarlett Johannsson nennen.» Oder: «Nur zehn Prozent der Menschen, die
in Deutschland in den letzten dreißig Jahren ertrunken sind, waren
Nichtschwimmer. Bedeutet dies, schwimmen lernen erhöht die Gefahr des
Ertrinkens?» Oder: «Bei Abschluss eines Comfort-Vertrages erhalten Sie das
Telefon garantiert ohne Vertragsbindung.» Oder: «Beim Kauf eines Staubsaugers
liefern wir Ihnen den dazugehörigen Staub drei Jahre lang kostenfrei!» Ich
frage mich oft, was mir mein Unterbewusstsein mit all diesen Sätzen sagen will.
Wobei ich am häufigsten Notizen vorfinde, die nur wildes, völlig unleserliches
Gekrakel sind. Irgendwelche sexuellen Phantasien, nehme ich an, oder
Phantasien, die mit Gewalt, Angst, Allmacht, Tod, Geburtstrauma oder was sonst
noch allem zu tun haben und in einem herumfuhrwerken. Zeug, das vermutlich
sogar meinem Unterbewusstsein mehr oder weniger peinlich ist. Ich glaube ja
ohnehin schon seit Jahren, dass mein Unterbewusstsein Geheimnisse vor mir hat.
Schließlich möchte ein Unterbewusstsein sicher auch irgendwo noch so etwas wie
eine Privatsphäre haben.
    Die meiste
Zeit jedoch, also an ungefähr sechs Tagen die Woche, steht gar nichts auf
meinem Zettel. Mit anderen Worten: Ein fauler Sack ist mein Unterbewusstsein
offensichtlich außerdem noch. Dies würde dann auch die Notiz von letzter Woche
erklären: «Idee für Erfindung: Wireless food. Also man muss nur den Mund
aufmachen und ist nach einer Weile ganz von alleine,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher