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Erntemord

Erntemord

Titel: Erntemord
Autoren: Heather Graham
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starrte zum Friedhof hinüber.
    Als kurz danach Eve neben ihm auftauchte, zuckte er zusammen. „Ich habe Joe Bescheid gesagt“, sagte sie rasch, bevorer sich aufregen konnte. „Aber dort drüben ist etwas“, flüsterte sie, als sie seinem Blick folgte und zum alten Friedhof hinübersah.
    „Gehen Sie zurück. Sagen Sie Joe, dass Dan sie durch diesen Tunnel hinausgeschafft hat und vermutlich schon bei dem Grundstück ist. Zach ist auf dem Weg, doch sie müssen sofort die Polizei hinschicken.“
    „In Ordnung. Aber denken Sie daran: Liebe ist stärker als das Böse, und es gibt auf dieser Welt mehr, als wir wissen …“
    Sie verschwand wieder im Tunnel, und er lief zu seinem Wagen.
    Doch dann hielt er inne.
    Der Junge stand auf dem Friedhof. Billy. Und er winkte ihn heran.
    Trotz seiner Angst um Rowenna ging Jeremy auf den Friedhof. Er konnte nicht anders. Es waren Leute um ihn herum, doch er machte sich nicht die Mühe, sie zu befragen, ob sie einen Mann mit einer Frau gesehen hätten. Er ging direkt zu Billy.
    Und diesmal verschwand Billy nicht.
    Der Junge nahm seine Hand und bildete lautlos die gleichen Worte wie schon auf dem Brachland, wo man die vier Frauen gefunden hatte.
    Beeil dich.
    Jeremy spürte den Wind in seinem Gesicht. Er war nicht länger auf dem Friedhof. Er stand auf einem Hügel. Um ihn herum standen Galgen, von denen Leichen hingen, und ein spöttisches Gelächter drang an sein Ohr. Irgendwie wusste er, dass die im Wind baumelnden Leichen Unschuldige waren, die hatten sterben müssen, damit das Böse herrschen konnte.
    Der Hügel verblasste, und plötzlich stand er in Maisfeldern, die sich endlos zu erstrecken schienen.
    Er fing an zu rennen, seine Füße trommelten auf die Erde. Er kämpfte sich durch die dichten Halme, bis er schließlichdas Feld verließ und das Brachland betrat.
    Billy war noch immer bei ihm und hielt ihn an der Hand. Und nun zog er ihn, bis er wieder anfing zu rennen.
    Denn Billy wusste, wo sie hinmussten.
    Rowenna gelang es, einen scharfen Stein zu ertasten und damit den Strick zu bearbeiten, der ihre Hände hinten zusammenhielt. Schließlich hatte sie ihn durchtrennt. Kaum hatte sie ihre Hände befreit, entfernte sie den Strick, mit dem sie an den Knöcheln gefesselt war. So geräuschlos wie möglich erhob sie sich und tastete sich an der Mauer Schritt für Schritt durch die Dunkelheit. Der Boden schien voller Abfall, Schmutz aus Jahrhunderten, und das einzige Licht drang aus der Richtung, aus der auch die Stimmen gekommen waren. Auf der anderen Seite des Raumes sah Rowenna eine andere Frau liegen, an Händen und Füßen ebenso gefesselt, wie sie es gewesen war.
    Ginnys Stimme. Weil Ginny Teil des Ganzen war. Sie konnte es noch immer nicht glauben. Warum?
    „Mary?“, flüsterte sie.
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Dann ein Wimmern, als ob Mary versuchte, still zu bleiben, aber ihre Furcht nicht unterdrücken konnte.
    Sie hat vermutlich Angst zu sprechen, überlegte Rowenna. Zweifellos hatte sie schon lange begriffen, dass Ginny keine freundliche alte Dame war, die sie retten wollte, und fürchtete sich nun vor allen neuen Stimmen.
    Rowenna tastete sich weiter an der Mauer entlang, die feucht und mit Algen bewachsen war. Vorsichtig vermied sie jedes Geräusch, das Dan und Ginny alarmieren könnte.
    Sie kam an einem Riss in der steinernen Mauer vorbei, die sie als Fundament eines alten Hauses identifizierte. Der fahle Lichtschein, der durch den Riss drang, fiel auf ein Tablett mit Essen, an dem sich gerade eine große Ratte labte.
    Schließlich erreichte sie Mary und erkannte, dass der S trickum ihre Füße an einem eisernen Ring endete, der oben an einem Deckenbalken befestigt war. Sie fluchte unterdrückt und betete, dass Mary nicht aufschreien würde.
    „Mary, bitte, schreien Sie nicht“, flüsterte sie. „Ich bin eine Freundin von Jeremy Flynn. Ich heiße Rowenna.“
    Sie hörte ein leises Aufkeuchen und kam näher. Mary war blass und ausgemergelt. Ihr Gesicht verschmutzt und der Ausdruck in ihren Augen gequält. Man hatte sie wie eine Puppe herausgeputzt – oder wie eine Vogelscheuche. Aus den Aufschlägen ihrer Baumwollhose ragten sogar Strohbüschel. Unter dem Schmutz in ihrem Gesicht war sie bemalt wie ein Harlekin.
    Mary starrte sie nur aus riesigen schreckgeweiteten Augen an, als hätte sie keine Kraft mehr in sich.
    Rowenna spürte ihre Nägel abbrechen, als sie versuchte, die Knoten von Marys Fesseln zu lösen. Sie waren extrem fest und hatten
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