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Erst mal bis zur nächsten Kuh...

Erst mal bis zur nächsten Kuh...

Titel: Erst mal bis zur nächsten Kuh...
Autoren: Jürgen Barth
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Jahren.
     
    Cajetan
ist Frankokanadier und arbeitet ehrenamtlich im Kloster mit bei der Betreuung
der Pilger. Er weist mir ein Einzelzimmer zu mit eigener Nasszelle - fast
paradiesische Zustände nach der Nacht im „Tour des Anglais “
oben im Aubrac! Von seinem berühmten Namensvetter aus der Reformationszeit,
Kardinal Cajetan, dem Gegenspieler Martin Luthers, hat er noch nie etwas gehört
- ist ja auch nicht so wichtig.
     
    Die
Ursulinen sehen ihre Aufgabe in der Betreuung der Pilger. Nach der Abendvesper
in der Kirche gibt es ein reichhaltiges Abendessen am großen gemeinsamen Tisch.
Viel Freundlichkeit. „ Merci beaucoup pour votre hospitalité “,
schreibe ich ins Gästebuch nach dem Frühstück um sieben Uhr, ehe ich wieder die
Wanderschuhe schnüre und den Rucksack auf den Rücken packe.
     
    In
der Kirche in Saint-Côme-d’Olt strahlt die Morgensonne in den Chorraum und
verwandelt den Kirchenraum. Der gekreuzigte Christus, Altar, Kirchenschiff -
alles ist in ein mildes rotes Licht gehüllt. Ich sitze still in der letzten
Reihe und sinne über das Geheimnis der Auferstehung nach. Der frühe Morgen als
die Stunde einer außergewöhnlichen geistlichen Erfahrung leuchtet mir ein, im
wahrsten Sinne des Wortes. Alles wird neu beim Anbruch des Tages. Auch für mich
an diesem Morgen in Saint-Côme-d’Olt, der ganze Tag liegt vor mir, kein Termin,
kein Telefon. Ich werde laufen, Schritt für Schritt, alles, was ich brauche,
habe ich in meinem Rucksack - Brot, einen Apfel, eine Flasche mit klarem
Wasser, ein Stück Wurst. Wenn ich müde bin, setze ich mich auf einen Stein am
Wegrand und schaue den Vögeln zu. Was für ein Geschenk!

Hase und Igel
     
    Ludwig
und Otto sind zwei katholische Priester aus dem Bayrischen Wald, dort, wo alles
katholisch ist. Sie sind gemeinsam unterwegs und wollen nach Lourdes. Horst,
der Pfadfinder aus Waghäusel, hat sich ihnen angeschlossen. „Die beiden sind ja
ein wenig hilflos“, sagt Horst zu mir und will mir zu verstehen geben: Ich
helfe den beiden ein wenig bei der Orientierung! „Er hat sich an uns
drangehängt“, sagen die beiden und wollen damit ausdrücken: Es ist eigentlich
umgekehrt, wir ziehen ihn mit.
    Wie
es auch sei - überall tauchen sie als Dreigestirn auf. Morgens in aller Frühe
ziehen sie los, lange bevor ich selber meinen Rucksack gepackt habe.
Nachmittags sitzen sie dann längst beim Bier, wenn ich verschwitzt und müde
irgendwo ankomme. „Wir genießen schon!“ „Ich bin Pfarrer“, sagt Ludwig zu mir
beim gemeinsamen Abendessen in Conques fast verschwörerisch. „Ich auch“, sage
ich. Er verzieht keine Miene. Wahrscheinlich hat er es sich schon gedacht.
Mehrfach verabschieden wir uns voneinander. „Wir bleiben hier noch einen Tag“,
sagen die drei beispielsweise in Conques. Am übernächsten Abend sitzen sie
wieder irgendwo und sind längst vor mir angekommen. „Wir haben ein Taxi
genommen“, sagt Horst augenzwinkernd, „zu dritt ist das nicht so teuer.“ Es ist
wie beim Hasen und dem Igel: Immer, wenn ich ankomme, sind die drei schon da.

Der Mönch am Flügel
     
    „Pour
nous c’est un plaisir “, betonte Monsieur Viguieur mehrfach. Bei ihm und seiner Frau hatte ich übernachtet in Campuac hoch über dem Tal des Lot . 40 Euro musste ich bezahlen
und bekam dafür eine ganze Ferienwohnung, Abendessen und Frühstück und dazu
noch quasi Familienanschluss für einen Abend. Madame und Monsieur Viguieur sprachen Französisch und Okzitan ,
jene zusätzliche Sprache der Region. Die Kinder waren erwachsen und wohnten in
Paris, Lyon, Marseille, die alten Eltern blieben auf ihrem Dorf. Es ist das
Schicksal vieler Familien, ich hatte es schon an zahlreichen
    leerstehenden
Häusern gesehen auf den Dörfern am Jakobsweg: Keine Arbeit, die Kinder ziehen
in die Großstädte, die Eltern bleiben, und irgendwann stehen die Häuser leer.
    Madame
und Monsieur Viguieur pflegten am Abend nicht viel zu
essen, betonten sie mehrfach, aber jetzt mit mir sei das eine Ausnahme. Madame Viguieur zauberte ein mehrgängiges Menü auf den Tisch,
vieles aus dem eigenen Garten. „Pour nous c’est un plaisir !“ So viel
Freundlichkeit auf dem Weg, denke ich, als ich am anderen Morgen bei leichtem
Nieselregen weiterlaufe über die Hochebene und dann irgendwann hinunter ins Tal
nach Conques.
     
    Die
heilige Fides starb um 303 nach Christus den Märtyrertod in Agen. Sie gehört
mit Barbara, Katharina, Stephanus und Sebastian zu den Glaubenszeugen der alten
Kirche, die
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